Die Tochter des Tuchhandlers
brachte, die Poggios hätten Verbündete in Lucca. Aus Agozzinis Brief ging hervor, dass der Papst einen Verbündeten hier in Lucca hat, der ihm helfen soll, seinen illegitimen Sohn Alessandro in Florenz an die Macht zu bringen. Die Belohnung für den Luccheser Verräter liegt in einer hohen Summe und Ãmtern, denn der Papst will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Lucca unter die Herrschaft der Signoria bringen.«
»Mein Gott, wie lauten die Namen?«, drängte er sie atemlos.
»Wir wurden gestört, weil der Marchese und später die Marchesa dazukamen. Mari hat nichts weiter gesagt.«
Federico knetete den Knauf seines Gehstocks und sah sie prüfend an. »Verheimlicht Ihr mir nichts? Es ist wichtig und nur zu Eurem eigenen Schutz.«
»Wieso zu meinem Schutz?«
»Glaubt mir einfach. Irgendwann kommt die Zeit, dann versteht Ihr, aber bis dahin ist es sicherer für Euch, nichts zu wissen.« Er fixierte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Ihr wisst wirklich nicht mehr?«
»Nein! Sonst würde ich nicht fragen!«
»Vielleicht ist es ja so. Nun, wir werden sehen.«
Sie wartete, bis er zur Tür hinaus war, bevor sie wütend mit den Händen auf das Bett trommelte. Ines kam herein.
»Ich habe gelauscht, aber nicht alles verstanden.«
»Dann bist du so klug wie ich, Ines. Langsam habe ich es satt! Wenn mein Mann nichts mit Agozzinis Tod und dem Verschwinden von Mari zu tun hat, warum ist er dann so beunruhigt deswegen?«
»Meiner Meinung nach ist der Marchese darin verwickelt. Er ist ein Freund Eures Mannes. Vielleicht ist er deswegen nervös, Madonna. Ich bin nur eine einfache Zofe, aber ich verstehe so viel, dass Lucca eine Republik ist, die ihre Freiheit teuer bezahlt â mit Abgaben an den Kaiser. Gleichzeitig müssen wir Frieden mit dem Papst halten und uns vor der Signoria schützen, und auf mehreren Hochzeiten zu tanzen ist immer unmöglich!«
»Nehmen wir an, das Blatt wendet sich und der Papst und die Franzosen gewinnen den Krieg, dann werden Clemensâ Truppen und Florenz über Lucca herfallen, das ist sicher. Wenn Connucci am Mord Agozzinis beteiligt ist, werden er und seine Komplizen das teuer bezahlen müssen. Aber wenn der Kaiser gewinnt, stehen sie umso besser da.«
»Aber wer kann jetzt sagen, welche Seite gewinnt?«
Beatrice lieà sich in ihre Kissen sinken und legte die Hände auf ihren Bauch. »Und die Frage ist doch, ob bei diesem Krieg überhaupt jemand der Gewinner sein kann â¦Â« Im Grunde ging es immer nur um persönliche Rachefeldzüge. Der Kaiser hasste den französischen König und wollte Italien nur besetzen, weil er Franz I. nicht die Genugtuung lassen wollte, das Kernland des alten Römischen Reiches zu besitzen. Der Papst war ein Medici und wollte die Macht des Vatikans und seiner Familie in Florenz gleichzeitig erhalten. Für diese Männer war Lucca nur ein unbedeutender Stein auf ihrem Spielbrett. Aber jemand, der seine Heimat verraten wollte, hatte persönliche Motive. Beatrice war nun davon überzeugt, dass der Mord an Agozzini zum Schutz von Lucca begangen worden war. Der Verräter jedoch, den Agozzini hatte treffen wollen, hatte einen anderen Grund für seine ungeheuerliche Tat. Vielleicht wollte er sich an jemandem rächen? Vielleicht war Hass sein Motiv? Unwillkürlich dachte sie an Marcina. Diese Frau hatte allen Grund, sie zu hassen, und Tomeo hatte sie vor ihr gewarnt.
In dieser Nacht träumte Beatrice von Soldatenhorden, die Lucca überfielen und jeden, der sich nicht retten konnte, auf grauenvolle Weise dahinschlachteten. Die Gesichter der Soldaten waren enthäutete Totenschädel, und auf ihren SpieÃen wanden sich Kinderleiber. Als sie gegen Morgen aus ihrem Albtraum erwachte, dauerte es Stunden, bis sie die Bilder abgeschüttelt hatte. »Ich gehe in den Garten hinunter, Ines. Die Sonne scheint.«
»Ich packe derweil Eure Sachen zusammen. Wollt Ihr auch einige Bücher mitnehmen?«
»Unbedingt!« Die Aussicht auf den baldigen Umzug besserte ihre Stimmung, und sie wollte gerade hinausgehen, als ihr siedend heià die Stoffe für Matraia einfielen. »Ines, lass alles stehen und liegen! Geh sofort zu Ugo und beknie ihn wegen unserer Stoffe!« Wie hatte sie das nur vergessen können! Erst als sie Ines in Fabios Begleitung das Haus verlassen sah, wurde sie ruhiger und ging in den Garten, aus
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