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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wimmelte, hatte Ariel zwei unbezahlbare Vorteile. Er war nur einem einzigen Mann verantwortlich, und er sprach sonst mit niemandem. Seine Finger huschten über die Tasten, und die Landkarte des unteren Teils von Somalia erschien auf dem Monitor.
    »Da ist nicht nur Wüste«, sagte er. »An beiden Ufern des unteren Dschuba-Tals liegen dicht bewaldete und bepflanzte Gebiete. Hier, man kann die Farmen sehen.«
    Der Spürhund betrachtete den Flickenteppich von Obstgärten und Plantagen, ein grüner Klecks mitten im stumpfen Ockergelb der Wüste. Die einzige fruchtbare Region des Landes, der Futternapf im Süden. Wenn die Lkw-Ladungen von den Pflanzungen kamen, die er hier sah, und nach Kismaju befördert wurden, wofür waren sie dann bestimmt? Für den lokalen Markt oder für den Export?
    »Geh auf das Hafengebiet von Kismaju.«
    Wie alles andere, war auch der Hafen in ziemlich schlechtem Zustand. Die Kais der einstmals blühenden Anlage waren an Dutzenden Stellen verfallen, und die alten Kranbäume waren schief und so beschädigt, dass sie unbrauchbar waren. Vielleicht kam hier gelegentlich ein Frachter, aber nicht zum Löschen seiner Ladung. Was konnte der bankrotte Ministaat der al-Schabaab schon importieren und bezahlen? Vielleicht wurde etwas abgeholt? Obst und Gemüse? Vielleicht. Aber mit welchem Bestimmungsort? Und wozu?
    »Du musst dir den internationalen Handel vornehmen, Ariel. Stell fest, ob es eine Firma gibt, die Geschäfte mit Kismaju macht. Ob jemand Obst und Gemüse aus dem unteren Dschuba-Tal kauft. Wenn ja, wer ist es? Vielleicht gehört ihm der Schuppen.«
    Er verließ den Jungen und kehrte in sein Büro zurück.
    In den äußersten nördlichen Vororten von Tel Aviv, abseits der Straße nach Herzlia, in einer ruhigen Seitenstraße neben einem Lebensmittelsupermarkt, steht ein großer, unauffälliger Büroblock, den diejenigen, die dort arbeiten, nur »das Office« nennen. Es ist das Hauptquartier des Mossad. Zwei Tage nach dem Treffen zwischen dem Spürhund und Simon Jordan im Mandarin Oriental kamen drei Männer in kurzärmeligen, offenen Hemden im Büro des Direktors zusammen. Dieser Raum hatte schon eine Reihe von folgenschweren Konferenzen gesehen.
    Hier hatte im Herbst 1972, nach der Ermordung der israelischen Sportler auf der Sommerolympiade in München, Zvi Zamir seinen kidonim – den »Bajonetten« – befohlen loszuziehen und die dafür verantwortlichen Fanatiker des Schwarzen September aufzuspüren und zu töten. So hatte es Premierministerin Golda Meir mit ihrer Operation »Zorn Gottes« entschieden. Mehr als vierzig Jahre später war der Raum immer noch schäbig.
    Die Männer unterschieden sich in Rang und Alter, und sie redeten einander mit Vornamen an. Der Älteste war seit zwanzig Jahren dabei und konnte an den Fingern einer Hand abzählen, wie oft er hier Nachnamen gehört hatte. Der grauhaarige Direktor hieß Uri, der Operationschef David, und der Jüngste, der für das Horn von Afrika zuständig war, Benny.
    »Die Amerikaner bitten uns um Hilfe«, sagte Uri.
    »Was für eine Überraschung«, knurrte David.
    »Anscheinend haben sie den Prediger aufgespürt.«
    Mehr brauchte er nicht zu erklären. Der dschihadistische Terror hat mehrere Ziele für seine Gewaltakte, und Israel steht hoch oben auf der Liste, gleich neben den USA . Jeder der Anwesenden kannte die Top Fifty der internationalen Terrororganisationen. Die Hamas im Süden, Hisbollah im Norden und die Gangster der iranischen al-Kuds-Brigaden im Osten konkurrierten miteinander um Platz eins. Die Hetzreden des Predigers richteten sich gegen Großbritannien und Amerika, aber sie wussten, wer er war.
    »Anscheinend sitzt er in Somalia, im Schutz von al-Schabaab. Ihr Anliegen ist sehr einfach: Haben wir einen Agenten in Südsomalia?«
    Die beiden Höherrangigen schauten Benny an. Er war der Jüngste, ein ehemaliges Mitglied des Elitekommandos Sajeret Matkal. Er sprach fließend Arabisch, so gut, dass er unbemerkt über die Grenze gelangen konnte, und gehörte daher zu den Mistaravim. Er betrachtete den Bleistift in seinen Händen.
    »Und, Benny? Haben wir einen?«, fragte David sanft. Sie alle wussten, was kam. Agentenführern ist es zuwider, einen ihrer Leute für die Belange eines ausländischen Dienstes auszuleihen.
    »Ja. Nur einen. Undercover im Hafen von Kismaju.«
    »Wie kommunizieren Sie mit ihm?«, fragte der Direktor.
    »Nur unter größten Schwierigkeiten«, erwiderte Benny. »Und langsam. Es braucht Zeit. Wir können

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