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Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ihr gesagt.
    Gül schmunzelt in sich hinein. Wenn Sibel sich im Recht fühlt, gibt sie keine Ruhe.
    – Ihr hat halt niemand recht gegeben, wird Gül Jahre später sagen, wenn sie über ihre Schwester spricht. Immer wenn sie sich
     mit Nalan gezankt hatte, hat meine Mutter Nalan recht gegeben und nicht ihr. Da ist es doch kein Wunder, daß sie immer so
     auf ihrem Recht beharrt.
    Doch im Moment möchte Gül Sibel am liebsten beschützen, sie möchte diese Sevgi packen und sie fragen, was ihr denn einfällt.
     Sie möchte ihr am liebsten eine Ohrfeige verpassen. Sie möchte das tun, wozu sie für sich selber nicht in der Lage gewesen
     ist, als Özlem erzählt hat, sie würde getrockneten Traubensaft in der Schule verteilen.
    Gül erzählt nicht viel an diesen zwei, drei Tagen auf der Truhe, sie erwähnt, daß Fuat nicht mehr spielt, sie erzählt, wie
     Ceyda gezahnt hat, wie sie Durchfall hatte, sie erzählt, wie sie selbst in den Brunnen gefallen ist. Doch sie behält für sich,
     wie schwer ihr das Leben mit Fuat fällt, auch wenn sie ihn lieben möchte. Wie laut er werden kann, wenn er getrunken hat,
     und wie er eingeschlafen ist, als sie gerade erzählte, wie sie sich mit seiner Mutter gestritten hat, wie sie das Gefühl nicht
     los wird, daß er ihr auch sonst nicht zuhört. Sie behält ihre Sorgen für sich, ihre Schwestern haben eigene, und die sind
     ihnen bestimmt genug. So weit weg von zu Hause, jede Nacht in einem Schlafsaal mit dreißig anderen, die Etagenbetten und die
     Gerüche jeder einzelnen. Und sie können nicht mal jeden Tag ihren Vater sehen. Nein, die beiden haben es schwer genug, und
     es schmerzt Gül schon, wenn sie auf das Kantinenessen schimpfen.
    Daß sie diesen Winter den Grundschulabschluß per Fernstudium nachholen will, verschweigt Gül auch. Die Unterlagen wird sie
     im September bekommen, und die geringen Gebühren wird Fuat bezahlen. Sie behält es für sich, weil sie |273| sich schämt vor ihren Schwestern, die jetzt beide auf die Oberschule gehen.
    Auch in diesem Sommer sitzt man abends auf den Stufen vor dem Sommerhaus oder grillt im August im Garten Maiskolben, es wird
     auf der Straße gespielt, der Himmel ist so wolkenlos, daß auch die Ferien unendlich scheinen, die Jungen fangen große fliegende
     Käfer und binden ihnen einen Faden ans Bein, weil es erst im Herbst windig genug für Drachen sein wird, die Hitze perlt in
     Tropfen von ihren Gesichtern, während sie vor Übermut und Langeweile Wespen ärgern, Stöckchen in die Nester stecken oder wenigstens
     Steine dagegenwerfen. Die Mädchen spielen Vater, Mutter, Kind und hören Melike zu, wie sie vom Meer erzählt, in dem man sich
     erfrischen kann, oder sie sitzen im Schatten und erzählen sich Geschichten, die sie aufgeschnappt haben, von schweißgetränkten
     Laken bei der Geburt und dem Blut in der Hochzeitsnacht. Oder Jungen und Mädchen spielen in der Kühle des Abends Volleyball,
     nachdem Melike eine Schnur als Netz gespannt hat. Sie spielt sich ein wenig auf vor den anderen, die es nie bis in die Schulmannschaft
     schaffen werden, schon gar nicht als Mannschaftskapitän wie sie. Doch jeder will Melike im Team haben, daran hat sich nichts
     geändert.
    Arzu schimpft, daß es sich nicht schickt, als junge Frau auf der Straße Ball zu spielen. Es stehen auch immer junge Männer
     am Spielfeldrand, die applaudieren, wenn Melike wieder einen Ball geschmettert hat. Doch Melike läßt sich von ihrer Mutter
     nichts sagen und würdigt auch ihre Verehrer keines Blickes.
    Fast alle glauben, daß ihr das letzte Schuljahr bevorsteht, in diesem Sommer halten schon die ersten um ihre Hand an, wollen
     sich verloben, um dann im nächsten Jahr heiraten zu können. Kaum jemand weiß von ihren Plänen, nur ihren Schwestern hat sie
     davon erzählt und ihrem Vater, auf dessen Erlaubnis sie angewiesen ist. Er hat skeptisch geguckt, aber er hat nicht nein gesagt,
     und das ist fast schon eine Zustimmung. Melike möchte sich um ein Stipendium bewerben und |274| in Istanbul Französisch studieren. Ich will nicht Grundschullehrerin werden, sagt sie, ich will an der Oberschule unterrichten.
    Der Schmied fragt sie nur der Form halber, ob sie einen der jungen Männer haben möchte, die um ihre Hand anhalten. Er weiß,
     daß es ihr wichtiger ist, die Universität in Istanbul zu besuchen. Und er erinnert sich an seine eigenen Eskapaden in der
     Stadt und lächelt in sich hinein.
    Es war sehr schön, sich dem Vergnügen hinzugeben, er hat es

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