Die Tochter des Tuchhandlers
standen die Stadtknechte, vierschrötige, mit Degen und Dolch bewaffnete Kerle, neben einem Eselskarren im Hof. Ein Bauer lud Kohl, Artischocken, Sauerampfer und anderes Kleingemüse ab.
»Nein, Signore, ich habe ihn das letzte Mal auf dem Fest des Marchese Connucci gesehen, und da machte er einen recht gesunden Eindruck. Wenn das alles ist, möchte ich mich jetzt entschuldigen.« Ohne seine Antwort abzuwarten, hob sie mit gezierter Bewegung ihren Rock an und schritt die Stufen hinauf ins Haus.
Erst als sie in ihrem Schlafzimmer auf dem Bett lag und Ines die Vorhänge zugezogen hatte, lieà die Anspannung nach. Ihr Herz pochte noch immer zu schnell. Beatrice schloss die Augen, legte die Hände auf den Bauch und spürte zum ersten Mal, wie sich das neue Leben in ihr regte.
»Bewegt es sich?« Ines setzte sich zu ihr und strich Beatrice liebevoll die Haare aus der Stirn. »Eure Eltern werden sicher bis zur Geburt zurück sein. Keine Nachricht ist immerhin eine gute Nachricht.«
»Hmm. Aber du wirst da sein, Ines? Du verlässt mich nicht?«
»Wie kommt Ihr nur auf so dumme Gedanken? Ich werde immer für Euch da sein. Jetzt schlaft ein wenig.«
Von der drohenden Gefahr und dem Verhör erschöpft, dämmerte Beatrice bereits in einen unruhigen Schlaf, der von ihrer besorgten Zofe bewacht wurde.
XIII
Der Gefangene
Es stank nach Kot und Urin. Der säuerliche Geruch von Erbrochenem hing in der feuchtkalten Luft, und Ratten liefen quietschend und respektlos über seinen Körper. Sie hatten ihn schon an den Knöcheln und im Gesicht gebissen. Widerliche Biester! Der korpulente Mann hustete und wälzte sich auf seinem Strohlager auf die Seite. Er spuckte blutigen Speichel auf den SteinfuÃboden und tastete nach seiner linken Wange, in der ihm seit gestern Abend ein weiterer Backenzahn fehlte. Sollte er diese Tortur überleben, würde er der Kirche den Rücken kehren und sich als einfacher Mönch in ein Kloster zurückziehen. Er dachte dabei an eine Einsiedelei inmitten dichter Nadelwälder am Monte Penna.
Niemand, auch der Papst nicht, konnte von ihm verlangen, derartige Folterungen über sich ergehen zu lassen. Fluchend stützte sich Alberto Mari auf und öffnete ein Auge, das andere war zugeschwollen und fühlte sich an wie ein reifer Pfirsich. Wie lange er schon hier unten in den Händen seiner Folterknechte war, wusste er nicht zu sagen. Sein Verlies war über drei Meter tief, durch einen schmalen Schlitz fiel spärliches Tageslicht herein. Nach dem fünften Tag hatte er aufgehört zu zählen. Der Raum war vier Schritte lang und fünf Schritte breit, Boden und Wände bestanden aus massiven Felsplatten, in denen schwere Eisenringe und -haken in unterschiedlichen Höhen angebracht waren. Wie viele Opfer vor ihm diesen Folterkeller lebend oder tot verlassen hatten, mochte er sich nicht ausmalen. Schmieriger grüner Belag bedeckte die Wände, die eine feuchte Kälte ausstrahlten und jedem Bewohner des ungastlichen Ortes zwangsläufig GliederreiÃen bescheren mussten.
Der päpstliche Sekretär stöhnte, drehte angewidert den Kopf zur Seite, als seine Nase den Gestank alten, von Körperflüssigkeiten durchweichten Strohs einatmete, und stellte sich mühsam auf. Seine Beine und Arme waren stellenweise taub von der Expansion, mit der man ihn zum Sprechen hatte bringen wollen. »O Herr, wenn du Mitleid mit einem armen Sünder wie mir hast, dann lass diese Ausgeburten der Hölle erkennen, dass ich nicht mehr weià als sie selbst!«
Mit steifen Fingern rieb er seine gefühllosen Arme. Vorsichtig setzte er einen Fuà vor den anderen und hob seine Nase Richtung Fenster. Die Schuhe hatte man ihm gelassen, wofür er dankbar war. Seine Beinkleider, Hemd und Wams schlotterten ihm nun um den schmaler gewordenen Leib. Er sog die frische Luft ein, die mit einer Brise von frisch geschnittenem Gras zu ihm herunterwehte. Anfangs hatte er laut nach Hilfe gerufen, es aber aufgegeben, als niemand gekommen war. Der Luftschlitz musste sich an einem Ort befinden, an den sich niemand zu verirren schien.
Seine letzte Erinnerung war das Fest bei Marchese Connucci. Er hatte den Kasten unter der Skulptur durchsucht. Was für eine Skulptur war das noch gewesen? Eine Nymphe? Er konnte es nicht sagen, aber an den Schmerz, als er hineingefasst und einen Bogen herausgezogen hatte, erinnerte er sich gut. Etwas Scharfes
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