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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Downer
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Regierung«, erwiderte sie, bemüht, ihrer Stimme einen ruhigen und gelassenen Ton zu geben.
    »Er war Erster Ratgeber, Heeresminister und Kommandeur der kaiserlichen Garde.«
    »Aber er ist zurückgetreten, und wir hören kaum noch von ihm. Ich dachte, es läge daran, dass er bei seiner Frau und seiner echten Familie ist und nicht mehr an uns denkt.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie rasch wegblinzelte.
    Ein Ochsenfrosch quakte im Teich unter ihnen. Andere fielen in einem vielstimmigen Chor mit ein, bis es klang, als dröhnten alle Tempelglocken der Stadt.
    »Er wird eines Tages zurückkommen«, sagte er leise. »Du wirst heiraten, ein gutes Leben führen, und all dieses Gerede über Probleme und Ärger wird vergessen sein. Es war selbstsüchtig und falsch von mir, hierherzukommen. Deine Mutter weiß, was das Beste für dich ist. Du solltest deine Zeit nicht mit mir vergeuden.«
    Er zog seine Hand fort. Zitternd griff sie nach seinem Arm. »Geh nicht«, bat sie und unterdrückte ihre Tränen. Sie versuchte, ihrer Stimme Festigkeit zu geben, doch ihre Worte wurden von einem Schluchzer erstickt.
    In der Dunkelheit hob sie die Hand und fand seine Wange. Sie berührte den Anflug von Stoppeln auf seinem Kinn, ließ ihre Finger leicht über sein Gesicht gleiten, suchte nach dem Vorsprung der Nase, den Augenhöhlen, seiner feuchten Stirn, seinen Ohren, seinem Adamsapfel und der komischen Warze auf seinem Hals. Sie kam sich wie eine Blinde vor, die sich jede Kontur einzuprägen, sie für immer in ihrem Gedächtnis festzuhalten versuchte. Ihre Finger strichen über seinen Mund, spürten die Wärme seines Atems und die weiche Feuchtigkeit seiner Lippen. Sie legte die Arme um ihn und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
    Für eine Weile saß sie so da, war sich bewusst, dass sie etwas Verbotenes tat. Aber sie konnte nur an seine Nähe denken, seine Wärme neben ihr. Ihre Körper passten perfekt zusammen, als wären sie füreinander geschaffen. Dann spürte sie seine Berührung, weich und zögernd und scheu. Er strich ihr über den Kopf, nestelte an ihrem Haar, bis es ihm gelang, es zu lösen. Es schwang um ihr Gesicht und ergoss sich in einer schweren Rolle auf ihren Schoß. Er vergrub seine Hände darin und fuhr mit den Fingern hindurch, langsam und erstaunt.
    »Wie Seide«, flüsterte er. »Ich wollte es immer berühren, habe es aber nie gewagt.«
    Er atmete ein und berührte ihren Nacken, sehr vorsichtig, als rechnete er mit Protest. Ein Schauder überlief sie, als wäre etwas in ihr geweckt worden, von dem sie nichts geahnt hatte.
    »Du bist so schön, so vollkommen«, sagte er. »Ich weiß, dass es falsch ist, aber es ist meine einzige Chance. Eine andere wird es nie geben.«
    Mit einem Ruck richtete sie sich auf. »Warum nicht? Warum nicht?«
    »Du bist noch jung, du verstehst es nicht. Ich muss zurück auf die Militärakademie, du musst heiraten, unsere Familien sind Feinde.«
    »Wir brennen zusammen durch wie die Liebenden in den Kabuki-Stücken. Wir begehen gemeinsam Liebesselbstmord.«
    »Das sind nur Geschichten, dies hier ist das echte Leben.«
    Er hob ihr Kinn, als wollte er ihr Gesicht in der Dunkelheit erkennen, und sie spürte, wie sein Mund ihre Nase und Wange fand. Dann trafen sich ihre Lippen. Sie schloss die Augen und überließ sich der feuchten Dunkelheit, ließ ihren Körper mit seinem verschmelzen, bis sie so eng umschlungen waren, dass es sich anfühlte, als könnte nie mehr etwas zwischen sie kommen.
    In der Ferne waren das Knarren von Rädern und die Rufe der Rikscha-Zieher zu hören, und ihnen wurde klar, dass das Fest vorbei war. Fujino rief: »Taka, Taka! Wo bist du?«
    Nobu löste sich von ihr, aber Taka drückte sich fester an ihn. »Lass sie nur.« Sie schmiegte ihr Gesicht an seine Schulter. »Mutter wird glauben, ich wäre spazieren gegangen. Das mache ich oft. Das Anwesen ist so groß, dass ich überall sein könnte.«
    Er seufzte. »Ich weiß, was ich bin, wohin ich gehöre und wer mein Volk ist. Uns ist so wenig geblieben, und das verbindet uns. Trotzdem kann ich in dir und deiner Familie nicht den Feind sehen. Meine Brüder würden mich einen Verräter nennen, wenn sie mich das sagen hörten. Aber es stimmt. Für mich bist du wichtiger als alles andere.«
    Sie kniete auf den trockenen Blättern, spürte, wie sich der steinige Boden in ihre Schienbeine drückte, und nahm seine Hände.
    »Wenn ich eine Kurtisane wäre, würde ich mir den kleinen Finger abschneiden, um dir meine

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