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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es nicht haben«, sagte sie. »Es gehört nicht zu mir …«
    »Wer anders könnte es tragen als du?« Gabriel umfaßte ihre Schultern und vergrub sein Gesicht in ihr hochgestecktes, duftendes Haar. »Willst du meine Frau werden?« fragte er. »O Gott, tu es mir nicht an und lache … Nimm es ernst … Willst du mich heiraten?«
    »Ich weiß es nicht, Jean.« Nadja drehte sich langsam um, nahm Gabriels Kopf zwischen ihre Hände und küßte ihn. »Frage es mich morgen und übermorgen und jeden Tag … du mußt Ausdauer haben … Vielleicht sage ich einmal ja, wenn alle Schatten von mir gefallen sind …« Sie nahm die wertvolle Halskette und legte sie zurück in Gabriels Hände. Und sie tat es so entschieden, daß er nicht wagte, sie darum zu bitten, die Kette zu behalten. »Und nun bring mich hinunter, Jean«, sagte sie. »Boris Michailowitsch wartet … Auch er ist etwas von meinem Leben, das du übernehmen müßtest …«
    Am nächsten Tag erschien Kriminalrat Boité und war sehr unsicher. Nadja sah an dem Zucken seiner Lippen, daß er etwas sagen wollte und nach Worten suchte.
    »Seien Sie ehrlich«, sagte sie mit allem Mut, den sie aufbringen konnte. »Sie haben schlechte Nachrichten.«
    »Schlecht wäre ein Halleluja«, erwiderte Boité dumpf. »Bitte, tun Sie mir einen Gefallen, Madame … werden Sie nicht ohnmächtig.«
    »Man hat Helena gefunden, nicht wahr?« sagte Nadja gefaßt. »Sie lebt nicht mehr? Sprechen Sie ohne Scheu, Monsieur Boité.«
    Boité kratzte sich den Kopf. »Es ist zum Verrücktwerden! Ich kann Ihnen gar nichts sagen, Madame! Drei Kinder haben wir jetzt … eins wurde aus der Seine gezogen, eins fanden wir im Bois de Boulogne, und das dritte entdeckte ein Bauer in seiner Scheune.«
    »Tot …«, sagte Nadja tonlos.
    »Ja.« Boité putzte sich die Nase. Er wagte nicht, Nadja anzusehen. »Alles Mädchen. Und alle schon sehr mitgenommen. Es ist schrecklich, Madame – aber ich muß Sie bitten, mitzukommen und sich die Kinder anzusehen, ob Ihre Helena darunter ist.«
    »Ich soll …«, stammelte Nadja. Nun schwankte sie doch. »Wo denn?«
    »Im Leichenkeller des Hospitals Hôtel-Dieu, gegenüber von Notre-Dame. Sie müssen es, Madame. Es bleibt nur dieser Weg der Identifizierung …«

13
    »Bitte, Madame«, sagte Kriminalrat Boité. Ihn erschreckte es nicht, den Leichenwärter in einer langen roten Gummischürze zu sehen. Auch der leicht süßliche Geruch, der mit ihm aus dem schwach beleuchteten Keller kam, war ihm bekannt. Nadja dagegen prallte zurück und zog voll Grauen die Schultern hoch.
    »Muß … muß das sein?« stammelte sie.
    »Machen Sie mehr Licht, Batiste!« sagte Boité grob zu dem stummen Leichenwärter.
    Batiste drehte an einem Schalter, und aus drei nackten Glühbirnen an der Gewölbedecke fiel bleiches Licht in den Keller. Boité betrat zuerst den Vorraum und sah sich um. Nadja folgte ihm mit langsamen, zögernden Schritten. Der junge Arzt war an der Tür stehengeblieben, hatte ein Taschentuch herausgezogen und träufelte Eau de Cologne aus einer Taschenflasche darauf. Er bereitete sich darauf vor, daß Nadja in wenigen Augenblicken ohnmächtig würde.
    »Die Kinder!« sagte Boité.
    »Jawohl, Monsieur. Die Kinder. Drei. Raum neun.«
    »Gehen Sie voran, Batiste.« Der Kriminalrat faßte Nadja unter und nickte ihr zu. »Seien Sie stark, Madame … wir kommen um diesen Gang nicht herum.«
    Batiste schlurfte ihnen voraus.
    »Bitte …«, sagte er und stieß eine Tür auf, knipste Licht an und trat zur Seite.
    Boité spürte, wie Nadja an seinem Arm zusammensank und sich nur mühsam aufrecht hielt. »In zehn Minuten ist alles vorbei, Madame«, sagte er väterlich, nahm das mit Eau de Cologne getränkte Taschentuch, das ihm der Arzt stumm hinhielt, und drückte es Nadja gegen die Nase. Sie nickte und richtete sich auf. Mit zusammengepreßten Lippen ging sie an Boité vorbei in den Leichenkeller Nr. 9.
    Auf drei blanken weißen Marmortischen, die ringsherum eine Auffangrille hatten, lagen drei kleine, zugedeckte, starre Körper. Unter den Laken am Fußende sahen drei Schildchen hervor. Sie waren mit einer Kordel am Fußgelenk festgebunden und enthielten Namen und Sterbedatum. Heute waren die Schildchen nur mit dem Datum des Einlieferungstages versehen … dort, wo die Namen stehen sollten, hatte Batiste drei große Fragezeichen gemalt.
    »Ich … ich bin bereit«, sagte Nadja.
    »Na denn …«, sagte Batiste. Er trat an das Kopfende des ersten Marmortisches, ergriff das Laken

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