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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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nicht mehr an; dies war das sicherste Zeichen für die Leute von der Guinhan, daß sie das Wachs bald aus den Ohren herausbohren konnten. Langsam schwammen die Stürmer zu den anderen Schiffen und zogen sich mit schwachen Bewegungen aus dem Wasser. Necron löste das Kinnband seines Helmes und preßte vorsichtshalber noch immer den DRAGOMAE-Stein gegen die Stirn. Dann nahm er den Helm ab und sagte:
    »Ich glaube, es ist vorbei, Freunde.«
    Der Anführer Kermon schüttelte den Kopf und stieß einen undeutlichen Laut aus. Dann hustete er tief und anhaltend. Ein einsamer, weit auseinandergezogener Schrei hallte über das Wasser des Hafens, das noch immer von den blinkenden Feuern der zwei Türme erhellt wurde.
    »Nichts ist vorbei«, krächzte Kermon. »Der Befehl des Skalef gilt noch immer.«
    »Er wird es schwer finden, ihn durchzusetzen«, sagte Prinz Odam undeutlich und hob den Helm aus schroffen Zacken und Kanten vom Kopf.
    Die letzten Stürmer verließen das Wasser und tappten in einer müden, lethargischen Prozession mit triefenden Gewändern über die nassen Platten des Anlegeplatzes. Abgekämpft und trotzdem grinsend sahen ihnen die Krieger und Seeleute nach. Prinz Odam blieb vor dem Stürmer-Anführer stehen und fragte, die Hand am Dolchgriff:
    »Du willst mit uns reden?«
    »Es ist meine Aufgabe«, sagte er rauh. »Ich verspreche euch, daß wir mit Verstärkung wiederkommen und euch alle gefangennehmen. In der Stadt gibt es keine einzige tödliche Waffe.«
    Odam schnitt seine Fesseln durch, behielt aber den gezückten Dolch in den Fingern.
    »Wir sind hier, um Proviant und Wasser zu kaufen. Unsere Fahrt geht in die Schattenzone. Dort brauchen wir die Waffen.«
    »In die… Schattenzone? Aus freiem Willen?«
    »Freiwillig. Wir sind auf der Suche nach einer alten Wahrheit. Vermagst du dir vorzustellen, dort unbewaffnet einzudringen?«
    Schweigend und bestürzt schüttelte Kermon den Kopf. Die letzten Stürmer verschwanden schlaff und mit gebeugten Schultern zwischen den Häusern.
    Ein letztes Keuchen von Exinn und Skyll drang an die Ohren der Männer. In den Gebäuden der Stadt öffneten sich einige Fenster. Am anderen Ende des Hafens brannte ein kleines Schiff; man versuchte es mit Seewasser zu löschen, das in ledernen Kübeln hochgezogen wurde. Der Wahnhaller suchte seine Steinkeile und schob sie wieder in die Gürtelscheiden.
    Necron sagte vorwurfsvoll zu Kermon:
    »Du hast gesehen, wie wir kämpften!«
    Der Stürmer schien von einer unaufhaltsamen Müdigkeit befallen zu sein. Er massierte gedankenverloren seine Handgelenke und stand mit gebeugtem Rücken da.
    »Ja«, murmelte er.
    Die Seeleute klarten das Schiff auf, füllten neues Öl in die Laternen und brachten die Laufplanke aus. Necron rief ein paar Anweisungen. Die Männer sollten sich, Wachskugeln und Waffen griffbereit, unter Deck zur Ruhe legen. Er ließ eine Extraration Bier ausschenken. Essen wurde ausgeteilt.
    »Wir haben unsere tödlichen Waffen nicht angerührt«, meinte Odam in beschwörendem Tonfall. »Falls wir in Orankon an Land gehen, tragen wir sie nicht. Das versprechen wir. Einverstanden?«
    Kermon begann leicht zu taumeln und gähnte. Dann murmelte er schlaftrunken:
    »Meinetwegen.«
    Odam winkte seinen Kriegern. Sie packten Kermon an den Schultern und Armen und führten ihn über die Planke an Land. Die Lichter der nahen Schänke wurden angezündet. Wie ein geprügelter Hund schlich der Anführer der gefürchteten Stürmer davon und verschwand im Dunkel unter einem Torbogen. Jetzt gähnte auch Prinz Odam.
    »Ein langer, aufregender Tag geht zu Ende. Morgen werden wir sehen, wo wir eigentlich sind.«
    »In der Düsterzone, Freund, und auf Wahnhall«, meinte Necron. »Es kommt noch schlimmer, ich verspreche es.«
    Die beiden Alptraumritter auf der Suche nach Carlumen und dessen Spuren nickten sich wissend zu.
    Necron stellte drei Wachen auf und ging, ebenfalls erschöpft und ausgelaugt, hinunter in seine kleine Kabine. Er entzündete eine Lampe, schob sie vorsichtig in ihre Halterung vor dem polierten Metallspiegel und zog das Logbuch der Guinhan hervor.
    Langsam begann er, die Erlebnisse des letzten Tages niederzuschreiben. Luxon sollte morgen mittag lesen können, was sie hinter sich hatten.
    Er, Necron, würde viel lieber gewußt haben, was noch alles vor ihnen lag.
    Siebzehn Zeilen konnte er füllen, als es an die schmale Tür klopfte.
    »Herein.«
    Es war Exyll, der einen Krug Wein trug und eine Scheibe frisches Brot, auf der ein

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