Die Tochter des Tuchhandlers
es zumindest nicht. Federicos finanzielle Mittel mussten äuÃerst beschränkt sein. Was hatte er in Rom vor? Tomeo verabschiedete sich von Ines und Meister Ugo und machte sich auf den Weg zum Palazzo Connucci, der nicht weit von der Via Guinigi entfernt lag. Bevor er der Komödiantentruppe nach Perugia folgte, würde er noch einiges zu klären haben.
XXXI
Der Auftrag des sicario
Der schlanke Mann mit dem dunklen Umhang war kaum mehr als ein Schatten in der Loggia della Cosmografia. Die umhereilenden Priester und päpstlichen Beamten schienen ihn nicht wahrzunehmen, und niemand sah sich nach ihm um, als er in das Vorzimmer Flaminis trat. Der Abbreviator sah auf und erhob sich sofort, um ihn seinem Vorgesetzten zu melden.
»Der, den Ihr erwartet, ist gekommen.« Doch als sich der Beamte umdrehte, stand der sicario bereits hinter ihm im Raum.
Flamini entglitt das Petschaft, das geräuschvoll über den Tisch rollte und mit klirrendem Ton auf die Fliesen fiel. »Könnt Ihr das nicht lassen? Ich erschrecke mich jedes Mal zu Tode, wenn Ihr wie ein Geist hier herumschleicht.«
Ein schmales Lächeln huschte über die Lippen des sicario . »Danke, Euer Eminenz.« Er fasste Flaminis Worte als Kompliment auf, denn der Tod war sein Geschäft, und dazu wäre es von Nachteil, wenn man ihn schon von weitem bemerkte.
»Was?« Nervös bückte sich der Geheimsekretär nach dem Siegelstempel und legte ihn in eine Schale auf dem Tisch. »Setzt Euch.«
»Ich stehe lieber, eine Berufskrankheit, danke, Eminenz.« Das undurchdringliche Gesicht blieb im Halbschatten, wo der sicario ruhig auf die Befehle Flaminis wartete.
Flamini stand auf und kam um den reich mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch herum. Seine stechenden Augen musterten kurz den sicario und fixierten dann das Fenster. Mit auf dem Rücken verschränkten Händen wippte er eine Weile auf den FuÃspitzen hin und her. »Wir sind nicht zufrieden!«
Der sicario schwieg, denn seine Aufgabe hatte er erfüllt. Für das Versagen des Sekretärs Mari konnte er nichts.
»Ihr hättet besser auf Mari aufpassen müssen!«, entfuhr es Flamini.
»Ich hatte den Auftrag, den Drahtzieher der Verschwörung zu finden, und das habe ich getan. Die Marchesa Connucci ist tot.«
Wütend wirbelte Flamini herum. »Ja, aber jetzt werde ich erpresst. Jemand aus Lucca hat Alessandro deâ Medicis Brief, der im Dom übergeben wurde, und will ihn dem Kaiser zuspielen, wenn ich nicht innerhalb von zehn Tagen die irrsinnige Summe von zweitausend Scudi aufbringe. Ihr müsst diese Person finden, eliminieren und den Brief sicherstellen!«
Seine Heiligkeit würde auÃer sich sein, wenn der Brief in die Hände Karls V. gelangte. Alle Beteuerungen von Clemens, dass er mit dem Komplott nichts zu schaffen hatte, wären dann als Lügen enttarnt, und auch auf die Morone-Pescara-Affäre würde das ein anderes Licht werfen. Die Verhandlungen zwischen Franz und Karl schienen zu einer Einigung zu führen, und ein Friede kam endlich in Sicht. Aber dieser Brief konnte das gesamte Kartenhaus aus Versprechungen und Verträgen zusammenstürzen lassen. »Habt Ihr einen Verdacht?«
»Ich?« Flamini stellte sich mit geballten Fäusten vor den sicario , der die knollige Nase und die vernarbte Gesichtshaut des Geheimsekretärs allzu deutlich erkennen konnte. »Das ist nicht meine Aufgabe! Ihr werdet dafür bezahlt, so etwas herauszufinden, wenn Ihr es noch nicht wisst!«
Flaminis Atem roch faulig, und der sicario trat einen Schritt zurück. »Seid vorsichtig, Eminenz. Vergesst nicht, wen Ihr vor Euch habt«, sagte er gefährlich ruhig und leise.
Doch Wut und Angst machten Flamini haltlos. »Ihr wagt es, mir zu drohen? Ihr seid Abschaum aus der Gosse! Von Eurer Sorte gibt es Hunderte, und wenn es mir beliebt, lasse ich einen anderen auf Euch ansetzen!«
Die schmalen Augen des sicario verengten sich kurz, seine Nasenflügel bebten. »Ich bin nicht der Einzige in diesem Zimmer, der aus der Gosse stammt, und ich bin der Beste meiner Zunft. Deshalb habt Ihr mich angeworben, oder nicht, Eminenz?«
Die Stimme des sicario war leise, doch sie schnitt schärfer als eine Damaszenerklinge und brachte Flamini zur Besinnung. »Verzeiht. Ich bin nicht Herr meiner selbst, seit ich diesen elendigen Erpresserbrief erhalten habe. Also â¦Â« Der Geheimsekretär ging
Weitere Kostenlose Bücher