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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fest! Festhalten!«
    Aber so schnell wie Nadja war keiner. Ehe man sie ergreifen konnte, stürzte sie sich in das brennende Zelt.
    Frank Castor fiel auf die Knie und hieb in ohnmächtigem Schmerz auf die Erde. Dann sprang er wieder auf, ließ sich naßspritzen und rannte Nadja nach in die Flammen.
    Qualm und sengende Hitze umgaben ihn, er rang nach Atem und bemühte sich, in dem Chaos von Feuer und Funken und Rauch etwas zu erkennen. Und dann sah er Nadja … sie stolperte aus dem Hintergrund des Zeltes, rußgeschwärzt und mit zerrissenen Kleidern, Funken in den Haaren und Brandflecken auf Armen und Beinen … aber sie trug Helena auf ihren Armen. Er konnte nicht erkennen, ob das Kind noch lebte, aber er schrie auf, stürzte auf Nadja zu, nahm ihr Helena aus den Armen und rannte mit ihr durch die große Lücke, die die Elefanten in das Zelt gerissen hatten. Er hörte hinter sich Nadja keuchen, und als sie jenseits der Flammen waren, in einer Luft, die ihnen jetzt eisig vorkam, fielen sie beide ins Gras, man nahm ihnen das Kind ab, sie schnappten nach Luft und lagen dann still auf dem Rücken, und der Himmel über ihnen war merkwürdig lilarot mit gelben Streifen, wie er sonst nie zu sein pflegt.
    Dann beugten sich Feuerwehrleute über sie, stülpten ihnen Masken über und pumpten ihnen Sauerstoff in die qualmgefüllten Lungen. Und der erste Gedanke Nadjas, als die Welt wieder zu ihr zurückkehrte, galt ihrem Kind.
    »Lebt Helena? Lebt meine Helenuschka?«

17
    Sie lebte.
    Aber der Zirkus lebte nicht mehr. Während die Feuerwehren das Elefantenzelt umstanden und alle Mühe hatten, den Funkenflug zum Pferdezelt zu verhindern, loderten an sechs verschiedenen Stellen des großen Rundzeltes die Flammen auf. Es brannte im Exotenstall, die Giraffen schrien vor Schmerzen, und es gab alte Zirkusleute, denen das Blut erstarrte, denn noch nie in ihrem Leben hatten sie Giraffen schreien hören. Vom anderen Ende des Platzes kamen neue Schrecken. Dort brannten die Eisbärwagen, und die riesigen weißen Tiere stießen die flammenden Holzwände durch und jagten voll Entsetzen in die Menschenmenge. Polizisten sahen keine andere Möglichkeit, als die Bären zu erschießen. Eine einsame Handspritze stand vor den Käfigwagen der Löwen und schleuderte Wasser über sie … ein milder Regen, so wie man einen Rasen im Sommer sprengt, aber es half. Die Löwen kamen nicht in Gefahr. Der Tierwärter Richard war's, der hier stand, das Grauen des Infernos im Nacken, aber den Blick nur auf die Löwen gerichtet, und er pumpte und pumpte und betete innerlich, daß es genug Wasser gäbe.
    Weinend saß der Boß auf einem Stuhl und starrte auf den Untergang seines Zirkus.
    »Es hat keinen Sinn!« sagte der Polizeileutnant der Station Richmond auf Staten Island. »Bis jetzt brennt es an neun Stellen zugleich!« Er hockte in einem Auto, umgeben von zehn Polizisten, und sah auf die vergebliche Mühe der Feuerwehren, den Brand einzudämmen. »Eine saubere Arbeit, Jungs! Da waren Profis am Werk! Man sollte dem armen Orlando einen Kranz schicken und für eine Rückfahrkarte nach Europa sammeln …«
    Erst am nächsten Mittag war zu übersehen, daß der Zirkus Orlando endgültig gestorben war. Nur qualmende, stinkende Haufen, aus denen das verkohlte Holzgestänge herausragte wie geschwärzte tote Arme, waren alles, was übrigblieb. Die Wohnwagen hatte man retten können … wie ein Ring umstanden sie die Trümmer, aus denen der Geruch verbrannten Fleisches ekelhaft aufstieg und über Richmond wehte.
    In der Nacht schon hatte eine Kommission aus New York die Arbeit aufgenommen. Brandexperten, Kriminalpolizei, Versicherungsfachleute. Auch der französische Konsul war gekommen und versuchte den Boß zu trösten. Doch was ist Trost, wenn die Mühe von dreißig Jahren umsonst war?
    »Man hat den Zirkus angesteckt!« sagte der Boß dumpf. »Einfach angesteckt! Das ist leicht … hundert Stellen, tausend Stellen brennen … Was sagen Sie dazu?«
    »Was soll man da sagen?« Der französische Konsul sah hinaus auf den verwüsteten Platz. Aus den Trümmern zogen einige Arbeiter Balken und Stangen, halbverbrannte Bänke und verbogenes Eisengestänge. »Eine Katastrophe …«
    »Eine Brandstiftung!« schrie der Boß. »Das ist amerikanische Auffassung vom Konkurrenzkampf! Ist einer unbequem … Feuer dran oder den Finger am Abzug des Revolvers! Es ist Ihre Pflicht, im Namen Frankreichs zu protestieren!«
    Der Konsul sah auf seine Hände, sie lagen gefaltet auf dem

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