Die Todesliste
sie hielten Abstand, und die Beobachter in Nevada wussten nicht, welches sie aufs Korn nehmen sollten. Schließlich hielten die Männer an, um zu frühstücken, und standen nebeneinander. Acht Gestalten gruppierten sich um die Fahrzeuge – zwei Fahrer, vier Bodyguards und zwei amerikanische Staatsbürger: Awlaki selbst und Samir Khan, Redakteur der englischsprachigen dschihadistischen Onlinepublikation Inspire .
Der Unteroffizier in Creech meldete seinen Vorgesetzten, was er im Visier hatte. Aus Washington kam eine murmelnde Stimme. »Schießen Sie.« Die Stimme gehörte einer Vorort-mutter, die ihre Kinder eben zum abendlichen Training fahren wollte. Sie hatte den Rang eines Majors bei J-SOC .
In Nevada drückte man auf den Knopf. Über dem Nordjemen, sechzigtausend Fuß hoch in einem wunderschönen Sonnenaufgang, lösten sich zwei Hellfire-Raketen von der Predator. Ihre Nasen nahmen Witterung auf wie Jagdhunde, und ihre Flugbahn neigte sich zur Wüste hinunter. Zwölf Sekunden später waren zwei Landcruiser und acht Männer pulverisiert.
Innerhalb von sechs Monaten hatte J-SOC umfassendes Beweismaterial dafür, dass der erst dreißigjährige Asiri weiter Bomben baute, die immer raffinierter wurden. Er begann mit der Implantierung von Sprengstoffen in den menschlichen Körper zu experimentieren, wo kein Scanner sie entdecken konnte.
Er beauftragte seinen kleinen Bruder mit der Ermordung des Chefs der saudi-arabischen Terrorismusbekämpfung, Prinz Mohammed bin Naif. Der Junge behauptete, er habe sich vom Terrorismus losgesagt und wolle heimkehren. Er habe eine Menge Informationen und bitte um ein Gespräch. Der Prinz war bereit, ihn zu empfangen.
Als der junge Asiri den Raum betrat, explodierte er einfach. Der Prinz hatte Glück: Er wurde durch die Tür, durch die er hereinkam, zurückgeschleudert und trug nur ein paar Platzwunden und Blutergüsse davon.
Der junge Asiri hatte eine kleine Bombe mit großer Sprengkraft im After gehabt. Gezündet wurde sie über ein Mobiltelefon jenseits der Grenze. Sein eigener Bruder hatte sie entworfen und den Auslöser betätigt.
Und der tote Awlaki hatte einen Nachfolger. Ein Mann, der nur als »der Prediger« bekannt war, verbreitete seine Hetzreden über das Internet. Genauso machtvoll, genauso hasserfüllt, genauso gefährlich. Jemens unfähiger Präsident fiel dem Arabischen Frühling zum Opfer. Ein neuer Mann übernahm die Macht – jünger, energischer und bereit zur Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten im Austausch gegen eine beträchtliche Entwicklungshilfe.
Die Drohnenüberwachung des Jemen nahm zu. Bezahlte US -Agenten vermehrten sich. Das Militär schritt gegen die al-Qaida-Führung ein. Al-Kuso wurde eliminiert. Aber nach wie vor nahm man an, der Prediger, wer immer er sein mochte, halte sich weiterhin im Jemen auf. Dank eines Jungen auf einem Dachboden in Centreville wusste der Spürhund es jetzt besser.
Als der Spürhund die Lebensgeschichte Awlakis gelesen hatte, kam ein Bericht von denen, die Gray Fox einfach als »Drohnenleute« bezeichnet hatte. Für diese Operation benutzte die CIA nicht die Drohnenleitstelle in Nevada, sondern eine eigene, zweckgebundene Einrichtung auf der Pope Air Force Base bei Fayetteville in North Carolina.
Der Bericht war kurz und bündig und kam gleich zur Sache. Lastwagen waren beobachtet worden, die das Lagerhaus oder den Schuppen in Kismaju anfuhren. Sie kamen an, fuhren hinein und wieder hinaus. Sie kamen beladen und fuhren leer wieder weg. Zwei hatten eine offene Ladefläche gehabt. Was sie transportierten, sah aus wie Obst und Gemüse. Ende.
Der Spürhund drehte sich um und starrte das Bild des Predigers an der Wand an. Was, zum Teufel, willst du mit Obst und Gemüse?, überlegte er.
Er streckte sich, stand auf und ging hinaus in die sommerliche Wärme. Ohne die lächelnden Leute auf dem Parkplatz zu beachten, wuchtete er seine Fireblade vom Ständer, setzte den Visierhelm auf und rollte zum Tor hinaus. Auf dem Highway bog er nach Süden in Richtung D. C. , dann verließ er die Hauptstraße und fuhr nach Centreville.
»Du musst etwas für mich checken«, sagte er, als er bei Ariel auf dem Dachboden kauerte. »Jemand kauft in Kismaju Obst und Gemüse. Kannst du herausfinden, woher die Ware kommt und wohin sie geht?«
Es gab andere Leute mit Computern, an die er sich hätte wenden können, aber gegenüber dem riesigen militärisch-industriellen Spionagekomplex, in dem es von Rivalen und Plappermäulern nur so
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