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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Henneberg
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fuhr dann mit energischer Stimme fort.
    »Unser Vater hat sie am meisten von allen geliebt. Vielleicht weil sie ihm so ähnlich war, ich weiß es nicht, und es ist auch egal, denn er war ein fantastischer Mann, auch wenn Goswins Erinnerungen natürlich umfangreicher sind.«
    »Großmutter hat die versuchte Entführung erwähnt«, brachte Henrika zögernd hervor. »Leider konnte sie mir aber nichts darüber erzählen. Wie sieht das bei euch aus? Wisst ihr Näheres?«, erkundigte sie sich nun schon mutiger bei ihren beiden Oheimen.
    »Wenn ich mich recht erinnere, war Randolf damals teilweise mit dabei. Du wirst dich an ihn wenden müssen, denn auch wir wissen nur Bruchstücke, abgesehen davon, dass Esiko Hemmas Entführung verhindert hat. Vergiss bei alledem bitte nicht, dass Esiko deiner Mutter nicht nur das Leben gerettet, sondern später auch sein Leben für sie geopfert hat. Er war zwar ein einfacher, dafür aber ein guter Mann, dessen Tod uns alle schwer getroffen hat. Es war für beide nicht einfach, auch wenn ich das zu der Zeit anders gesehen habe«, sagte Goswin nachdenklich. »Vielleicht ist es sogar besser, wenn ich ein wenig weiter aushole, dann lernst du deine Eltern noch besser kennen. Ich für meinen Teil war zu blind, um die deutlichen Anzeichen zu erkennen.«
    »Ich dachte, es ging uns darum, Henrika zu zeigen, dass an den Ereignissen von damals nicht ihre Mutter die Schuld trug«, unterbrach ihn Brun.
    »Ja, natürlich, dazu komme ich anschließend.«
    Dann erzählte er von dem Tag, als in Goslar am Geburtsfest der heiligen Maria der größte Hoftag stattgefunden hatte, den die Bewohner des Ortes jemals gesehen hatten.
    »Alles begann damit, dass unsere Mutter Hemma und Brun nicht im Wagen begleiten konnte, da sie ein Kinderwartete und das Bett hüten musste. Also bin ich als Betreuer eingesprungen, denn natürlich wollten alle den festlichen Einzug miterleben. Schließlich war sogar der Heilige Vater anwesend, was gerade für mich zu der Zeit etwas ganz Besonderes war, immerhin befand ich mich damals kurz vor der Priesterweihe. Der Wagen stand im Hof, und ich ging in den Stall, um nach Esiko zu sehen, der uns fahren sollte.«
    Schon mit dem nächsten Satz schaffte es Goswin, dass seine Nichte wie gebannt an seinen Lippen hing.
    Mit mürrischer Miene striegelte Esiko eines der beiden Pferde, die den Wagen ziehen sollten, in dem die Kinder des Vogts dem festlichen Einzug beiwohnen würden. Das Gespräch unter der Dienerschaft drehte sich seit Tagen um das gleiche Thema, obwohl es heute früh eine kurze Unterbrechung erfahren hatte, da die Herrin des Hauses ein Kind erwartete und liegen musste. Ansonsten interessierten sich alle nur für die Festlichkeiten und das großartige Gepränge, das der Kaiser dafür aufbot. Alle waren gespannt auf die herausgeputzten Erscheinungen in ihren farbenprächtigen Gewändern und dem funkelnden Geschmeide. Bereits gestern hatten fast alle den Einzug des Heiligen Vaters bewundert. Einzig Esiko, so schien es ihm zumindest, war froh, wenn alles vorbei wäre.
    Vor allem, weil das zwangsläufig auch die Abreise des Pfalzgrafen Friedrich von Goseck bedeutete. Mittlerweile wussten nämlich alle, die am Hof des Vogts arbeiteten, von den Hochzeitsplänen für dessen Tochter.
    »Jetzt stell dich nicht so an! Ich will da auch nicht hin und kann nicht anders«, fuhr er das nervöse Tier unwirsch an, das einfach nicht still stehen wollte.
    »Mit guten Worten kommt man oft weiter im Leben, Esiko«, erklang eine wohlbekannte Stimme hinter ihm, worauf er sich langsam umdrehte und dem liebenswürdigen Blick Goswins auf gleicher Augenhöhe begegnete, bevor er sich verbeugte.
    Der Sohn des Vogts trug sein schlichtes schwarzes Gewand, das ihn in seiner Ernsthaftigkeit allerdings sehr gut kleidete.
    »Natürlich, ehrwürdiger Bruder, es ist wahrscheinlich nur die Aufregung. Das spüren die Tiere«, entgegnete Esiko freundlich, denn er mochte den ruhigen, jungen und besonnenen Mann.
    Einen Augenblick später starrte er mit weit aufgerissenen Augen zum Eingang des großen Hauses, in dem Hemma mit der umgeänderten Kotte ihrer Mutter stand. Das dunkle, knielange gelbe Gewand mit dem passenden, bis zum Boden reichenden Unterkleid in einem helleren Ton stand ihr ausgezeichnet. Erst in dem Moment wurde Esiko bewusst, dass Goswin ihn irritiert betrachtete, und er riss sich von dem schönen Anblick los, um die Decken für den Wagen zu holen.
    Auf dem Weg zum Stall blickte er besorgt zum Himmel

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