Die Todesgöttin
anderen Passagieren aus, doch wurden wir sofort zur Seite gebeten und lösten uns vom Strom der übrigen Fluggäste.
Die Stewardess warf mir noch einen letzten Blick nach. Ich sah dies, als ich mich einmal rasch umwandte.
Schon jetzt machte mir das indische Klima zu schaffen. Das war nicht nur heiß, sondern auch schwül. Ein Wetter, das man als Europäer kaum ertragen konnte. Und wir mussten da noch Dämonen jagen.
Auf dem Airport herrschte ein unwahrscheinliches Gewimmel. Ein farbiger Menschenwirrwarr. Trotz dieses Durcheinanders konnten wir ihn sofort erkennen.
Er, das war Mandra Korab.
Hochgewachsen, muskulös. Ein Bild von einem Mann. Der hätte in jeden Abenteuer-Film gepasst. Und er lächelte. Sein Mund war in die Breite gezogen, die Zähne blitzten, die Arme hatte er ausgestreckt, um uns zu begrüßen.
»Willkommen in Indien!« rief er.
Wir schüttelten uns die Hände. Ich brauchte meine Freunde nicht vorzustellen, Mandra Korab kannte sie beide. In London hatten wir den letzten Fall erlebt.
Ich schaute ihn an. »Wo hast du denn deinen Bart gelassen?« wollte ich wissen.
»Weg.«
»Warum?«
»Er störte mich einfach.«
Wir lachten. »Besonders die Frauen, wie ich mir vorstellen kann«, sagte der Reporter. »Was ist denn mit den Schönen des Landes? Hast du dir noch keine ausgesucht?«
»Nein, ich kann mich nicht entscheiden.«
Suko deutete auf mich. »Wie John. Der ist wohl auch zum ewigen Junggesellen geboren.«
»Warum soll man sich das ganze Leben nur an eine hängen?« sagte Mandra Korab. »Im Garten der Welt blühen viele Blumen, wie ihr sicherlich wisst.«
Ich grinste. »Wem sagst du das?«
»Und ihr habt London schutzlos gelassen?«
»Ja, mein Lieber. Was tut man nicht alles für einen Freund, wie du es einer bist.«
Da lachte Mandra Korab. »Erst einmal geht es doch um Kali. Und in zweiter Linie um mich. Wenn überhaupt.«
»Klar, aber müssen wir das hier bereden?«
»Nein, Lasst uns etwas trinken. Es gibt hier ein kleines Lokal, das auch mit einer Klimaanlage ausgestattet ist.«
Dort gingen wir hin. Mandra hatte die Führung übernommen. Sein grüner Turban war nach alten Vorschriften geschlungen und saß kerzengerade auf seinem Kopf. Der machte Mandra noch größer, als er in Wirklichkeit war. Mandra trug einen ebenfalls grün schillernden Anzug mit einer hüftlangen Jacke. Er war schon eine imponierende Erscheinung, und die Menschen traten respektvoll zur Seite, wenn sie ihm über den Weg liefen.
Im Restaurant gab es genügend freie Plätze für uns. Gegessen hatten wir im Flugzeug, aber trinken konnten wir etwas. Eine dicke Scheibe schützte das Lokal gegen den Lärm des Flugfeldes ab. Mandra Korab bestellte ein einheimisches Getränk, das sich als irgendein Tee entpuppte, den ich zuvor noch nie getrunken hatte. Er schmeckte mir jedoch gut.
Dann berichtete ich. Mandra Korab hörte aufmerksam zu, als ich ihm von der Verwandlung der Stewardess erzählte. Er nickte ein paarmal und meinte: »Ihr Geist ist überall, da kannst du nichts machen, John Sinclair.«
»Aber wir müssen sie stoppen.«
»Es wird schwer sein.«
Ich nahm einen Schluck Tee. »Ich kenne dich schon einige Zeit, Mandra, aber ich habe dich noch nie so pessimistisch erlebt. Wirklich, das ist eine Ausnahme.«
Suko und Bill nickten bestätigend. Sie waren ebenfalls meiner Ansicht.
»Es geht gegen Kali«, sagte er.
»Und?« fragte Bill.
Mandra drehte sich zu dem Reporter hin. »Der eine Satz hätte dir eigentlich alles sagen müssen.«
»Nein.«
»Ich will euch nichts, Freunde, aber ihr Europäer macht meines Erachtens nach einen Fehler. Ihr unterschätzt die Macht dieser Göttin ganz gewaltig. Wenn jemand mächtig ist und auch weiß, mit seiner Macht umzugehen, dann Kali. Die Totengöttin hat sich gehalten, und der Kreis ihrer Anhänger ist keineswegs kleiner geworden, das könnt ihr mir glauben. Hier in Indien ist die Zeit zum Teil noch stehengeblieben. Der Glaube an die alten Götter und deren düstere Prophezeiungen besteht nach wie vor, das könnt ihr mir glauben. Täglich kann man dies hier erleben, und ich male nicht schwarz, dafür kennt ihr mich.«
Das stimmte. Mandra Korab war ein furchtloser Mann. Der gab nicht auf, sondern stellte sich den Problemen. Wo immer er helfen konnte, war er zur Stelle. Er nutzte seine Macht und seinen Einfluss aus, um gegen die Mächte der Finsternis zu kämpfen.
Mandra Korab stammte aus einem alten indischen Maharadschageschlecht. Auch jetzt besaß er noch große
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