Die Tochter des Tuchhandlers
die Geste. »Aber natürlich! Meine Ideallösung ist zwar ein freies Italien, aber bevor die Pfaffen unser Land mit der Inquisition überziehen wie in Spanien oder Frankreich, ertrage ich lieber den Kaiser.«
Das waren ungewohnte Töne vonseiten des Marchese, zumindest für Beatrice, die ihn nur gelegentlich sah. »Ist Euer Bruder nicht Bischof?«, fragte sie.
»Muss man sich nicht immer alle Türen offen halten?« Connucci spieÃte einen Pilz mit seinem Messer auf. »Wisst Ihr, wer gewinnen wird? Wenn die Kaiserlichen zerschmettert am Boden liegen, kann ich mich immerhin darauf berufen, einen Bruder auf der Seite der Sieger zu haben.« Er grinste.
»Ihr seid ein furchtbarer Opportunist, Connucci.« Federicos Bemerkung klang scherzhaft.
»Opportunisten leben länger und gesünder. AuÃerdem, hat nicht letztens jemand gesagt, dass wir Aristokraten unser Fähnlein immer nach dem Wind hängen?«
Noch auf der Hochzeit war es dieser Bemerkung wegen fast zu einem Schlagabtausch gekommen. Beatrice blieb das Beziehungsgeflecht der Männer ein Rätsel. Der Einzige, der die ganze Zeit über kein Wort sagte, war da Sesto. Er stocherte mit finsterer Miene in seinem Essen und lieà sich ein Glas Wein nach dem anderen einschenken. Warum Connucci sich mit dem aggressiven und launischen Rodolfo abgab, konnte Beatrice nicht verstehen, vielleicht brauchte der Marchese einen stets präsenten Bewunderer, und den hatte er in da Sesto gefunden. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, tauchte Andrea mit einem Krug Wein auf, beugte sich vertraulich zu Federico und schenkte ihm nach, obwohl dessen Glas noch fast voll war. Dann ging er zu Connucci, der ihm wohlwollend auf die schmale Hüfte klopfte.
»Danke, mein Guter. Ich bin bestens versorgt.«
Andrea verneigte sich und ging davon. Wie eine Raubkatze kam er Beatrice vor, geschmeidig, lautlos und bereit zuzuschlagen, wenn sich die Gelegenheit bot.
»Ihr scheint unseren Andrea nicht zu mögen, Beatrice?« Connucci zog amüsiert eine Augenbraue in die Höhe.
»Er ist mir gleichgültig. Ich weià nicht, was Ihr meint.«
Federico lehnte sich zurück, nachdem er seinen Teller von sich geschoben hatte. »Ja, das würde mich auch interessieren. Was habt Ihr gegen Andrea? Ich hatte schon öfter den Eindruck, Ihr könntet Ihn nicht leiden.«
»Würdet Ihr es angemessen finden, wenn Ines mich auf den Mund küsst?«
Federico sah sie überrascht an. Connucci stutzte und lachte herzlich. »Ihr seid köstlich, Beatrice, wirklich! Wenn Ihr mich fragt, ich würde Euch gerne dabei zusehen.«
Beatrice errötete und schämte sich ihrer Naivität. Die anderen Gäste hatten von ihrem Gespräch nichts mitbekommen, denn die Musiker spielten zum Tanz auf, und Eredi Vecoli war es gelungen, den mürrischen da Sesto in ein Gespräch zu verwickeln.
»Wurdet Ihr auch von Luparini zum Verhör gebeten?«, wandte sie sich an Connucci, um ihre Unsicherheit zu überspielen.
»Sicher. Alle hier anwesenden Männer waren dort, bis auf Eredi Vecoli. Unser Eredi ist als Sängerknabe bekannt, und man traut ihm eine Verwicklung in etwas Grausameres als einen Bänkelsängerstreit wohl nicht zu.«
Eredi hob bei der Erwähnung seines Namens den Kopf. »Habt Ihr über mich gesprochen?«
»Schon gut, Eredi, ich habe nur gesagt, dass Ihr ein Troubadour seid!«, rief Connucci und lachte.
Eredi schmetterte zur Antwort eine Strophe aus einem Lied und wurde dafür mit begeistertem Applaus und der Aufforderung zu einer Kostprobe seines Könnens belohnt. »Ihr habt es so gewollt â¦Â«
Er stand auf und ging um die Tische herum zu den Musikern, die erwartungsvoll ihre Instrumente senkten, um zu hören, was er singen wollte. Während des Vortrags beugte sich Federico zu Beatrice und sagte leise: »Andrea ist ein loyaler Diener. Alles andere geht Euch nichts an, und wenn Ihr weniger prüde wäret, hättet Ihr eine solch peinliche Bemerkung nicht gemacht.«
Sie schluckte und fühlte sich einmal mehr von ihm gedemütigt.
»Ihr seht blass aus. Vielleicht ist es besser, Ihr legt Euch hin.«
»Erst bittet Ihr mich zu kommen, und jetzt schickt Ihr mich fort wie ein ungezogenes Kind. Bitte, ganz, wie es Euch beliebt.« Wütend stand sie auf und stieà ihren Stuhl nach hinten, bevor ein Diener ihn wegziehen konnte. Ohne auf das
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