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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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das Gehörte überdenken,
ihre Gefühle ordnen. Doch der Vater stand vor ihr und wollte Erklärungen. Ohne würde
er sie nicht gehen lassen. Also riss sie sich zusammen, straffte die Schultern und
erwiderte seinen Blick.
    »Ich hoffe,
im Kontor ist alles in Ordnung?«, fragte sie betont neutral, um keinen Angriffspunkt
zu liefern.
    »Wenn ich
wochenlang auf zwei Mitarbeiter verzichten muss, dann kann nichts in Ordnung sein.
Aber du wolltest ja unbedingt diese Martha pflegen, und Cornelius hat den Fehler
begangen, sich von Vico über die Alpen schicken zu lassen, ohne mit mir vorher Rücksprache
zu halten.« Er bedachte seinen Schwiegersohn mit einem kritischen Blick. »Ab sofort
wird er nur noch das tun, was ich ihm sage.«
    So hat Sieglinde
also Cornelius’ Abwesenheit erklärt, dachte Jolanthe. Und sie hat Vater nichts von
meiner Reise gesagt. Warum?Außerdem, was hatte Vico mit alldem zu schaffen?
Wusste er von den Plänen seiner Frau?
    »Er hat
mir wichtige und wertvolle Güter gebracht«, verteidigte sich Vico. »Ihr solltet
Euch öffnen für die Möglichkeiten, die sich durch mein Ladengeschäft ergeben. Ich
habe bereits jetzt viele Kunden aus Ulmer Patrizierfamilien.«
    »Und ebenso
viele Schulden, die zu Lasten meines Kontors laufen, wenn du sie nicht zurückzahlst«,
entgegnete Winald. »Ich kann es euch leider nicht mehr vorenthalten, und abwenden
kann ich es auch nicht mehr. Das Kontor steckt in einer schweren Krise.«
    »Man darf
das alles nicht so schwarzsehen. Ich habe genügend Kontakte«, ereiferte sich Vico.
»Zu Patriziern, zum Rat, ich kann sie nutzen, gebt mir nur ein wenig mehr freie
Hand. Lasst mich gefärbten Stoff verkaufen, zum Beispiel.«
    »Du hattest
lange genug alle Möglichkeiten. Was du damit angerichtet hast, das sieht man doch.«
    »Aber Vater
…«, ging Sieglinde dazwischen und wurde von Winald mit einer Handbewegung zum Schweigen
gebracht.
    Jolanthe
schaute in die Gesichter der anderen. Sieglinde mit verkniffenem Mund, Vico, der
den Blick zu Boden richtete und schwieg, und der Vater, der sie alle angriffslustig
musterte. Es wurde Zeit, dass sie ihr Venedig-Abenteuer zur Sprache brachte. Sie
hatte im Gegensatz zu Vico Erfolg gehabt mit ihrem Gewürzhandel und einen satten
Gewinn eingefahren. Also hatte sie alle Argumente auf ihrer Seite, und das musste
den Vater doch überzeugen.
    Sie räusperte
sich und begann: »Vater, ich muss Euch etwas sagen.«
    »Darauf
warte ich schon die ganze Zeit«, brummte er.
    Offenbar
dachte er, sie wolle sich entschuldigen.
    »Ich war
zwar bei Martha, aber nicht in ihrer Burg, sondern in Venedig.« Sie sah, wie sich
die Brauen des Vaters zusammenzogen und auch Vico schaute, als erfahre er Dinge,
von denen er nichts wusste. »Mit Martha habe ich mich einem Handelszug der Ravensburger
Handelsgesellschaft angeschlossen und bin über die Alpen gereist.« Pascal zu erwähnen
wäre ein Fehler, also tat sie es nicht. »Ich wusste doch von den Schwierigkeiten,
in denen das Kontor steckt, und ich wusste auch, dass Vico Schulden gemacht hatte.«
    »Und das
hast du mir nicht erzählt?«, unterbrach Winald sie.
    Sie überging
die Frage und fuhr mit ihrem Bericht fort. »Ich wollte Euch beweisen, dass man mit
anderem Handelsgut viel Geld verdienen kann, man muss Neues ausprobieren. Ich habe
in Venedig Gewürze gekauft und bin sie in Innsbruck mit gutem Gewinn wieder losgeworden.
Und stellt Euch vor, ich habe von einem Händler erfahren, der in Venedig Perlen
verkauft. Die werden vom Süden in den Norden verhandelt, wisst Ihr, und hat man
eine gute Einkaufsadresse sowie eine sichere Reisegruppe, dann kann man damit einen
stattliches Sümmchen erzielen.«
    »Von welchem
Geld hast du die Waren gekauft?«, warf Sieglinde ein, in ruhigem Ton, so als wisse
sie, dass die Schwester in ihre Falle laufen musste.
    »Ist das
wichtig?«, konterte Jolanthe bissig. Warum hielt Sieglinde nicht den Mund, hatte
sie nicht schon genug angerichtet?
    »Aus der
Kontorkasse hast du es nicht genommen, also woher kam das Geld?«, insistierte die
Schwester weiter.
    »Wollt Ihr
denn nicht wissen, wie viel ich bei dem Handel eingenommen habe? Ich habe euch doch
gesagt, dass ich Gewinn erzielt habe«, sagte sie und wusste doch, dass sie an Boden
verlor, ohne es verhindern zu können.
    »Du hast
die unglaubliche Frechheit besessen, uns zu hintergehen und eine Reise nach Italien
zu machen«, mischte sich Sieglinde wieder ein. »Sag, wer hat dir das bezahlt? Martha
wohl kaum, die hat selbst

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