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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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schöpfen wollten? Nein. Nein. Nein.
    Jetzt wäre der Moment gewesen, um ihnen von Gesa Minke zu erzählen. Aber all das war noch viel zu frisch, um es vor diesen beiden Männern auszubreiten, die das Bild einer Künstlerin mit überbordender Phantasie verinnerlicht zu haben schienen. Und so ging ich mit einem Nicken an ihnen vorbei und wandte mich in die Richtung, in der das Grab meiner leiblichen Mutter lag.
    Während ich auf das Holzkreuz starrte, fragte ich mich, warum sie sich geweigert hatte, mich abzutreiben, nur um dann zu versuchen, mich umzubringen. Wie labil musste sie gewesen sein, um von einem Extrem ins andere zu fallen? Als mir bewusst wurde, dass ich hier keine Antwort finden würde, wandte ich mich zum Gehen.
    Über den knirschenden Kies lief ich Richtung Parkplatz. Im Vorbeigehen warf ich einen Blick auf die Autos der Partner und atmete auf, als an keiner der Windschutzscheiben ein Brief klemmte. Dann stieg ich in meinen aufgeheizten Wagen und schaltete die Klimaanlage auf die höchste Stufe, bevor ich losfuhr.
    Meine Sachen hatte ich vor der Beerdigung gepackt und meinem Vater auf seinem Schreibtisch eine Nachricht hinterlassen. Von Elly hatte ich mich auf dem Weg von der Trauerfeier zum Grab bereits verabschiedet. Während ich mich im Stop-and-go-Tempo durch den Freitagnachmittagsverkehr bewegte, hatte ich das Bild meiner Mutter vor Augen, wie sie – von meinem Vater und Johannes Schormann gestützt – am Grab ihrer Tochter gestanden hatte. Es war ein intimer Moment gewesen, der nur ihr und Amelie gehörte. Ihr Gesicht entblößt und nackt, den Blicken der Umstehenden schutzlos ausgesetzt. Ich hatte schnell weggesehen.
    Während des ersten längeren Staus rief ich Richard an. Er machte es mir leicht und erwähnte unsere Begegnung am See mit keinem Wort. Wer immer ihn mit Informationen belieferte, hatte ihm gesagt, dass meine Schwester an diesem Tag beerdigt werden würde. Seine Stimme war Balsam für mich, ganz besonders die Zärtlichkeit, die darin anklang. Ich fragte ihn, ob ich am Montagmorgen meine Arbeit bei ihm wieder aufnehmen könnte. Am Montagmorgen und auch sonst jederzeit, lautete seine Antwort.
    Dieses Jederzeit war es, das ein kleines Gegengewicht zu allem anderen schuf und mich die lange Fahrt irgendwie überstehen ließ. Als ich am späten Abend endlich in Berlin eintraf, völlig erschöpft und überdreht meine Tasche aus dem Wagen nahm und die Straße überquerte, fiel mir ein Wagen auf, in dem zwei Männer saßen und mich beobachteten. Ich blieb stehen und sah mich um. Mein erster Impuls war: weglaufen, so schnell wie möglich. Als einer der Männer ausstieg und auf mich zukam, ließ ich die Reisetasche fallen und rannte los.
    »Frau Benthien, warten Sie!«, hörte ich den Mann hinter mir rufen, um nur noch schneller zu rennen. »Wir sind im Auftrag Ihres Vaters hier. Laufen Sie bitte nicht weg.«
    Ich stoppte und drehte mich um, wobei ich eine Hand ausstreckte und ein unmissverständliches Stoppzeichen gab. »Bleiben Sie stehen! Ich rufe meinen Vater an.« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, wählte ich mit zitternden Fingern die Nummer. Kaum hörte ich seine Stimme, überschlugen sich meine Worte. Er verstand sofort, worum es ging, und bestätigte, dass die beiden in seinem Auftrag vor meiner Tür stünden.
    »Die haben mir einen riesigen Schrecken eingejagt«, warf ich ihm vor, machte einen Schritt zu der Hauswand und lehnte mich dagegen, während sich der Mann mit einer beschwichtigenden Geste in das Auto zurückzog. Nicht ohne zuvor meine Reisetasche vor meinem Hauseingang abzustellen.
    »Die beiden und zwei ihrer Kollegen werden in den nächsten Tagen noch ein wenig auf dich aufpassen, Finja. Ich möchte kein Risiko eingehen. Verhalte dich bitte kooperativ und versuche nicht, sie abzuhängen.«
    »Das ist doch nicht nur Kettenrasseln. Was …?«
    »Mach dir keine Gedanken«, unterbrach er mich. »Wir kümmern uns darum. In deinem Briefkasten findest du übrigens einen Umschlag. Darin ist ein kleiner Alarmsender. Stell bitte sicher, dass du ihn immer bei dir trägst. Wenn du den Alarm auslöst, sind unsere Leute in null Komma nichts zur Stelle.«
    »Hatte Amelie auch einen solchen Sender?«, fragte ich mit einem beklommenen Gefühl im Bauch.
    Er schwieg so lange, dass ich schon dachte, die Leitung sei unterbrochen. »Ja, sie hatte einen.«
    »Hat sie den Alarm ausgelöst?«
    »Ja … vermutlich hat sie das.« Seine Stimme klang gepresst. »Die Männer, die vor deinem Haus

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