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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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Dunkelheit bahnten. Fledermäuse schwirrten vorbei, und Taka zuckte zusammen, als eine Eule schrie.
    Tief im Wald erreichten sie die kleine Lichtung unter den überhängenden Ästen und mit dem umgestürzten Baum zum Sitzen. Lichter blinkten vom großen Haus unter ihnen.
    »Unser geheimer Platz«, flüsterte Nobu.
    Sie ließen sich auf die trockenen Blätter fallen, um wieder zu Atem zu kommen, und lehnten sich mit dem Rücken gegen den morschen Baumstamm. Taka lächelte, als sie ihre Schulter an der seinen ruhen ließ. Hier hatten sie damals oft zusammen gesessen. Er rückte etwas von ihr ab und holte Luft.
    »Ich wollte dich nicht belästigen«, sagte er mit rauer Stimme. »Ich hätte fortbleiben sollen, aber ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich kam an eurem Haus vorbei, sah die Rikschas vorm Tor und konnte mir denken, dass da drinnen ein Fest stattfand. Ich vermutete, alle würden beschäftigt sein, daher bin ich über die Mauer geklettert. Ich hoffte, einen Blick auf dich in dem Raum zu erhaschen, in dem wir immer zusammen gesessen haben. Und dann warst du da, auf der Veranda.« Raschelnd verschob er einen Blätterhaufen mit dem Fuß. »Ich wollte dich warnen. Es könnte Ärger geben.«
    Taka befiel plötzlich Angst.
    »Eijiro«, sagte sie fast wie zu sich selbst. »Er und diese Freunde von ihm. Der Krieg soll doch vorbei sein, aber sie können nicht aufhören zu kämpfen, obwohl wir es doch waren, die gewonnen haben …«
    Ihre Stimme verklang, und sie verstummte mitten im Satz, merkte, was sie da gesagt hatte. Nobu wich zurück, als hätte sie ihn geschlagen. Ein langes Schweigen trat ein.
    » N’da . Du hast recht.« Seine Stimme war rau. Sein Edo-Akzent war verschwunden, und sie hörte die grimmigen nördlichen Vokale laut und deutlich, als hätte er seine Haut abgeworfen wie eine Schlange und etwas anderes, Abschreckendes wäre darunter zum Vorschein gekommen. »Ihr habt gewonnen. Mein Volk hat verloren.« Sie wagte kaum zu atmen. Um sie knarrten Äste, und irgendwo nicht weit entfernt schrie ein Tier, vielleicht ein Affe. Nobu stieß einen langen Seufzer aus.
    »Wir sind nicht mehr aufs Kämpfen aus. Wir erwarten nichts, sind dankbar für alles, was auf uns zukommt. Aber dein Volk – dein Bruder, seine Freunde –, sie denken, sie hätten die Welt verdient. Sie haben gewonnen und verlangen jetzt ihren Anteil.«
    Sein Atem kam stoßweise. Taka tastete nach seiner Hand, erwartete, dass er sie wegreißen würde. Reglos lag sie unter der ihren.
    »Du nicht«, sagte er sanft. »Du bist jung, du bist anders.« Insekten surrten. Der Wald um sie herum war voller Leben.
    »Ich verstehe auch nicht, was da passiert«, fuhr er fort. »Aber ich versuche es so gut zu erklären, wie ich kann. Nach dem, was ich gehört habe, will diese wunderbare Regierung, wollen diese begnadeten Staatsmänner, die uns herumkommandieren, uns alle gleich machen – keine Samurai mehr oder Handwerker, Bauern, Kaufleute, selbst keine Ausgestoßenen. Sie wollen das Ständesystem abschaffen, sagen sie. Doch das bedeutet, dass der höchste Stand seine Privilegien verlieren muss – und das sind die Samurai. Für uns spielt das keine Rolle. Wir Samurai aus dem Norden haben nichts zu verlieren, man hat uns bereits alles weggenommen. Nein, es betrifft die Gewinnerseite, den Tosa-Clan, die Hizen, die Männer aus Choshu und deine Leute, die Satsuma, genau die Clans, die das Land regieren. Das ist das Seltsame daran. Sie haben gesiegt, so viel steht fest, aber jetzt will die Regierung ihnen die Siegesbeute vorenthalten, also fühlen sie sich betrogen. Deshalb sind sie so wütend, dein Bruder und seine Freunde.«
    Taka hörte aufmerksam zu, versuchte zu begreifen, was er sagte. An ihm war etwas so Aufrechtes und Ehrliches, dass sie ihm instinktiv glaubte.
    »Weißt du, wie wir die Satsuma nennen?«, fragte er. Sie wartete, wagte es sich kaum vorzustellen. »Kartoffelsamurai.« Das Wort brachte sie zum Lachen, und sie war erleichtert, als sie ihn glucksen hörte. »Weißt du, was wir über sie sagen? Raubeiniges Temperament und rüde Sprache.«
    »Denkst du das auch von mir?«, fragte Taka unsicher.
    »Du bist nur zur Hälfte Satsuma. Die andere Hälfte ist reines Kyoto, wie deine Mutter.« Wieder entstand ein langes Schweigen. Als Nobu erneut zu sprechen begann, klang er zögerlich. »Du weißt, dass dein Vater darin verwickelt sein könnte?«
    Taka runzelte die Stirn. Sie hatte befürchtet, dass es so kommen würde. »Mein Vater war in der

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