Die Tochter des Praesidenten
Vietnam. Ich bin jetzt siebenundzwanzig, und genauso lange ist es her …«
ÖSTLICHES MITTELMEER
SIZILIEN LONDON
WASHINGTON
1997
6
»Das ist ja eine wahnsinnige Geschichte«, sagte Dillon.
Sie nickte. »Erinnern Sie sich noch an seinen glänzen den Wahlsieg?«
»Haben Sie ihn seither mal gesehen?«
»Nur einmal, bei seinem Besuch in Paris letztes Jahr, kurz nachdem er sein Amt angetreten hatte. Ich war Gast auf dem Ball des Präsidenten, aber es war im Grunde sehr unbefriedigend. Alles ging sehr formell zu, wir konnten nur ein paar Augenblicke allein miteinander reden, aber wenigstens Teddy hatte Zeit für mich. Der liebe Teddy. Mein Vater hat einen besonderen Posten für ihn geschaf fen. Oberster Staatssekretär. Er hat mehr Macht im Wei ßen Haus als der restliche Stab zusammen und würde für meinen Vater töten.«
»Trotz allem bleibt eine wichtige Frage«, meinte Dillon.
»Und die wäre?«
»Wie hat Judas herausgefunden, wer Sie sind? Sie, Ihr Vater und Teddy Grant sind die einzigen Menschen, die es wissen.«
»Ja, das beunruhigt mich auch.«
»Sie haben Ihren Familienanwalt erwähnt, diesen Mi chael Rocard. Könnte er es gewußt haben?«
»Ganz sicher nicht. Als meine Mutter im Sterben lag und wir über alles sprachen, hat sie versichert, daß er nichts davon weiß.«
Dillon nahm sich eine weitere Zigarette und gab ihr ebenfalls eine. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Ich bin in dieser Sache auf Ihrer Seite, was immer auch passiert. Er wird uns sicher bald holen lassen, und dann werden wir erfahren, was er vorhat. Ich werde jedenfalls alles tun, was er will, da ich kaum eine andere Wahl habe, aber was auch immer passiert, meine einzige Sorge ist es, Sie letzten Endes hier rauszubringen. Glauben Sie mir das?«
»Ja, Mr. Dillon, ich glaube Ihnen.«
»Gut. Dann könnten Sie jetzt etwas für mich tun. Judas hat ein altes silbernes Feuerzeug mit einem Emblem dar auf, irgendein schwarzer Vogel, vielleicht ein Falke, mit Blitzen in den Klauen. Könnten Sie versuchen, mir das aufzuzeichnen?«
Sie ging zu ihrer Staffelei, öffnete ihre Malschachtel und kam mit einem Holzkohlestift und Zeichenpapier zurück zum Tisch. »Zeigen Sie es mir.« Dillon versuchte, so gut er es vermochte, den Vogel zu skizzieren. »Also ganz schwarz mit ausgebreiteten Schwingen«, sagte sie, nahm den Holz kohlestift und begann zu zeichnen. »Waren der Kopf und der Schnabel so? Dann wäre es ein Falke.«
»Nein, der Schnabel war gelblich.«
Sie wischte den Kopf aus und begann von neuem. »Das ist er«, sagte Dillon.
Sie lachte. »Ein Rabe, Mr. Dillon.« Sie holte zwei Stifte aus ihrer Schachtel, einen schwarzen und einen gelben, und zeichnete den Vogel fertig.
»In den Klauen hatte er rote Blitzstrahlen.«
Kritisch betrachtete sie danach ihre Skizze. »Nicht schlecht.«
»Verdammt klasse.« Dillon faltete das Blatt zusammen und steckte es in seine Tasche.
»Ist es wichtig?«
»Ich glaube, es ist ein militärisches Emblem. Es könnte möglicherweise eine Spur sein.«
In diesem Moment öffnete sich die Tür. David Braun und Aaron kamen herein. »Folgen Sie mir bitte«, sagte Aaron. »Alle beide.«
Braun ging voraus und führte sie wieder zu Judas in sein Arbeitszimmer.
»Da sind Sie ja. Haben Sie sich nett unterhalten?«
»Lassen Sie das Gerede«, erwiderte Dillon. »Kommen Sie lieber zur Sache.«
»Okay, Kamerad. Nächste Woche trifft sich das Future Projects Committee, und diesmal unterzeichnet der Prä sident den Plan Nemesis.«
»Warum sollte er?«
»Weil ich andernfalls seine Tochter hinrichte.«
Es entstand eine lange Pause, ehe Dillon fragte: »Wo von reden Sie?«
»Lassen Sie den Blödsinn, Dillon. Ich weiß, wer sie ist.«
»Und woher?«
»Ich habe doch gesagt, ich habe überall Makkabäer. Beim MI5 in London, beim CIA … Sie brauchen zum Beispiel nur in irgendeiner Computerdatei nach mir zu fahnden, und schon wird einer meiner Leute davon er fahren. Jeder im Geheimdienst weiß genau, daß es viel weniger die Leute in wichtigen Positionen sind, um die man sich Sorgen machen muß – es sind vielmehr die kleinen, unsichtbaren Angestellten, die an den Compu tern sitzen, die Archivkräfte, die Sekretärinnen.« Er lach te. »Ich weiß jedenfalls, wer sie ist, das genügt.«
»Mein Vater wird diesen Wahnsinnsbefehl nie unter zeichnen«, sagte Marie
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