Die Tochter des Teufels
willst du hin, Niki? Bleib neben mir …«
»Er will mich neben sich haben.« Gurjew löste die Finger Nadjas aus seinem Uniformstoff. Er küßte die kalten, schmalen Hände, versuchte ein jungenhaftes Lachen, gab dem Pferd die Sporen und sprengte an die Spitze der roten Truppe.
Bencken wandte den Kopf zur Seite. »Frau beruhigt?«
»Ja.«
»Angst?«
»Ja.«
»Vor mir?«
»Wundert Sie das, Bencken?«
Fritz Bencken lachte hell. Er schlug sich auf die Schenkel und fiel in einen Trab. Gurjew folgte ihm. Sie ritten nun der Truppe weit voraus. Plötzlich hielt Bencken an und hob die Hand. Gurjew zügelte sein Pferd.
»Sie haben Mut«, sagte Bencken hart. »Ich liebe mutige Männer, Gurjew.«
»Wieso sollte ich Mut haben, Bencken?« Gurjew sah in die harten grauen Augen des Deutschen.
»Sie belügen mich die ganze Zeit und benehmen sich dabei wie ein Kavalier. Können Sie auch so stolz sterben?«
»Ich nehme es an, Bencken.«
»Wir werden sehen. Es wird sich bald Gelegenheit dazu bieten.«
Dann jagten ihnen die Späher entgegen. Burjätische Reiter auf kleinen, struppigen, fahlen Pferden. »Aha!« sagte Bencken ruhig, als er sie am Horizont aus der Steppe auftauchen sah. »Aha!«
»Die Kosaken!« schrien die Burjäten, als sie heran waren. Die Pferde stiegen hoch und flockten. »Weiße Kosaken. Ein paar hundert. Wohin man sieht: Pferde! Nach Norden ziehen sie!«
»Uns entgegen!« Bencken spielte mit seiner Reitgerte über dem dampfenden Hals seines Pferdes. »Die 2. Schwadron. Sie ist mir schon seit drei Wochen gemeldet. Ein Ataman Sergej Kubulai führt sie. Eine gute Truppe.« Er sah sich zu Gurjew um. »Gilt Ihr Angebot; aufrecht zu sterben?«
»Es gilt, Bencken!«
»Dann zurück. Dort am Hügel, den Hang am Rücken, igeln wir uns ein!« Bencken zeigte mit der Gerte auf eine kleine Erhebung in der Steppe. Die rote Kompanie hatte sie gerade erreicht und schob sich heran. »Die Maschinengewehre auf den Hügel und über die eigenen Köpfe weg! Die Fahrzeuge zu einem Ring gefahren! Granatwerfer und Scharfschützen an die Flanken!« Bencken ließ die Gerte sinken. »Was übernehmen Sie, Gurjew?«
»Den Schutz meiner Frau.«
»Das ist zu bürgerlich, Gurjew. Sie kommen mit mir zum Igel. Sie werden mit mir auf die weißen Kosaken schießen! Ich stehe hinter Ihnen … wenn Sie nicht zielen, sondern nur in die Luft feuern, erledige ich Sie. Wir verstehen uns, Gurjew?«
»Wir verstehen uns, Bencken.«
Der Igel stand und starrte von Waffen, als sich am Horizont in breiter Front die Kosaken des Atamans Kubulai zeigten.
Rittmeister Bencken überblickte seine kleine Festung. Sie war gelungen.
»Die erste Salve nur auf die Pferde!« schrie er noch einmal zu den Maschinengewehren und Scharfschützen. »Die zweite Salve auf die Männer! Dann die Granatwerfer in die Knäuel. Und herankommen lassen! Nicht nervös werden, Kinder! Nahe heran und dann Finger durch!«
Über die Steppe jagten die Kosaken. Staubwolken hüllten sie ein. Als sie die roten Truppen sahen, hatten sie sofort mit Schreien begonnen. Schrill, tierähnlich, entsetzlich. Die Krummsäbel blitzten in der Sonne, die Lanzen wurden gefällt, unter den donnernden Hufen der Pferde spritzte das Gras auf und flogen die Erdbrocken durch die heiße Luft. Ein schrecklicher Anblick war es …
Ruhig überblickte Bencken die Lage. »Sie kommen in drei Wellen«, stellte er fest. »Nicht dumm von Kubulai. Aber sie reiten zu eng aufeinander. Wenn die erste Welle stürzt, reiten die anderen in die Knäuel und werden mitgerissen. Man sollte bei solchen gestaffelten Attacken mindestens hundert Meter zwischen den einzelnen Wellen lassen! Was ist Ihre Meinung, Gurjew?«
Nikolai starrte auf den heranbrausenden Tod. Schon konnte man Gesichter erkennen … aufgerissene Mäuler, schwitzend, rot, brennend vom Schreien und Reiten.
»Wann werden Sie das Feuer freigeben?« fragte Gurjew heiser.
»Wenn ich ihre Augen klar sehen kann.« Bencken lachte leise. »Sie sind ein guter Reiter und Russe, Gurjew, aber kein deutscher Soldat! Ihr Menschenpotential unter deutscher Führung … die Welt gehörte in einem Jahrzehnt uns! – Aufpassen! Noch wenige Meter!«
Bencken hob die Hand hoch empor.
Ein Horizont voll dampfender, keuchender Pferde. Flatternde Mähnen, geblähte Nüstern, Lanzenspitzen, Säbelblitzen in der Sonne, Geschrei … Hurra! Hurra …! Wirklich, die schreien Hurra! Staubwolken, bebende Erde, ein Himmel voll Sand … Hurra! Hurra …!
Bencken ließ die Hand
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