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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Schutz bei der Mutter sucht.
    »Wir haben fünftausend Dollar«, sagte sie. »Das ist viel, Frank. Damit können wir neu anfangen. Fahren wir zurück nach Europa?«
    »Nein!« Frank Castor atmete tief auf. Er wandte sich ab von der Straße und ging langsam zum Wohnwagenplatz zurück. »Amerika, heißt es, liebt die Mutigen! Wir wollen mutig sein, Nadja! Wir wollen uns diesen Erdteil erobern. Wir sind noch jung …«
    »Und wir lieben uns …«, sagte sie leise.
    »Damit bezwingen wir Amerika!«
    »Wir bezwingen es, ja!«
    »Wenn du nicht wärst, Nadja …«
    »Aber ich bin, Liebster …«
    Sie küßten sich mitten auf dem Platz, neben den Trümmern.
    Drei Tage später fuhren sie nach Dallas. Mit vier Löwen. Als Varieténummer. Für zehn Dollar am Tag.
    Im Juni, nach einem Jahr, war es soweit, wie es Castor schon immer geahnt, aber nie ausgesprochen hatte.
    Sie waren im Land umhergezogen, von Stadt zu Stadt, sogar in den kleinen Siedlungen führten sie ihre Löwen vor, wenn es ein Gasthaus gab mit einer Bühne. Sie lernten ganz Texas kennen, übernachteten in Ställen oder auf Farmen. Frank Castor kaufte sich einen alten Traktor, um unabhängig von den Bahnen zu sein, und so reisten sie umher wie die Bärenführer im Mittelalter, klebten an den Hauswänden der kleinen Städte ihre Plakate an und verkündeten den Cowboys und Rinderzüchtern: »Nadja, die Russin, kommt! Die einzige Frau, die einen Löwen küßt!«
    Nun aber, nach einem Jahr, waren sie zurückgekehrt nach Dallas, in das Varieté, von dem aus sie ihren Zug durch Texas unternommen hatten. Nichts hatte sich geändert. Die Tagesgage betrug zehn Dollar; im Gegenteil, man hatte Mühe, sie überhaupt zu erreichen, denn man brachte ja nichts Neues. Das alte Programm nur.
    Die Löwen hungerten, die fünftausend Dollar waren verbraucht, die täglichen zehn Dollar reichten gerade hin, sich selbst zu ernähren. Das Pferdefleisch, das die Löwen bekamen, war unverschämt teuer.
    Es kamen Tage, an denen die Löwen nur die Hälfte ihrer gewohnten Portion erhielten, sich um die Knochen rauften und in der kleinen Gittermanege auf der Varietébühne böse und störrisch wurden und Nadja aus hungrigen Augen anstarrten. Nur Ali, der herrliche Löwe aus Algerien, verzieh seiner Herrin den bohrenden Hunger. Er ließ sich von ihr küssen und streicheln, er spielte vollendet den toten Wüstenkönig, den Nadjas Kuß zum Leben erweckt, er ließ sie auf seinem breiten Rücken reiten, und die Zuschauer tobten und klatschten, und man sprach in ganz Dallas und Texas von der Russin, die mit einem Löwen spielte wie mit einem Kätzchen.
    Was Nadja nicht kannte, war die Sorgenlast, die auf Castors Schultern lag. Nachts war er oft wach und sah Nadja an, wie sie schlief und so kindlich ansah im Traum. Dann krampfte sich sein Herz zusammen, und er sagte sich, daß er schuld sei an dem Elend, in dem sie lebten. Er hätte sie in Paris lassen sollen. Geweint hätte sie, ja, und verzweifelt wäre sie gewesen – aber wie lange? Paris ist eine Stadt, die jeden tröstet … und Saparin wäre bei ihr gewesen, und nach einiger Zeit hätte sie wieder gelächelt, dann gelacht, und neue Männer hätten ihr zu Füßen gelegen, ihr, der Nadja Gurjewa, von der ein Mann bis zu seinem Sterbebett träumte, wenn er sie einmal gesehen hatte.
    Und immer stärker wurde diese Schuld, je mehr das Elend sie erfaßte. Zu einer Panik wurde sie, als Castor vor der Frage stand, noch einen Löwen zu verkaufen, um die anderen drei ernähren zu können. Er bettelte um mehr Gage, er rief die Manager an, er flehte nicht für sich und Nadja, sondern für seine Löwen … aber man hob nur die Schultern, spuckte Kaugummi an seinem Kopf vorbei und sagte trocken: »Die Welt kommt in eine Krise, mein Lieber! Die Dollars blinken nicht mehr so wie früher. Es wird so weit kommen, daß Sie Ihre Löwen selbst auffressen und Nadja tanzen wird. Schönheitstänze, das ist Mode! Das ist Fleisch, das wir sofort bezahlen! Hundert Pfund blanke Haut … das bringt was ein! Aber Löwen? Der Bursche bei Metro-Goldwyn-Mayer brüllt sogar besser …«
    Und dann kam die Nacht, die Castor gefürchtet hatte. Für den nächsten Tag war kein Fleisch mehr da, die Händler gaben keins auf Kredit, die Löwen mußten hungrig in den Käfig, zum erstenmal in ihrem Leben mit knurrendem Magen. Der Hunger machte sie gemein und gefährlich, listig und hinterhältig. Das Raubtier in ihnen erwachte wieder. Sie rochen Fleisch und waren bereit, es sich zu

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