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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verstecken, Euer Hochwohlgeboren?«
    »Wozu?« sagte Gurjew. Er zupfte an seiner roten Binde.
    Vor dem Haus ertönte Lärm und Klirren. Einige Stimmen riefen, Pferde schnaubten. Der Alte bekreuzigte sich schnell.
    »Sie sind da. Gott segne Sie!«
    Mit einem Tritt stieß jemand die Tür auf. Wie eine Woge spülten sechs Rotarmisten in den Raum, erstarrten beim Anblick des Offiziers und hoben dann die Gewehre. Gurjew stand auf und lachte.
    »Sieg, Genossen!« rief er. »Es ist gut, daß ich euch treffe. Die Weißen sind zur Steppe ausgewichen …«
    Die Rotarmisten standen erstarrt. Die rote Binde auf einer Uniform des Zaren! Unsicher sahen sie sich um. Ein Mann betrat das Haus, eine Reitgerte in der Hand. Hohe blanke Stiefel trug er, blaue Hosen und um den breiten Oberkörper die Litewka eines Husaren. Auf dem Kopf trug er eine flache Mütze.
    »Nanu?« sagte er, als er Gurjew sah. »Wer ist denn das? Warum lebt er noch?«
    Gurjew verbeugte sich kurz. »Hauptmann Gurjew von der Garde in Petersburg. Von Kommissar Woikow beauftragt, im Süden aus versprengten Rotarmisten eine neue Truppe zusammenzuziehen.«
    Der Mann in der Litewka schlug mit der Reitgerte gegen seine hohen, blanken Stiefel. »Rittmeister Bencken. Fritz Bencken.«
    Gurjew hob die Brauen. »Deutscher, Herr Kamerad?«
    »Ja. 1914 in Gefangenschaft geraten. Von den kommunistischen Freunden 1917 befreit. Kommandeur der 2. mittelsibirischen Brigade der Roten Armee. Noch etwas?« Rittmeister Bencken sah hinüber zu Nadja. Ihr Zustand war nicht zu übersehen. Sie trug ein dünnes Kattunkleid. »Ihre Frau?«
    »Ja.«
    »Und dann in militärischer Mission? Ihren Ausweis, bitte.«
    Gurjew hob die Schultern. »Sie wissen, Kamerad, daß man heute bei delikaten Missionen auf alle Ausweise verzichtet. Fragen Sie bei dem Genossen Woikow an.«
    Bencken wehte mit der Reitgerte durch die Luft. »Wird geschehen! Sie erlauben, Hauptmann, daß ich Mißtrauen habe! Betrachten Sie sich ab sofort als interniert. Sie sind frei beweglich, aber bei Fluchtversuch wird geschossen! Waffen?«
    »Keine, Herr Rittmeister.«
    »Ihr Ehrenwort? Oder Durchsuchung?«
    »Ehrenwort.«
    »Danke. Auch für die Frau Gemahlin gilt meine Anordnung. Bitte um Vergebung, aber die Zeiten sind unruhig.« Er nahm die Hacken zusammen, verbeugte sich ruckartig vor Nadja, schlug mit der Gerte wieder gegen seine Stiefel und verließ mit schnellen kleinen Schritten das Haus. Die Rotarmisten folgten ihm, aber sie bildeten einen Ring um das Gehöft.
    »Was war das?« fragte Nadja. Jetzt erst zitterte sie. Gurjew setzte sich schwer auf einen Schemel. Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    »Ein deutscher Bolschewist! Wir müssen unseren Mut in beide Hände nehmen, Nadjuscha. Wir müssen weg von ihm, sobald es sich machen läßt. Ein deutscher Bolschewist in russischem Dienst – das ist so ziemlich der Wegweiser zur Hölle …«
    Am nächsten Tag brach die Kolonne der Rotarmisten wieder auf. Eine ganze Kompanie war es, wie Gurjew jetzt sah, mit Troß und Werkstattwagen. Eine kleine, gutausgerüstete, straff geführte Kampftruppe.
    »Ihren Tarantas lassen Sie hier«, sagte Bencken zu Gurjew, der seinen Wagen wieder beladen wollte. »Er hindert den zügigen Vormarsch. Packen Sie Ihre Sachen auf ein Troßfahrzeug. Ihre Gattin kann im Werkstattwagen reisen. Ihnen lasse ich einen Sattel bringen, und wir reiten zusammen an der Tête in eine neue Zeit! Was halten Sie davon?«
    »Es ist ein fast romantischer Vorschlag, Herr Kamerad«, sagte Gurjew. Die Hoffnung, bei einer passenden Gelegenheit zu flüchten, sank zusammen.
    Das Dorf Makinskaja lag ausgestorben unter dem Wind, als die rote Kompanie abrückte. Gurjew ritt an die Spitze, nachdem er gesehen hatte, daß Nadja im Gerätewagen gut aufgehoben war. Man hatte ihr eine Matratze gegeben, auf der sie nun lag und zurück auf den aufgewirbelten Staub sah.
    »Bleib bei mir!« flehte sie und hielt seine Hände fest, als Nikolai ihr eine Flasche mit Wasser und Zitronen brachte. »Was haben sie mit uns vor?«
    »Wir ziehen den Weißen entgegen. Bencken will den Kampf. Er lebt vom Siegen.«
    »Und wir, Niki? Was wird aus uns?«
    »Wir müssen mitziehen, bis es zur Schlacht kommt. Dann hilft uns nur Mut und kaltes Blut.« Er beugte sich vom Pferd aus zu ihr, küßte sie und streichelte über ihre aufgelösten Haare. »Noch zwei Tage … die Kosaken Denikins sind in der Nähe.«
    Nadja klammerte sich an seinen Uniformrock. Sie spürte, welcher Gefahr sie entgegenfuhren. »Wo

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