Die Tochter des Tuchhandlers
San Donato befragt, ob ich Verdächtige auf dem Weg hierher gesehen hätte. Anscheinend ist jetzt auch noch ein zweiter Sekretär aus dem Vatikan hier in Lucca verschwunden.«
»Nein! Wisst Ihr seinen Namen?« Atemlos hing Beatrice an Tomeos Lippen.
»Es soll ein Sekretär Flaminis sein. Mehr weià ich nicht.«
»Alberto Mari«, flüsterte Beatrice und dachte an dessen dunkle Andeutungen auf dem Fest des Marchese Connucci.
»Wisst Ihr mehr als ich?«
»Hoffentlich täusche ich mich, aber Mari ist ein Freund meiner Eltern, und es wäre schrecklich, wenn ihm etwas zugestoÃen wäre.«
Die Stute schnaubte und begann zu tänzeln. »Fabio! Bring sie in den Stall und gib ihr guten Hafer und frisches Wasser.« Tomeo übergab das edle Tier in die Obhut des Knechts und bot Beatrice seinen Arm. »Ihr wart zwar gerade im Garten, aber vielleicht macht Ihr mir die Freude und begleitet mich auf einen kurzen Rundgang. Das heiÃt, wenn Ihr Euch wohlfühlt?«
Leicht errötend nickte Beatrice und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Danke. Jetzt geht es mir bestens. Eure Mutter ist keine leicht zufriedenzustellende Frau, aber berichtet mir von Genua und dem König. Ich brenne darauf, Neuigkeiten zu hören!«
»Wollt Ihr wissen, welche Haarfarbe der König hat und welche Frauen er bevorzugt?«
Entrüstet sah sie ihn an. »Aber nein! Was geschieht mit dem König, wo stehen die kaiserlichen Truppen jetzt, und wie ist die Bündnissituation?«
Tomeo lachte herzlich. »Ihr seid einzigartig, Beatrice, wirklich. Charles de Lannoy, dieser niederländische Hofkriecher, der jetzt den Thron von Neapel besetzt, sollte Franz I. nach Neapel bringen. So war es von unseren Feldherren beschlossen worden. Von dort sollten die Verhandlungen um die Konditionen seiner Freilassung geführt werden. Jetzt wird unser Gefangener nach Madrid gebracht, fort von italienischem Boden, obwohl wir es waren, die diesen Sieg möglich gemacht haben! Der Kaiser weià nicht, was er tut. Er ist zu jung, zu unerfahren, lässt sich von jedem ins Ohr blasen, anstatt herzukommen und sich zu zeigen, damit wir wissen, für wen wir unser Blut und unser Geld opfern.«
Während sie langsam über die schmalen Wege spazierten, betrachtete Beatrice die Blütenpracht, die sich überall zu zeigen begann. Der Frühsommer war wundervoll, aber die Lage Italiens war alles andere als das.
»Habt Ihr von dem neuen Vertrag zwischen Clemens und Karl gehört, der am 1. Mai verkündet wurde?« Tomeo stieà verächtlich die Luft zwischen den Zähnen aus. »Wieder ein Vertrag, der das Papier nicht wert ist, auf das er geschrieben wurde. Beide Seiten verpflichten sich darin, Mailand gegen jeden Angriff zu verteidigen, und Karl nimmt Florenz, die Medici und den Kirchenstaat unter seinen Schutz. Dafür dürfen die Florentiner allerdings hunderttausend Golddukaten zahlen. Clemens hat wieder taktiert und meint, es war schlau, als Bedingung festzulegen, dass Mailand sein Salz aus den päpstlichen Salinen Cervias beziehen muss und der Herzog von Ferrara Reggio und Rubiera preisgeben soll.«
»Mit den Bedingungen hat Clemens alles kompliziert«, erkannte Beatrice.
»Genau! Karl hat dem Herzog von Ferrara die beiden Städte für genügend Geld überlassen, und Herzog Sforza von Mailand kauft sein Salz nicht aus Cervia, sondern vom österreichischen Erzherzog Ferdinand. Jetzt schreit man in Rom schon wieder von Treubruch, und neue Ränke werden geschmiedet. Pompeo Colonna, Clemensâ Erbfeind, wartet doch nur darauf, dem Papst den Dolchstoà zu versetzen. Rom ist ein Schlangennest, genau wie die Höfe von Madrid und Paris und â¦Â« Er hob in gespielter Verzweiflung die Arme.
»Und am Apennin stehen die Landsknechte und wetzen ihre Ãxte und Schwerter â¦Â« Sie sog den Duft der Rosenblüten ein und setzte sich auf eine Bank.
Tomeo stellte einen Fuà neben ihr auf einen steinernen Sockel.
»Tomeo«, sagte sie leise und sah sich um, doch sie waren allein. »Ich fürchte, ich habe einen Fehler begangen. Ich wollte Euch keineswegs in Schwierigkeiten bringen. Aber Euer Vater hielt den Brief in seinen Händen, als er starb, und â¦Â«
»Ihr konntet nicht wissen, wie die Dinge stehen. Ich auch nicht.« Er schüttelte den Kopf und beugte sich zu ihr. »Vertraut niemandem hier im Palazzo, nicht einmal
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