Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)
dass du etwas erreichen
willst mit diesen ungewöhnlichen Orten.« Sie nahm sich ein Stück gebratenen Aal
und kaute darauf herum.
»Sei nicht
so misstrauisch.«
»Bin ich
nicht.« Mit einem Schluck Wein spülte sie den Fisch hinunter und stellte fest, dass
der Wein außerordentlich blumig schmeckte. Besser als das billige saure Gesöff,
das es anderswo oft gab.
»Du weißt,
was ich von dir will. Ich verschweige dir nichts. Ich mag dich und lade dich deshalb
an unterschiedliche Lokalitäten ein. Immer nur unten am Fluss, das ist doch nichts.«
Sein schelmisches
Grinsen sagte ihr alles. »Du nimmst mich auf den Arm.«
»Tät ich
gern, wenn dieses dumme Brett nicht zwischen uns wäre.«
Wie gut,
dass es da ist, dachte Jolanthe und spürte das Brennen auf ihren Wangen. Himmel,
sie benahm sich wirklich wie ein dummes Huhn. Was sollte Pascal von ihr denken?
Jolanthe
biss in einen Fleischfladen und schmeckte Walnuss heraus. Sie hielt Pascal die andere
Hälfte hin. »Probier mal.«
Als er sich
vorbeugte, um das Essen mit seinen Lippen aus ihren Fingern zu fischen, spürte sie
ihn wieder, kurz nur, doch deutlich. War das Wasser so heiß oder kochte sie im Inneren?
Sie musste die Situation ins Unverfängliche retten.
»Die Lage
im Kontor hat sich verschärft. Es ist kaum noch Geld da.«
»Du kennst
die Mittel und Möglichkeiten, die es gibt.«
Sie wurden
unterbrochen vom Bader, der von Zuber zu Zuber ging, um sich nach dem Befinden seiner
Kundschaft zu erkundigen, und der auf diesem Wege nun bei ihnen stehen geblieben
war.
»Ihr führt
eine hervorragende Badestube«, lobte Pascal. »Mit Verlaub, Eure Köchin leih ich
mir gern mal aus.«
Jolanthe
beobachtete ihn, wie er mit dem Mann scherzte und dabei seinen Becher Wein hob,
um auf ihn zu trinken. Der Drang, ihm die feuchte Haarsträhne von der Wange zu streichen,
wurde so übermächtig, dass sie ebenfalls nach ihrem Becher griff, um ihre Hände
zu beschäftigen. Was ist das, schimpfte sie mit sich selbst. Warum vertraue ich
ihm so unbesehen? Habe ich den Verstand verloren? Gehe ich zu sehr nach meinem Gefühl?
Die Erinnerung daran, wie Pascal sich bei ihrem Vater um Sieglinde bemüht hatte,
kam wie ein ungebetener Gast durch die Hintertür und verscheuchte jeglichen Wunsch,
Pascal zu berühren. Sei vorsichtig, dachte sie bei sich. Ganz gleich, was du angehst,
pass auf!
Der Bader
entfernte sich, und Pascal prostete ihr zu. Jolanthe trank nur einen kleinen Schluck
aus Angst, der Wein könne ihr zu sehr zu Kopf steigen.
»Welche
Maßnahmen willst du denn nun ergreifen?«, fragte Pascal.
Was nun?,
dachte sie. Lass ich mir von ihm helfen oder nicht? Habe ich eine Wahl?
»Nimmst
du meinen Schmuck als Pfand und gibst mir Geld dafür? Ich besitze nicht nur diesen
Armreif.«
Pascal zog
seine Stirn kraus und musterte sie, so als traue er seinen Ohren nicht. Doch dann
zuckte er die Schultern. »Wenn du meinst, dass das reicht. Verrätst du mir auch,
was du damit vorhast?«
Jolanthe
biss sich auf die Unterlippe. Ja, das war eine gute Frage, was plante sie? Wenn
sie das nur selbst gewusst hätte, wäre es ein Leichtes gewesen, ihm das anzuvertrauen.
Aber sie wusste es nicht. Salzhandel? So verlockend das klang, aber es war ihr zu
sehr Neuland. Sie wäre wiederum auf die Kontakte anderer angewiesen.
»Ich werde
dir Bescheid geben«, antwortete sie nur, stellte ihren Becher auf das Brett und
tauchte erneut unter.
Kapitel 22
Cornelius saß bei Sieglinde in der
Küche. Viel hatte er nicht zu berichten gehabt, nur dass Jolanthe sich mit Pascal
traf und das öfter als gut sein konnte. Nun sah er sie mit besorgt zusammengezogenen
Brauen an, so als erwarte er neue Anweisungen.
»Zuerst
macht er mir den Hof, und als er gemerkt hat, dass er nichts erreicht, hat er sich
an Jolanthe gehalten. Dieser Pascal ist gefährlich«, sagte Sieglinde mehr zu sich
selbst als zu ihrem Gegenüber.
»Er ist
ein erfolgreicher Kaufmann, das bestätigt mir jeder, den ich gefragt habe. Doch
alle wissen es nur vom Hörensagen.«
»Er kommt
aus Paris und weilt schon viel zu lange hier in Ulm. Wer führt sein Kontor daheim?«
»Sein Vater,
wie es scheint.«
»Wisst Ihr
etwas über ihn? Hat er etwas mit meinem Vater zu schaffen?« Es war ein Stochern
im Dunkeln, doch irgendwo musste sie ansetzen. Cornelius schüttelte den Kopf. Sieglinde
verschränkte die Arme und stand auf. Sie ging zum Fenster und starrte durch die
runden Butzenscheiben, welche die Konturen des Geschehens dahinter
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