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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stimme.
    Aaron Bubka hob die Augenbrauen. »Wer kennt ihn nicht …«, antwortete er vorsichtig.
    »Ich bin seine Tochter.« Nadja Gurjewa sah Bubka ernst an. Und jetzt begriff Bubka auch, was ihn die ganze Zeit gefesselt hatte, was ihn dazu bewogen hatte, das Geheimnis des Schiffes preiszugeben, obgleich er die Menschen, die da in seinen Laden gekommen waren, nie zuvor gesehen hatte und sie doch vom ersten Augenblick sein Herz anrührten.
    Die Augen Rasputins. Der magische Blick des heiligen sibirischen Bauern! In den Augen Nadja Grigorijewnas kehrte er wieder.
    Aaron Bubka senkte den Kopf. »Lassen Sie die Steine sehen«, sagte er mit belegter Stimme. »Natürlich, ich zweifle nicht an ihrer Herkunft. Ich werde sie verkaufen, sehr gut verkaufen. Und ich werde für Sie Plätze auf dem Schiff reservieren lassen. Das ist ganz sicher. Wann wollen Sie an Bord kommen?«
    »Ich weiß es nicht.« Nikolai Gurjew wandte sich ab und trat an die große Fensterscheibe. »Vielleicht brauchen wir das Schiff gar nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Wenn Wladiwostok in den Händen der Armee bleibt. Das Volk wird sich gegen die rote Flut stemmen.«
    »Das Volk!« Aaron Bubka spuckte aus. »Was verlangen Sie von ihm, Euer Gnaden? Seit tausend Jahren wird es getreten, jetzt verspricht man ihm die volle Freiheit! Ja, sogar eine Volksregierung soll es werden! Kennen Sie einen Löwen, der nach tausend Tagen Gefangenschaft nicht wild wird, wenn er Blut riecht?«
    »Warten wir es ab, Aaron Prokopiwitsch.« Gurjew zog seinen zerschlissenen Rock aus. »Probieren wir einen Anzug an … er ist uns jetzt am nächsten auf der Haut.«
    Während Gurjew drei Anzüge anprobierte und Nadja unter sieben Kleidern wählen konnte, beugte sich Bubka in einem unbeobachteten Augenblick zu ihr hinab.
    »Das Schiff wird auslaufen, sobald die roten Truppen einrücken«, flüsterte er.
    »Ich bringe Ihnen morgen die Brillanten«, antwortete Nadja leise.
    Dann kam Gurjew zurück, in einem braunen Anzug, der ihm gut paßte. Nur die Ärmel waren zu lang. »Die wird Klobkow umändern«, sagte er.
    Sie kauften den Anzug und zwei Kleider für Nadja, und sogar Kleidung für die kleine Helena hatte Bubka in seinem Laden. Mit einem dicken Paket kamen sie zurück und trafen den Schneider Klobkow bei einer merkwürdigen Arbeit an. Statt der Nähmaschine bediente er eine Handpresse, aus der bedruckte Zettel in einen eisernen Kasten fielen. Klobkow schwitzte dabei und war sehr verlegen, als Gurjew und Nadja eintraten. Es war seine Schuld, er hatte vergessen, die Tür zu verriegeln.
    »Was ist denn das?« fragte Gurjew und blieb an der Tür stehen.
    »Eine handbetriebene Druckpresse, Euer Gnaden«, sagte Klobkow und wischte sich den Schweiß aus den Augen.
    »Und was drucken Sie da?«
    »Flugblätter.« Der Schneider Klobkow nahm einen der bedruckten Zettel und hielt ihn hoch. »Genossen! Frauen! Werktätige aller Schichten! Der Tag der Befreiung ist gekommen! Die Roten Armeen werden auch Wladiwostok erobern und Ordnung in einem Land schaffen, das bisher von der Feudalklasse ausgebeutet und geknechtet wurde. Helft den kommunistischen Genossen bei der schweren Arbeit! Baut auf das neue Rußland! Dient der Revolution, die das Menschenrecht auf ihre roten Fahnen schreibt. Genossen …«
    »Sind Sie verrückt?« rief Gurjew. »Das ist ja ein bolschewistisches Manifest!«
    »Natürlich.« Der Schneider Klobkow lehnte sich gegen seine alte Presse. »Euer Gnaden, es ist nun mal so … wir sind eine kommunistische Familie. Schon seit Jahren.«
    »Und Sie nahmen uns auf? Ausgerechnet Sie einen zaristischen Offizier?«
    »Der Mensch ist ein merkwürdiges Geschöpf! Er denkt auf zwei Ebenen. Menschlich und politisch. Was geht den Kommunisten Klobkow an, was der Mensch Klobkow fühlt, und umgekehrt? Als Mensch habe ich Hochachtung vor Ihnen, Euer Gnaden … immerhin arbeitete ich zwanzig Jahre lang für Offiziere und Adelige und habe ihnen die Uniformen genäht und die Galafräcke. Aber als Kommunist muß ich Sie anspucken! Sie Schädling des Volkes! Im Augenblick bin ich Kommunist und drucke Flugblätter! Was wollen Sie, Gurjew?«
    »Ich bringe einen Anzug. Man muß die Ärmel kürzen.«
    »In einer Stunde, Genosse!« Klobkow drückte wieder auf den Hebel seiner Handpresse. Der Tiegel krachte auf ein neues Blatt. »Ab sechs Uhr abends können Sie wieder den Schneider Klobkow sprechen. Und jetzt hinaus, Genosse! Die Revolution duldet keine Unterbrechung …« Kopfschüttelnd verließ Gurjew

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