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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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unergründlichen Ausdruck an. Durch die Strapazen der letzten Wochen wirkte sein Körper hager, die Wangenknochen zeichneten sich schärfer ab. »Was denkt Ihr denn?«, durchbrach er endlich das Schweigen.
    Â»Dass dieser Brief der Grund für den Tod Agnello Agozzinis ist.«
    Â»Und?«
    Wie hatte sie so dumm sein können? Wenn Federicos Überraschung nicht gespielt war, dann musste Ser Buornardi den Brief bei Tomeos Dokumenten gefunden haben. Nicht Tomeo, dachte sie.
    Â»Nun?« Aufmerksam beobachtete Federico sie.
    Â»Euer Vater hat den Brief wohl bei Euren Dokumenten gefunden, denn ich glaube nicht, dass er den Legaten getötet hat.«
    Federico lächelte schief. »Wohl kaum. Er war ein alter, gebrechlicher Mann. Und jetzt folgert Ihr daraus, dass ich der Mörder bin?«
    Sie schwieg.
    Â»Danke für Euer Vertrauen, Beatrice.«
    Â»Ich habe wenig Grund, Euch zu vertrauen, obwohl ich mir große Mühe gebe.«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Wart Ihr es? Habt Ihr den Mann in der Nacht vor unserer Hochzeit getötet?« Sie stand auf und hielt ihm den Brief hin.
    Â»Ich war nicht der einzige Buornardi, der in der Mordnacht unterwegs war. Habt Ihr daran schon gedacht?« Er betrachtete sie spöttisch und fügte angesichts ihres Schweigens hinzu: »Ja, das habt Ihr, und es scheint Euch nicht zu gefallen. Beatrice, ich habe den Legaten nicht ermordet.«
    Seine Stimme klang fest und überzeugend. Sie nickte, hob die raschelnde Seide ihres Kleides an und machte einen Schritt zur Tür.
    Â»Und nun?« Er wog das Schreiben auf der offenen Hand.
    Â»Das ist Eure Angelegenheit.«
    Â»Wer weiß noch von diesem Brief?«
    Â»Niemand außer Agostino Nardorus und mir. Euer Vater ist bei Nardorus im Kontor gestorben, wie Ihr wisst.«
    Federico steckte den Brief in den Gürtel seiner Hose. »Ihr versteht Euch gut mit ihm?«
    Verärgert fuhr sie ihn an: »Er ist der Einzige hier, der mich nicht nur wie ein Stück Ware behandelt. Er und Euer Vater, den ich sehr vermisse, denn er hat mir zugehört und Wert auf meine Meinung gelegt.«
    Â»Wenn ich Eure Meinung nicht hören wollte, stünden wir nicht hier.«
    Â»Ohne den Brief wäre ich gar nicht gekommen, und wir hätten kein Wort miteinander gewechselt.« Sie war wütend auf ihn und seine Überheblichkeit und gleichzeitig verzweifelt, weil ihr schmerzlich bewusst war, dass sie ohne Ser Buornardi allein in diesem Haus war. Hinzu kam die Angst, dass sie Tomeo geschadet hatte, indem sie Federico den Brief gezeigt hatte. In ihrem Magen zog es, und ein reißender Schmerz erfasste ihren Unterbauch. Sie schrie auf, krümmte sich zusammen und presste die Hände auf den Leib.
    Trotz seiner Verletzung war Federico sofort bei ihr, hob sie auf seine Arme und trug sie in sein angrenzendes Schlafzimmer. »Andrea!«, rief er.
    Durch eine Wand aus wellenartig wiederkehrenden Schmerzen, die sich anfühlten, als risse es inwendig an ihren Gedärmen, nahm Beatrice nur verschwommen wahr, was um sie herum geschah. Jemand legte ein kühles Tuch auf ihre Stirn und strich ihr beruhigend über die Haare. »Schsch, es geht vorbei. Ganz tief atmen.«
    Â»Ines?« Schluchzend suchte sie nach der Hand ihrer Zofe. »Was ist das? Ines, ich habe Angst.« Statt ihrer Zofe fand sie jedoch Federico neben sich, der ihre Hand drückte und immer wieder zur Tür sah.
    Â»Gleich kommt Eure Zofe, Beatrice. Es ist meine Schuld, ich hätte Euch nicht aufregen dürfen.« Seine Stimme und seine Berührung waren voller Mitgefühl, und sie wollte den Mund öffnen, um etwas zu sagen, doch die nächste Welle aus stechenden Schmerzen, die ihren Leib malträtierten, erfasste sie.
    Â»Endlich!« Federico stand auf und überließ Ines seinen Platz. »Soll ich den Medicus holen lassen?«
    Mit resoluter Miene erfasste Ines die Situation. »Das hier ist Frauensache, auch wenn ihr Männer der Grund dafür seid. Ich brauche eine Kräuterfrau. Lasst Plantilla holen, sie kennt sich mit Schwangeren aus. Jetzt alle raus hier!«
    Gehorsam entfernten sich Federico und Andrea, der Ines herbeigeholt hatte. Als die Männer gegangen waren, befreite Ines ihre Herrin von dem beengenden Mieder, schob die Unterkleider hoch und tastete den leicht gewölbten Leib ab. »Kein Blut. Konzentriert Euch auf die Atmung und presst nicht, auch wenn Ihr das Gefühl habt, Ihr könnt

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