Die Tochter des Tuchhandlers
der Truppen spitzte sich zu. Der Sieg bei Pavia war politisch und strategisch von groÃer Bedeutung, aber die Unzufriedenheit der Soldaten war dadurch nicht gemindert worden. Frundsberg und sein goldenes Seil machten ihm Angst. Blinder Fanatismus konnte eine gefährliche Eigendynamik entwickeln.
Tomeo knöpfte die Hose zu, legte seinen Gürtel um und warf einen Beutel mit Goldmünzen auf das Bett. »Sprecht Ihr überhaupt Französisch?«
»Ich spreche alles, was gewünscht wird.« Livia räkelte lasziv ihre Glieder.
»Der König wird Eure Vielseitigkeit zu würdigen wissen. Auf bald, Livia.«
Sie warf ihm eine Kusshand zu. »Bevor ich es vergesse, es gibt jemanden, der Euch sprechen möchte.«
Fragend hob er die Augenbrauen.
Die Kurtisane zog an einer Kordel neben ihrem Bett, und eine schwarze Dienerin kam lautlos herein. Tomeo war so überwältigt von der gazellenartigen Schönheit der jungen Frau, dass er sie nur sprachlos anstarrte. Sie trug nichts auÃer goldenen Armreifen, Ketten und einem Schurz. Ihre ebenholzfarbene Haut glänzte, als wäre sie eingeölt, und bei jeder Bewegung zeichneten sich im Schimmer der Kerzen perfekt proportionierte Muskeln ab. Die kurz geschorenen Haare wurden von einem goldenen Stirnband geziert. Mit demütig gesenktem Blick und dennoch stolzer Haltung wartete die Sklavin auf den Befehl ihrer Herrin.
»Gefällt sie dir? Du kannst sie haben, wenn du willst.« Livias Geschäftssinn witterte eine Gelegenheit.
»Vielleicht beim nächsten Mal.« Tomeo wandte sich zur Tür.
»Faustina, bring den Signore zu unserem Gast.«
Ohne ihn anzusehen, schritt die Sklavin an Tomeo vorbei und führte ihn in den zweiten Stock des geräumigen Stadtpalasts. Die Ausstattung des Hauses spiegelte den Erfolg seiner Bewohnerin in kostbarem Mobiliar, Wandbehängen und Gemälden wider. Alle Bilder und Skulpturen hatten den menschlichen Körper zum Thema und bestachen durch Ãsthetik und Schamlosigkeit. Livia Fiorentina wusste ihre Kunden auch visuell zu stimulieren.
Die Sklavin stieà eine Tür auf und lieà ihn in ein orientalisch ausgestattetes Gemach eintreten. Neben einem Diwan stand eine Wasserpfeife, und es roch süÃlich nach Tabak, Blumen und Gewürzen. Mit einer zeremoniell anmutenden Bewegung hob Faustina den Vorhang zu einem Nebenraum und trat zur Seite.
»Ihr?« Ungläubig betrat Tomeo das Gemach, aus dem ihm der schwere Duft von Patschuli und Rosenöl entgegenschlug.
Dunkle Haare fielen offen über den Rücken einer Frau, deren Profil sich gegen das Licht eines Kerzenleuchters abzeichnete. Sie trug ein kurz unterhalb des Busens geschnürtes Kleid, unter dessen violettem Stoff sich die Rundung ihres Bauches andeutete. Schützend legte sie die Hände auf ihren Leib und wandte sich ihm zu. »Ja, ich, Tomeo Buornardi. Was habt Ihr denn gedacht, wo ich wäre? Soll ich mich in einem Kloster verkriechen oder irgendwo auf dem Land in einem einsamen Gehöft, zwischen Schafen, Hühnern und Ratten, und dort warten, bis es so weit ist?« Wie ein Dolch zerschnitt ihre Stimme die schwüle Atmosphäre.
»Hat Euch mein Anblick die Sprache verschlagen?«, fauchte Marcina Porretta, und ihre mandelförmigen Augen wurden noch schmaler.
»Was wollt Ihr von mir?«
»Euch warnen, Tomeo. Stellt Euch nicht zwischen mich und Federico. Ich weiÃ, dass Ihr mich ablehnt und ich meine Verbannung Euch zu verdanken habe. Euretwegen hat Federico sich von mir abgewandt.«
»Abgewandt? Er zahlt Euch doch genug Geld. Ihr wusstet, dass er verheiratet ist. Ist es nicht vielmehr so, dass er Zweifel an seiner Vaterschaft hat?« Langsam gewann Tomeo seine Selbstsicherheit wieder. Diese Frau war ein wunder Punkt im Leben seines Bruders, ein Fehltritt, der Federico teuer zu stehen kam.
»Das ist nicht wahr! Er ist der Vater, und als ich dieses Kind empfing, war er noch nicht verheiratet.«
Verächtlich schnalzte Tomeo mit der Zunge. »Spielt Euch nicht auf, das steht Euch nicht. Ihr habt doch nicht ernsthaft geglaubt, dass Federico Euch als Ehefrau jemals erwogen hätte, und er war auch nicht der Einzige, mit dem Ihr Euch nach dem Tod Eures Gatten getröstet habt. Ich weiÃ, dass Ihr das Bett nur allzu willig mit dem Marchese geteilt habt.«
Obwohl er sehen konnte, dass sie ihm am liebsten an die Kehle gesprungen wäre, sagte sie kalt: »Das Kind ist
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