Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
dass ihr die Sache Spaß bereitete. Wie
gut, dachte Jolanthe. Martha ist mir eine treue Verbündete, jetzt muss mein Vorhaben
nur noch gelingen. Ob es das tat, lag nun in Gottes Hand. Pascal wollte sie erst
nach diesem Tag über den Fortgang ihres kleinen Geschäftes benachrichtigen. Sie
hoffte, dass sie nicht allzu viel würde beschönigen müssen.
Auf dem
Marktplatz angekommen, leuchtete der Himmel bereits in hellroten Farben. Sie zogen
das obenauf liegende Gestänge des Marktstandes hinunter und banden die einzelnen
Stäbe wie vorgesehen zusammen. Jolanthe arbeitete konzentriert, sodass sie das Treiben
um sich nur nebenbei wahrnahm. Ein Töpfer drapierte seine Gefäße auf einem soliden
Tisch ihnen gegenüber, vereinzelt hasteten Mägde mit ihren Körben vorbei, früh losgeschickt,
um das frischeste feilgebotene Gemüse zu besorgen, das fetteste Huhn für den Sonntagsbraten
oder die gelungensten Pasteten. Jolanthe hatte darauf geachtet, dass sie sich an
einem Ort niederließen, der in der Nähe des Platzes war, an dem der Gewürzhändler
meistens stand – wenn er da war. Nicht in direkter Sichtnähe, aber dennoch nur ein
paar Schritte entfernt, sodass die Kunden ihre und seine Preise noch im Kopf hatten,
wenn sie von einem zum anderen gingen. Sie brauchten eine Vergleichsmöglichkeit,
damit sie bemerkten, um wieviel billiger Jolanthe ihren Pfeffer anbot. Sie wollte
die Leute anlocken, die Marktbesucher sollten sich freuen über den günstigen Pfeffer,
das Gefühl bekommen, bei ihr sei alles sehr billig zu erstehen, was nicht der Fall
war, denn beim teuren Safran plante sie einen guten Gewinn ein.
Sie bockten
den Karren auf einer Seite hoch, sodass er sich als Verkaufstisch nutzen ließ. Dann
breiteten sie Marthas Kräuter und ein paar harmlose Salben aus – ganz rechts im
Eck das Kästchen mit Safran. Die Pfefferkörner hatte Jolanthe hingegen gut sichtbar
in einer Schale geordnet auf die Tischmitte gestellt.
Schließlich
schickte sie Martha los, Erkundigungen einzuholen. Wie verabredet sollte sie die
heutigen Pfefferpreise des Gewürzhändlers erfragen. Es kam Jolanthe vor, als ließe
sich die Freundin ewig Zeit. Als sie wieder auftauchte, hatte sie gute Nachrichten.
»Er ist
da und schreit seine Preise in die Luft. Ich musste nicht fragen.«
»Wie viel
verlangt er für den Pfeffer?«
Martha nannte
den Preis. Jolanthe rechnete kurz, dann bestimmte sie: »Gut, dann nehmen wir die
Hälfte.«
»Ich hoffe,
du weißt, was du tust.«
»Dessen
kannst du sicher sein«, antwortete Jolanthe und hinderte die Freundin daran, weiter
zu sprechen, indem sie ihr die Fingerspitzen auf den Mund legte. Martha brummte
und gab sich geschlagen.
Gut so,
denn Jolanthe hatte die Sache gut durchdacht. Sie verkaufte hier und da Pfeffer
an eine Magd, hob ihren günstigen Pfefferpreis hervor und in der Tat sagte so manche,
der Gewürzhändler sei aber erheblich teurer. So ließen sich einige dazu überreden,
sich auch den teureren Safran anzusehen und die, die ohnehin dafür geschickt wurden,
kauften ihr die Fäden ab, und das, obwohl sie den Safranpreis, um den niedrigen
Pfefferpreis auszugleichen, zu hoch angesetzt hatte. Ihre Kunden achteten nicht
darauf.
Dennoch
schien ihre Rechnung nicht aufzugehen, denn bei Weitem kaufte nicht jeder neben
dem Pfeffer auch Safran. Die dunklen Körner gingen langsam zu Neige, wohingegen
das Kästchen mit Safran noch viel zu voll war. Sie wollte sich schon eine gute Erklärung
für Pascal zurechtlegen, als unvermittelt ein teuer gekleideter Mann vor ihrem Stand
anhielt, ein Ratsherr, seinem Aussehen nach. Jolanthe plauderte mit ihm, bis der
Mann sagte: »Ich hörte, Ihr habt ausgesucht guten Pfeffer?«
Sie beschloss,
die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und antwortete: »Wir haben reine Safranfäden,
zusammen mit dem Pfeffer ein günstiges Angebot.« Sie nahm das Kästchen und führte
ihre Schätze vor. Der Mann schien beeindruckt, doch Jolanthe ließ sich nicht täuschen.
Sie war sicher, dass er von ihrem billigen Pfeffer gehört hatte.
»Mich wundert’s,
wie Ihr mit Euren Kräutern soviel Geld verdient, um Safran und Pfeffer anzubieten.«
»Ach, so
sehr viel mussten wir gar nicht dafür zahlen, wisst Ihr. Ein reisender Händler gab’s
uns mit.« Die Lüge ging ihr leicht von den Lippen, und sie bat Gott um Vergebung
dafür.
»Lasst noch
mal sehen. Ist er wirklich echt?«
»Gibt es
auch falschen?« Jolanthe sah ihren Kunden ungläubig an und dachte: Ein klein wenig
noch, dann hab ich
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