Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Geschäft läuft passabel, und wenn Fuat den Laden abends
     abgeschlossen hat, hockt er manchmal noch mit seinen Freunden zusammen, doch meistens geht er heim, wo alle gemeinsam zu Abend
     essen. Nach dem Essen trinkt er ein Glas oder zwei oder drei, anfangs noch auf dem Zimmer und als die Abende wärmer werden
     mit seinen Freunden am Bach, wo sie Karten spielen um Geld.
    Er hat kein Interesse daran, ins Kino zu gehen, weder mit Gül, die ihn darum bittet, noch mit seinen Freunden. Die Filme lassen
     ihn seine Sorgen nicht vergessen, sie führen ihm vor Augen, was er alles nicht hat. Sie führen ihm vor Augen, daß andere Menschen
     sich den Whiskey mit Eis servieren lassen, während er noch nie welchen getrunken hat. Sie zeigen ihm, daß ein Mann viele Dinge
     schaffen kann. Aber sicherlich nicht, wenn er den ganzen Tag in einem schäbigen Friseursalon verbringt.
    Gül kommt es vor, als würde sie die Handtücher mit den Rasierschaumflecken häufiger sehen als ihren Mann, den sie immer noch
     nicht richtig kennt. Sie weiß nicht, wofür er sich interessiert, sie weiß, daß er mit seinen Freunden über Fußball redet und
     wahrscheinlich auch über Politik, sie weiß, daß er gern mehr Geld hätte, aber daß er sich für Autos begeistert, wird sie erst
     sehr viel später herausfinden. Manchmal nimmt Gül einfach Ceyda auf den Arm und geht zu Suzan. Bald, bald wird es Sommerferien
     geben, Melike wird kommen, Sibel wird frei haben, und Gül wird mit ihnen zusammen im Sommerhaus |266| sitzen, und ihre Schwestern werden Ceyda liebkosen und küssen und sich auch Kinder wünschen. So verschiebt Gül in ihren Gedanken
     die lichten Stunden einfach ein kleines Stück in die Zukunft, eine Zukunft, aus der sie Kraft schöpft.
     
    An dem Abend, bevor Güls Eltern ins Sommerhaus ziehen wollen, sitzen Gül und Fuat in ihrem Zimmer. Fuat trinkt Rakı und erzählt
     von seinen Zukunftsplänen. Oder Träumen. Wer kann das schon genau sagen. Er möchte einen Laden besitzen, nicht mieten, sondern
     besitzen. Geschäftsführer möchte er sein, nicht mehr jeden Tag die Nasen fremder Männer anfassen, nur um ja keine Haare zu
     übersehen, die sich am Nasenflügel versteckt haben, er möchte nicht mehr jeden Markttag die fettigen Haare der Dorfbewohner
     scheren, die ihre Geschäfte in der Stadt mit einem Friseurbesuch verbinden und an deren Geruch man erkennen kann, daß sie
     seit dem Morgengrauen auf einem verlausten Esel gesessen haben. Er möchte etwas Größeres und Besseres, und er ist bereit,
     dafür zu arbeiten. Einen eigenen Laden und ein eigenes Haus, ein Betonhaus, keines nur aus Stein und Lehm, ein richtiges,
     modernes Haus, wo das Klo nicht auf dem Hof ist, ein Haus mit Elektrizität und fließendem Wasser, wie es mittlerweile der
     eine oder andere hat. Aber keines mit einem Waschbecken, dessen Abfluß im Hinterhof endet, sondern ein Haus, das richtig an
     die Kanalisation angeschlossen ist, ein Haus, in dem er mit Gül und Ceyda in Ruhe und Frieden leben kann. Vielleicht sogar
     ein Haus mit einer Heizung, wie sie sie in den großen Städten haben. Einer seiner Kameraden beim Wehrdienst kam aus Istanbul,
     und er hat erzählt, wie sie einfach die Heizung aufdrehen, und es wird warm in der Wohnung, ohne Holz oder Kohlen schleppen
     zu müssen, ohne Ruß, ohne Geruch, ohne aufzupassen, ob die Kinder sich nicht am Ofen verbrennen. Das Auto erwähnt er gar nicht
     erst, davon verstehen Frauen nichts.
    – Eine saubere Sache, sagt er, eine saubere Sache. So etwas werden wir haben.
    |267| – Ja, so Gott will.
    – Ich will mich nicht mehr abrackern für nichts, für ein wenig Brot und ein bißchen Butter. Einige Leute leben im Licht, und
     ihnen ergeht es wohl. Warum nicht auch uns, Gül, warum uns nicht auch? Sind wir denn schlechter als die? Nein, wir sind nur
     in anderen Verhältnissen geboren. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich ja auch richtig Geld verdienen, aber wo denn bitte?
    Er nimmt noch einen Schluck.
    – Immer diese löchrigen Handtücher im Laden, dieser Spiegel mit den blinden Flecken, diese Stühle, an denen die Kundschaft
     im Sommer klebenbleibt, das kann man besser machen. Mit Geld. Nur mit Geld. Ich möchte den schönsten Laden in der Stadt haben,
     einen Laden, der tipptopp glänzt, ich will, daß die Leute sich schon im Rahmen des Spiegels betrachten können. Und ich werde
     arbeiten, so wahr mir Gott helfe, es soll uns besser gehen. Weißt du was, ab morgen höre ich auf zu spielen,

Weitere Kostenlose Bücher