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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bleibst … du bleibst bei mir … du darfst nicht so gehen … nicht so … Die Welt besteht doch nur aus dir und mir … verstehst du das denn nicht … du und ich … du und ich … Es gibt nichts anderes …« Sie umklammerte ihn, sie hing an ihm, und er stand da mit hängenden Armen, schon erloschenen Augen und sah über ihr Haar hinweg gegen die Mauer, in den nächtlichen, klaren Himmel. Ihr Haar, das ihn umwehte, roch nach Heu. Nach frischem, in der Sonne geschnittenem Heu …
    »Wir verhungern«, sagte Castor tonlos. »Mein Gott, wir verhungern. Die Löwen, du, Helena … ich … Man läßt uns verhungern …«
    »Wir leben! Wir werden alle weiterleben!« Nadja wandte sich zu den Löwen um. Ihre Stimme war schrill. »Brüllt doch!« schrie sie. »Brüllt! Zeigt ihm, daß ihr lebt! Warum brüllt ihr nicht?«
    »Sie haben Hunger«, stammelte Castor. »Ich bekomme kein Fleisch mehr … wir haben kein Geld mehr … Wir haben hundert Dollar Schulden …«
    Sie hörte ihn nicht an, sie umarmte ihn, zog seinen Kopf an den Haaren zu sich herunter und küßte ihn wie trunken. »Wir werden Geld haben, viel Geld«, sagte sie, und nun weinte sie endlich und sprach doch weiter, voller Hoffnung. »Ich werde im Löwenkäfig tanzen … ich werde nackt tanzen … zwischen den Löwen … das hat es noch nie gegeben … das wird uns reich machen. Ich tue alles, alles … Ich liebe dich und unser Leben, Frank …«
    Und sie standen vor dem Käfigwagen und küßten sich wie in der ersten Nacht, damals in Paris, in dem Wohnwagen auf dem Bahngelände.
    Hinter ihnen brüllte Ali, dumpf, heiser, voller Eifersucht. Sein mächtiger, muskelbepackter Körper krachte gegen die Gitterstäbe.
    Man sollte es nicht glauben: Saparin tauchte wieder auf!
    Er kam nach Dallas geritten wie ein Cowboy, auf einem gescheckten Pferd mit dem typischen Sattel der Rinderhirten, trug einen breiten Hut, lederbesetzte Hosen und einen breiten Gürtel, an dem ein dicker Colt hing. Zuerst erkannte ihn Nadja gar nicht, als er in den Hof des Varietés kam. Dann lachte sie und breitete die Arme aus.
    »Boris Michailowitsch!« rief sie. »Oder heißt du jetzt Ben Mike? Hast du die Prärie erobert?«
    »So ähnlich, Nadja Grigorijewna.« Saparin schob seinen Hut in den Nacken. Er sah ein wenig abgezehrt aus, von der Sonne gegerbt und sehr verwegen. Einen unruhigen Blick hatte er, und anscheinend hatte er es sich angewöhnt, die Hände in der Nähe des Colts zu lassen. »Ein Mistleben ist's, Täubchen«, sagte er, als Nadja ihm ein Glas Fruchtsaft brachte.
    »Wo ist Frank?«
    »Bei einem Händler. Wir verkaufen noch zwei Löwen.«
    »Auch pleite?«
    »Noch nicht. Ich werde eine neue Nummer aufbauen. Ich werde zwischen Ali und Sultan tanzen.«
    »Nackt …«, sagte Saparin und sah düster drein. »Das hattest du nicht einmal in Paris nötig, Nadja.«
    »Amerika ist nicht Paris, Boris Michailowitsch.«
    »Da sagst du es!«
    Saparin trank sein Glas leer und streckte die Beine von sich. Sie saßen vor dem Käfigwagen auf Stühlen, und die Sonne schien heiß auf sie herunter. Die Löwen dösten. Nadja hatte sie gefüttert. Castor hatte eine Anzahlung von dem Händler mitgebracht, die gerade für das Fleisch gereicht hatte.
    »Wo warst du?« fragte Nadja und betrachtete Saparin kopfschüttelnd.
    »Überall, wo der Westen wild ist.« Saparin nahm eine Tasche von seinem Gürtel, holte eine Karte heraus und blickte hinein. Das Blatt war übersät mit roten Kreuzchen, mit denen er Städtenamen und Dorfbezeichnungen durchgestrichen hatte. Saparin seufzte und verzog den Mund. »Ich habe ihn bald durch«, sagte er. »Es bleibt nicht mehr viel. Denn dort, wo ich gewesen bin, kann ich nicht mehr hin. Sieh dir die Kreuze an … allerhand, was?«.
    »Wieso kannst du nicht mehr hin?« fragte Nadja. Saparin seufzte wieder auf.
    »Ich bin Reisender der Firma Kicknats und Co. Auf den Farmen, bei den Cowboys, an die Siedler verkaufe ich Medizin. Genauer gesagt: Tropfen. Kicknats Wundertropfen. Sie helfen garantiert gegen Pferdeschnupfen …« Saparin sah Nadja aus mitleidheischenden Augen an. »Verstehst du nun?«
    »Ich ahne es.«
    »Wo ich war, hängt man mein Bild aus und schießt darauf.«
    »Die Tropfen helfen nicht?«
    »Keine Spur. Aber sie kosten zehn Dollar pro Flasche.«
    »Und es gibt gar keine Firma Kicknats und Co.?«
    »Nein. Kicknats bin ich! Und die Tropfen bestehen aus Wasser und aufgelöster Lakritze.«
    »Boris Michailowitsch, was ist aus dir geworden!«
    Saparin

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