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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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mit uns eingehen, auch wenn dein Vater sich in die Abgeschiedenheit zurückgezogen hat …«
    In die Abgeschiedenheit zurückgezogen. Das klang, als wäre ihr Vater einem religiösen Ruf gefolgt, statt vor Entrüstung über seine Regierungskollegen davonzustürmen und in seinen Heimatort auf der Insel Kyushu zurückzukehren. Doch ihre Mutter zog es vor, solche heiklen Dinge nicht zu erwähnen oder, falls es sich nicht vermeiden ließ, sie nur oberflächlich zu streifen.
    »Die Shimadas haben bereits eine gründliche Ermittlung durchgeführt, und natürlich ist alles in Ordnung«, fuhr ihre Mutter fort. »Sie sind sehr beeindruckt von allem, was sie über dich gehört haben – deinen Charakter, deine Fähigkeiten.«
    Taka starrte auf die größer werdenden Schweißflecken unter Fujinos rundlichen Armen. Ihr war schwummrig von der Hitze. Das Surren der Zikaden hämmerte in ihrem Kopf. So naiv bin ich auch nicht, Mutter, dachte sie bei sich. Die Shimadas wollen eine Verbindung mit der zweiten Familie von General Kitaoka eingehen. Das hat überhaupt nichts mit mir zu tun.
    »Bitte, Mutter«, flehte sie, bemüht, ein Zittern aus ihrer Stimme zu halten. »Können wir nicht noch eine Weile warten? Meine … meine Schule. Ich habe sie noch nicht mal abgeschlossen.«
    Fujino schloss den Fächer mit einem Knall und funkelte Taka an.
    »Du bist schon sechzehn. Willst du als alte Jungfer enden, wie eine dieser verschrumpelten alten Frauen, die ewig bei ihren Eltern leben, ohne jemals einen Mann gekannt oder Kinder bekommen zu haben? Die Aufgabe der Frau ist es, Kinder zu gebären, dazu sind Frauen da. Du kannst von Glück sagen, dass jemand bereit ist, dich zu nehmen. Dein Vater war so begierig darauf, dich auf diese neumodische Oberschule zu schicken. Ich wusste, dass man dir da nur Flausen in den Kopf setzt. Ich habe ihn gewarnt, dass keine Familie ein Mädchen mit Schulbildung will. Sie würden denken, du wärst ungehorsam und eigensinnig und zu wenig geübt in hausfraulichen Fähigkeiten.«
    Sie klappte den Fächer wieder auf und schlug damit herrisch nach den Mücken, die ihnen um den Kopf sirrten. Okatsu, Takas Dienerin, rutschte leise auf den Knien vor und schob den Mückenbrenner näher. Der scharfe, süße Duft schwelender Chrysanthemenblätter kitzelte in Takas Nase. Ungeduldig glättete Fujino ihre Röcke.
    »Möchtest du nichts über deinen zukünftigen Ehemann erfahren? Das ist ein sehr attraktives Angebot.« Ihr Gesicht war immer noch streng, aber auf ihrer Wange bildete sich ein Grübchen. »Er ist der adoptierte Sohn von Herrn Shimada und nicht weniger als dessen erwählter Erbe«, gurrte sie. »Herr Hashimoto hat mir anvertraut, dass der Mann ein Genie sein soll – ein Genie im Bankwesen. Im Moment arbeitet er mit Herrn Shibusawa und hilft ihm dabei, hier ein Banksystem im westlichen Stil einzurichten. Sein Name ist Hachibei Masuda.« Mit einem Glänzen in den Augen beugte sie sich vor. »In den kommenden Jahren wird er viele Tausend Yen wert sein – sogar Millionen –, versichert mir Herr Hashimoto.«
    Taka runzelte die Stirn. Fujino flötete mit honigsüßer Stimme, als wollte sie einen besonders zugeknöpften Kunden verführen, aber Taka war kein Kunde, und sie ließ sich auch nicht verführen. Wie kam ihre Mutter nur auf die Idee, dass eine anständige Samurai-Tochter sich von einem Mann beeindrucken ließ, der seine Hände mit Geld beschmutzt hatte? Sie wusste, dass Geishas die Dinge anders sahen, Geishas liebten Geld – wenngleich Taka immer geglaubt hatte, zumindest ihre Mutter stünde über so etwas. Aber die Zeiten hatten sich geändert, das durfte sie nicht vergessen.
    Sie fragte sich, ob darin das Problem lag. Ihr Vater war jetzt seit fast drei Jahren fort, und sie konnte sich nicht vorstellen, wie es ihrer Mutter gelang, den Haushalt weiter zu finanzieren. Taka hatte immer angenommen, dass die Zuwendungen ihres Vaters alle Rechnungen abdeckten, doch sie war sich nicht sicher. Vielleicht war Fujino deswegen so erpicht darauf, eine Verbindung mit einer wohlhabenden Familie einzugehen?
    »Und wie kann es sein, dass ein so begehrenswerter junger Mann noch zu haben ist?« Fujino ließ ihre unangenehm weißen Zähne aufblitzen. »Das wäre eine berechtigte Frage. Die Antwort ist, er war im Ausland, hat in Amerika studiert. Er ist erst vor ein paar Tagen zurückgekehrt. Und was, glaubst du, wird er jetzt brauchen? Eine Frau natürlich, aus seinem eigenen Volk. Selbstverständlich kommt nur die Beste

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