Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
infrage, daher sind sie zu uns gekommen. Ich habe seit Langem auf das perfekte Angebot gewartet, Taka, und das ist es. Du wirst die Herrin des Hauses Shimada sein. Du wirst ein riesiges Haus und einen Schwarm von Dienstboten haben. Also verstehst du? Er ist ein Mann nach deinem Herzen – ein Mann von Welt, der eine gebildete Frau zu schätzen weiß. Er ist genau das, was du willst. Er ist die perfekte Wahl.«
Taka schwieg. Sie wusste nicht, warum ihre Mutter sich überhaupt die Mühe machte, mit ihr darüber zu reden. Schließlich war alles längst beschlossene Sache.
»Ich habe natürlich seine Eltern kennengelernt, und ihn auch«, fügte Fujino hinzu und wedelte heftig mit dem Fächer. Ihre rundlichen Wangen hatten sich gerötet. Trübsinnig starrte Taka auf die trocknende Tusche im Reibstein und die mit Bambus bemalten Blätter, die sich in der Hitze aufrollten. Je mehr sie hörte, desto weniger wollte sie mit diesem Mann zu tun haben. »Er ist sehr ansehnlich, sogar gut aussehend, würde ich sagen. Seine Manieren sind tadellos, er ist sehr kultiviert und genau im richtigen Alter – fünfundzwanzig. Alles in allem ein höchst angenehmer junger Mann. Du siehst also, es gibt keinen Grund, so mürrisch zu schauen. Meine Taka liegt mir am Herzen, ich würde nie etwas tun, das sie traurig macht.«
Fujino hatte den gleichen Gesichtsausdruck, den sie aufsetzte, wenn sie das Blumenkartenspiel spielten und sie die gewinnbringenden Karten in der Hand hielt. Taka seufzte. Ihr blieb keine Wahl.
»Eines darfst du nicht vergessen, mein Kind. Du bist die zweite Tochter des zweiten Hauses. Da ist die derzeitige Ehefrau Nummer eins, Madame Kitaoka, in Kagoshima, und sie hat Kinder. Ich weiß nicht mal, welche anderen Konkubinen dein Vater noch hat. Ich muss einfach davon ausgehen, dass ich die Nummer zwei bin.« Ihre Mutter ließ einen Hauch von Traurigkeit über ihr Gesicht huschen. Dann fuhr sie zu Taka herum. Sie spielte ein kompliziertes Spiel. »Verstehst du jetzt? Du kannst dich sehr glücklich schätzen, dass dich überhaupt jemand nimmt, ganz zu schweigen von einem Mann mit einer so strahlenden Zukunft wie Masuda-sama. Das wird mindestens eine so gute Partie werden, wie sie uns für Haru gelungen ist. Dein Vater wird sehr erfreut sein.«
Taka seufzte. Haru, ihre geliebte Schwester Haru. Wie sehr sie ihr fehlte! Sie wusste noch gut, wie sie nebeneinander gekniet und gemeinsam an ihren Bildern gearbeitet hatten. Und nun war Haru fort, ausgelöscht aus dem Familienregister, der Besitz eines anderen Hauses.
Sie dachte daran, wie Haru so tapfer in ihrem Hochzeitspalankin fortgetragen worden war. Taka hatte sie zum letzten Mal vor mehr als einem Jahr gesehen, als Haru nach Hause gekommen war, um ihr erstes Kind zu bekommen. Mit ihrem riesigen Bauch hatte sie sich nur stöhnend vom Boden hochstemmen können. Nachts, wenn sie nebeneinander auf ihren Futons lagen, hatte Haru ihr zugeflüstert, dass ihre Tage schrecklich lang und öde geworden waren. »Ich nähe«, hatte sie gesagt. »Ich schaue in den Garten. Ich kann mich nicht mehr in mein Zimmer zurückziehen und lesen. Die Zeit vergeht so langsam.« Ihr Mann war recht freundlich, aber sie sah ihn nur selten, und sie musste alles machen, was ihre Schwiegermutter ihr auftrug.
Und dann war der Tag der Geburt gekommen. Taka würde es nie vergessen, ihr ganzes Leben lang nicht. Noch immer sah sie Harus Gesicht vor sich, so deutlich, als kniete sie neben ihr – pergamentweiß, die Lippen zusammengepresst, während sie darum kämpfte, die von der Ehefrau eines Samurai erwartete Beherrschung aufrechtzuerhalten. Taka war hin und her gerannt, hatte Schüsseln mit heißem Wasser gebracht, war den Anweisungen ihrer Mutter gefolgt, hatte sich dann neben Haru gekniet und ihr fest die Hand gehalten, als die Wehen stärker wurden. Sie hatte zu allen Göttern gebetet, die ihr einfielen, ihre Schwester nicht sterben zu lassen wie so viele andere Frauen.
Und schließlich konnte Haru nicht mehr an sich halten und stieß einen gellenden Schrei nach dem anderen aus, als sich das kleine Wesen herausschob, erst ein bläulicher, schrumpeliger Kopf mit einem Schopf schwarzer, schleimverschmierter Haare, dann ein kleiner, purpurroter Körper. Haru hatte ihn in die Arme geschlossen, keuchend und stolz, als hätte sie endlich einen Grund zum Leben gefunden.
Taka war nicht bereit, sich dem zu stellen. Noch nicht, dachte sie, noch nicht.
»Ich weiß, du liebst das Lernen.« Ihre Mutter
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