Die Tochter des stählernen Drachen
kannst ihn haben. Ich will ihn nicht.« Jane wusch sich weiter die Hände. »Weiß die Göttin, ihr beide verdient einander!«
»Schlau. Sehr schlau. Ich weiß, wie verschlagen du bist.« Monkey kamen die Tränen. »Ich habe Dinge für ihn getan, die du niemals tätest. Nicht in einer Million Jahre. Ich habe mich für ihn erniedrigt .«
Jane spülte sich die Hände ab und zog ein Papierhandtuch aus dem Spender. »Nun, schön für dich.«
»Sei nicht so unverschämt! Wag das nicht noch einmal! Ich warne dich.« Plötzlich schwankte und taumelte Monkey. Sie wollte sich am Rand des Waschbeckens festhalten.
»Bist du in Ordnung?« fragte Jane vorsichtig.
»Einen Moment lang habe ich gedacht, ich hätte ...« Monkey schüttelte den Kopf. Sie hatte offensichtlich den Faden verloren. Sie zitterte heftig. Dann holte sie aus einer Jackentasche einen in ein Tuch geschlagenen Gegenstand hervor. »Sieh her!« Sie schälte das Tuch ab, und heraus kam ein Einhorn aus geblasenem Glas. Sie setzte es auf die Kosmetikablage. »Ratsnickle hat es mir bei unserem ersten Treffen gekauft.« Das Licht tanzte in dem traurigen kleinen Kinkerlitzchen. »Was hat er jemals für dich gekauft?«
»Nichts.«
»Verdammt richtig, nichts!« Triumphierend hob Monkey das Einhorn hoch.
Es zersprang ihr in der Hand.
Überrascht trat Jane zurück. Mit ausgestrecktem Arm stand Monkey wie erstarrt da. Blut rann ihr an den Fingerspitzen hinab und tropfte auf den Fußboden. »Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen«, sagte sie, »aber ein riesiger Sprung ...« Sie übergab sich, und eine Gischt aus Fischaugen floß ihr aus dem Mund. Sie ergossen sich über die Vorderseite ihrer Bluse.
»Monkey?«
»Die Oberfläche ist fein und pulvrig. Ich kann sie mit der Stiefelspitze aufwirbeln.« Die Stimme aus Monkeys Mund war anders als alles, was Jane je zuvor gehört hatte. Sie war hart und wurde durch statisches Rauschen unterbrochen, als spräche sie aus weiter Ferne. »Die Fußabdrücke sind gut in den feinen Sandpartikeln zu sehen«
Mit dem Einsetzen des Awen hatten die Pupillen sich zusammengezogen und waren verschwunden. Die Augen waren jetzt von einem harten milchigen Weiß. Monkey wehrte sich nicht, als Jane, die ihres Entsetzens Herr wurde, sie zu einem Waschbecken führte und ihr kaltes Wasser über die blutende Hand laufen ließ. »Es ist eine sehr weiche Oberfläche«, sagte Monkey. Jane hatte ein sauberes Taschentuch in der Handtasche; sie benutzte es als Verband für Monkeys Handfläche und hoffte, daß keine Glassplitter in den Schnitten zurückgeblieben waren. »Aber hier und da, wo ich zufällig mit dem Probensammler bohre, stoße ich auf eine harte Oberfläche.«
»Harte Oberfläche«, wiederholte Jane. Sie befeuchtete ein Papierhandtuch und wischte Monkey das Erbrochene aus den Mundwinkeln. Eine Toilette rauschte, und eine Rusalka kam aus der Kabine. Sie warf den beiden einen seltsamen Blick zu und ging, ohne sich die Hände zu waschen. Jane mußte sich jetzt wohl oder übel entscheiden, ob sie ihre Zimmergenossin über Nacht hierlassen sollte oder nicht. Sie ging zur Tür, kehrte zu der kleinen, auf dem Fußboden zusammengesunkenen Gestalt zurück, ging wieder zur Tür. Sie konnte nicht weg.
Schließlich seufzte sie auf. »Ich bring dich heim, Monkey.«
Ihre Zimmergenossin nickte träumerisch. »Dies muß gewiss das historischste Telefongespräch aller Zeiten sein.«
Monkeys Fahrrad lehnte draußen an der Mauer, und Janes Rad befand sich in einem Schließfach nicht weit entfernt. Monkey war nicht in der Verfassung zu fahren, aber glücklicherweise hatte Jane eine Umbauausrüstung in den Satteltaschen. Jane holte einen Schraubschlüssel heraus und verband geschickt die beiden Räder mit Querstangen, paßte die Zahnkränze an, sorgte dafür, daß die Pedale mitliefen, und drehte eine Lenkstange in Längsrichtung. Binnen kurzem hatte sie ein vierrädriges Gefährt mit einem tiefliegenden Riemensitz hinten und dem erhöhten Fahrersitz vorn. Ihre Zimmergenossin setzte sich in todesähnlicher Ermattung hinter sie, und Jane fuhr los.
Zwei Aufzugwechsel später waren sie wieder in Habundia. Als sie ihr Zimmer erreichten, stieg Monkey erschöpft vom Tandem, stolperte und wäre fast gestürzt. Jane schloß die Tür auf, packte Monkey beim Kragen ihrer Bluse und führte sie zu ihrem Bett. Ein Stoß, und sie fiel mit dem Gesicht nach unten auf die Tagesdecke.
Jane schwang Monkeys Beine aufs Bett und wälzte sie auf den Rücken.
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