Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
die Dienstboten drängten sich um drei prächtige, gepolsterte Rikschas mit bemalten Rädern und zurückgeschlagenem Verdeck, geschmückt mit Kreis und Halbmond, dem Familienwappen der Familie Shimada. Ein junger Mann war aus einer der Rikschas gestiegen. Er wandte sich dem Haus zu, und für einen Moment war sein Gesicht deutlich zu erkennen. Licht funkelte auf etwas Metallischem – der Kette eines Chronometers. Taka fuhr zurück, weil sie fürchtete, er könnte sie sehen. Dann atmete sie tief durch und drückte ihr Auge erneut an den Spalt.
Ihr fiel nicht so sehr sein Gesicht auf, sondern eher die herrische Art seiner Haltung, als gehörte ihm die Welt. Er stand sehr gerade, schaute sich herablassend um, die Stirn gerunzelt und die Lippen verächtlich gekräuselt, als wollte er andeuten, all das hier sei wirklich unter seiner Würde. Sein glänzendes Haar war im modischen Jangiri-Stil geschnitten, kurz mit einem Seitenscheitel, wie bei einem Mann aus dem Westen, und glatt gekämmt. Während ihr Bruder und seine Freunde Japanisches mit Westlichem mischten – ein westliches Jackett über breiten Hakama-Hosen oder ein japanisches Gewand mit einem Bowlerhut dazu –, war Masuda-sama westlich von Kopf bis Fuß. Er trug einen sehr teuer wirkenden Anzug mit einer Weste, einem sauber gefalteten Tuch, das aus der Einstecktasche des Jacketts ragte, eine Krawatte und glänzende Lederschuhe, und in all dem schien er sich vollkommen wohlzufühlen.
Die Zikaden dröhnten, die Sonne brannte vom Himmel, und der Hof flimmerte in der Hitze. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Mürrisch zog er ein großes Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich mit der Heftigkeit eines Kriegers, der den Feind zurückschlägt, den Schweiß ab.
»In diesem Anzug muss er doch vor Hitze vergehen«, flüsterte Taka zu Okatsu gewandt. Sie verstand, dass er zu der Art von Männern gehörte, die Fujino für absolut perfekt halten würde – jung, großspurig, gut gekleidet und extrem reich.
Außer Masuda-sama waren da noch ein paar schnauzbärtige Männer, von denen Taka annahm, dass es sich um den Heiratsvermittler Hashimoto-sama und Masuda-samas Vater handeln musste, sowie ein breitgesichtiger junger Mann mit entschlossenem Ausdruck, der laut Protokoll vermutlich der Bruder war. Sie war verblüfft, auch noch eine Frau zu sehen. Normalerweise nahmen Frauen an solchen formellen Ereignissen nicht teil. Die Frau war mittleren Alters, eine abweisend schauende Matrone mit sichtbar fliehendem Kinn und an einem Stab befestigten Brillengläsern, die sie vor die Augen hielt, während sie sich umschaute. Alle trugen formelle westliche Kleidung, die Männer Anzüge mit hohem Kragen, die Frau ein Tageskleid mit Schleppe und eine große Kapotte.
Taka wusste nur zu genau, dass sie, sobald sie mit diesem jungen Mann verheiratet wäre, täglich nur noch die Mutter zu Gesicht bekäme, nicht ihn. Sie würde ihr bis zu dem Tage dienen müssen, an dem eine von ihnen beiden starb. Wenn sie freundlich war, würde Taka ein leichtes Leben haben, nur waren die meisten Schwiegermütter weit entfernt davon, freundlich zu sein. Bang sah Taka, wie die Frau herumfuhr und einen der Dienstboten anherrschte, der offenbar den Sonnenschirm nicht so hielt, wie sie es wollte.
Was Masuda-sama betraf, so spielte es wirklich keine Rolle, wie er aussah oder was für ein Mensch er war. Natürlich wäre es eine hervorragende Partie. Ihre Schulkameradinnen würden vor Neid erblassen. Sobald sie die Schule verließen, prahlten sie alle über die wohlhabenden jungen Männer, die sie erobert hatten, ihre teuren Hochzeitskimonos und die prächtigen Palankins. Und sie, Taka, würde anscheinend den wohlhabendsten und begehrenswertesten heiraten.
Aber sobald sie verheiratet war, würde sie ihn kaum mehr sehen. Irgendwie würden sie miteinander Kinder zeugen, doch ansonsten würde er sich in den Vergnügungsvierteln und Geisha-Bezirken amüsieren und sich zweifellos einen ganzen Schwarm von Mätressen halten, wie es für Männer seines Reichtums und Ansehens üblich war – genau wie für ihren Vater. Das war der Grund, warum all die anderen Mädchen jeden Ehemann nahmen, den ihre Eltern für sie aussuchten, weil es einerseits von ihnen erwartet wurde und andererseits letztlich nur darauf ankam, dass er ein Mann war, der eine Ehefrau in angemessenem Stil ernähren konnte. Sein Charakter war unwichtig. Ihre Beziehung war rein formell.
In dieser Hinsicht konnte sie denselben Kompromiss
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