Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
nickte. Kein Lob, keine überschwängliche Zustimmung. »Meine
Schwester aber ist das nicht. Sie kann sich nicht abfinden damit, dass ihre Rolle
nun eine andere sein muss, Ihr versteht?«
Cornelius
strich sich mit der Hand über die Stirn. Endlich sagte er: »Mir ist es auch aufgefallen,
mit Verlaub. Auch ich dachte mir, ihr Handeln ist nicht eben schicklich.«
Wie gut,
dachte Sieglinde und spürte sicheren Boden. »Ich habe den Verdacht, dass dieser
französische Kaufmann keinen unerheblichen Anteil daran hat, dass sie sich so unmöglich
aufführt.«
»Dieser
Pallet, den Euer Vater nicht ausstehen kann?«
»Wisst Ihr,
warum?«
Cornelius
schüttelte den Kopf. »Und Ihr meint, er hat ungebührlichen Einfluss auf Eure Schwester?«
»Ich bin
mir da sehr sicher. Wir müssen etwas dagegen tun. Wir müssen sie schützen. Nicht
nur sie, auch wir sind in Gefahr. Niemand weiß, was dieser fremde Kaufmann will.«
»Vielleicht
hat er ein Auge auf das Mädchen geworfen.«
Sieglinde
zog eine Braue hoch. »Und wenn, müssten wir Jolanthe umso mehr beiseite stehen.«
»Wie kann
ich Euch dabei behilflich sein?«
Sieglinde
fiel es nicht schwer, ihren Plan schmackhaft zu machen. Cornelius war bereit zu
helfen. Sie schärfte ihm ein, Stillschweigen gegenüber allen anderen zu bewahren
und nur ihr zu berichten, was er herausfinden konnte.
»Eurem Vater
habe ich sehr viel zu verdanken«, sagte er schließlich. »Wenn ich in diesem Fall
etwas tun kann, so erfüllt mich das mit Freude und Stolz.«
»Fein«,
antwortete Sieglinde und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Kapitel 20
Sie hatten sich am Fluss verabredet,
am Morgen, als sie sich zufällig über den Weg gelaufen waren. Deshalb eilte Jolanthe
nun durch die Gassen in Richtung Donauufer. Trotz der Vorfreude darauf, Pascal vor
ihrem erfolgreichen Handel zu berichten, war ihre Stimmung nicht so fröhlich, wie
sie hätte sein können. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden, sie konnte sich
nicht erklären warum. Das Kribbeln zwischen ihren Schulterblättern, das in Abständen
immer wiederkehrte, konnte nicht die Ursache sein.
Als ein
kalter Hauch ihren Nacken streifte, drehte sie sich zum wiederholten Male um. Bislang
hatte sie nie etwas Verdächtiges gesehen, und jetzt war die Umgebung bis auf einen
alten Bettler leer. In Lumpen gehüllt, mit zottigen Haaren, humpelte er die Straße
entlang in ihre Richtung. Seine Füße waren in schmutzige Tücher gepackt und sein
Blick auf Jolanthe gerichtet. Er schien ihr so durchdringend, als wolle er sich
direkt in ihre Gedanken graben. Sie atmete tief durch und hastete weiter, fiel in
Laufschritt und rannte ein paar Gassen entlang. Außer Atem hielt sie schließlich
inne und stellte fest, dass sie allein war. Niemand hinter ihr, niemand vor ihr.
Sie wischte sich mit der flachen Hand den Schweiß von der Stirn.
Fröhlich
sein!, befahl sie sich. Was wird Pascal denken, wenn ich ihm so entgegentrete, abgehetzt,
mit wildem Blick um mich schauend. Sie musste lächeln. Na also, geht doch, dachte
sie und machte sich wieder auf den Weg.
Sie durchquerte
das Tor am Metzgerturm und fand sich auf einer Wiese wieder, die an die Donau grenzte.
Sie ging ein paar Schritte bis zu einem Baum, der sich über das Wasser wölbte und
dessen Stamm eine Sitzfläche bot. Das war der Platz, an dem sie sich schon einmal
getroffen hatten, und in der Tat saß Pascal dort und ließ die Beine baumeln. Er
sah aus wie ein zu groß geratener Junge.
»Hallo,
kleine Base«, begrüßte er sie und klopfte neben sich, damit sie sich zu ihm gesellte.
Sie rutschte den Stamm entlang und setzte sich neben ihn. Sie saßen so eng, dass
Jolanthe die Wärme seines Körpers spürte. Sie schaute auf das träge dahinziehende
Wasser, auf dem in Ufernähe zwei Enten schaukelten.
»Wie ist
es dir ergangen mit deinem Safran?«
Täuschte
sie sich oder schwang ein spöttischer Unterton in seiner Stimme?
»Ich habe
fast 30 Schilling Gewinn gemacht, zieht man ab, was ich für die Ware gezahlt habe.«
»Alle Achtung«,
antwortete Pascal. Mehr sagte er nicht, was Jolanthe leise ärgerte. Ein bisschen
mehr Begeisterung hätte sie schon erwartet.
»Willst
du nicht wissen, wie ich das geschafft habe?«, fragte sie.
»Ich schätze,
du hast ihn verkauft.«
Jolanthe
presste ihre Beine zusammen, um so die gemeinsame Kontaktfläche mit Pascal zu verringern.
Es zog in ihren Oberschenkeln, doch sie ließ nicht locker.
»Ich habe
mit Martha zusammen einen Stand mit Kräutern auf
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