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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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Schule gehen dürfen.« Nobu blieb stehen, als sie stehen blieb, und hielt den gebührenden Abstand.
    Der Wind war aufgefrischt, und Fledermäuse schwirrten unter den Bäumen hin und her. Ein Vogel zwitscherte ein einsames Lied.
    Taka musterte Nobu genauer. Er hatte dunkle, intelligente Augen und eine recht markante, seltsam aristokratische Nase. Er war ein Dienstbote und doch kein Dienstbote. Sie war sich nicht sicher, wie sie ihn einordnen sollte. Die anderen Dienstboten würden nie verstehen, wie ihr Leben war, aber bei ihm war das vielleicht anders.
    Sie seufzte. »Die anderen sind alle gut in Geschichte und Arithmetik und kennen die Klassiker. Sie sind von klein auf darin unterrichtet worden, aber ich habe nur Singen und Tanzen und das Shamisen zu spielen gelernt. Als mein Vater noch hier war, haben sie den Mund gehalten, doch jetzt, wo er fort ist, schert es sie nicht mehr. Heute haben wir mit den Erzählungen von den Heike angefangen. Alle kannten es, außer mir. Sie haben hinter vorgehaltener Hand getuschelt und jedes Mal gelacht, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Und dann … und dann …« Sie brachte es nicht fertig, von der Schmach zu erzählen, wie sie sich vergessen und zu singen und tanzen begonnen hatte. Tränen brannten ihr in den Augen.
    Schweigen entstand, dann murmelte Nobu etwas. Zuerst konnte Taka ihn nicht verstehen. Seine Stimme war so leise, dass sie ihn kaum hörte. Dann erkannte sie, was er sagte. »›Die Tempelglocken in Gion läuten von der Vergänglichkeit aller Dinge; die Sala-Blüten beim Sterbebett Buddhas bezeugen, dass alles Blühende verwelken muss. Die Stolzen währen nicht ewig, sie schwinden dahin wie der Traum einer Frühlingsnacht. Selbst die Mächtigen werden vergehen wie Staub vor dem Wind.‹« Er zitierte die ersten Zeilen aus den Erzählungen von den Heike , dem uralten Epos, mit dem sie sich an diesem Morgen abgequält hatte. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass er fortfuhr.
    Nobu wiederholte nicht mechanisch, auswendig gelernt, wie sie es in der Schule getan hatten. Für ihn waren es nicht nur Schriftzeichen, die man lernen musste. Er sprach mit Gefühl, als würden ihm die Worte aus der Seele gerissen. Plötzlich verstand Taka zum ersten Mal deren Bedeutung. »Selbst die Mächtigen werden vergehen …« Jetzt waren sie und ihr Clan die Mächtigen, doch einst war es vielleicht Nobus Clan gewesen. Auf jeden Fall waren alle dazu bestimmt, schließlich »zu vergehen wie Staub vor dem Wind«.
    Der schwache Klang von Shamisen und Gesang wehte vom Haus auf der anderen Seite des Anwesens herüber.
    »Woher kennst du das?«, fragte sie erstaunt.
    Er machte ein verschlossenes Gesicht und ließ den Kopf hängen. »Das habe ich gelernt, als ich klein war.«
    »Du meinst … du kannst lesen?«
    Sein Gesicht wurde noch finsterer. »Ich hatte seit Jahren keine Gelegenheit mehr dazu. Mir ist es nur wieder eingefallen.«
    Gerührt starrte sie ihn an. Vermutlich war er nur ein paar Jahre älter als sie, hochgewachsen und schlaksig, mit einem dunklen Flaum auf den Wangen. Er trat von einem Fuß auf den anderen. Gern hätte sie noch viel mehr über ihn erfahren – über sein Leben, seine Kindheit. Doch nachdem Eijiro behauptet hatte, Nobu sei ein Aizu, wagte sie nicht zu fragen. Sie spürte, dass er ein dunkles Geheimnis hatte, dem sie nicht nachgehen sollte.
    Taka dachte daran, wie er ihnen damals zu Hilfe gekommen war. Da war er ihr erschienen wie aus einer anderen Welt. Jetzt war er nur einer der Dienstboten, und doch erkannte sie, dass er, genau wie sie, anders war. Sie unterschied sich von den anderen Mädchen, er unterschied sich von den anderen Dienstboten. Nachdenklich kaute sie auf der Unterlippe.
    »Ich bin so im Rückstand«, sagte sie. »Wirst du mir helfen? Ich muss mein Schreiben üben. Wir könnten uns irgendwo hinsetzen, und ich zeige dir die Schriftzeichen, die ich heute gelernt habe.«
    Taka wollte nicht, dass er sich bevormundet fühlte. So empfindlich, wie er wirkte, würde er sicherlich leicht zu beleidigen sein. Sie befürchtete, er würde eines Tages einfach verschwinden. Würde sich davonstehlen, niemand würde wissen, wo er geblieben war, und sie würde ihn nie wiedersehen.
    Nobu schaute sie an, und sein Gesicht hellte sich auf. Im dämmrigen Licht sah sie seine Augen schimmern. Er war vollkommen verwandelt. Dann runzelte er die Stirn. »Aber es gehört sich nicht, dass Sie mit mir allein sind. Ich bin ein Mann.«
    »Mir ist erlaubt, mit den

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