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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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auf die Quadern warfen und an die Poller lehnten.
    Bisher hatte die Mannschaft des Schiffes den Wahnsinn nur an sich selbst gespürt. Da sie alle versucht hatten, Abwehrmittel zu finden, da weiterhin diese Mittel und Hilfen gewirkt hatten, waren sie sich selbst ziemlich sicher. Sie hatten die Schreie des Wahnsinns knapp ein dutzendmal gehört, und keiner von ihnen hatte ernsthaft Schaden genommen. Hier und jetzt mußten sie sehen, wie andere Menschen vom Irrsinn betroffen wurden. Es schien drei Gruppen zu geben, die unterschiedlich unter dem bösen Einfluß der schrecklichen Felsenpfeiler handelten.
    Die Bewohner der Stadt, die Lauscher und die Stürmer.
    Wieder schrie jemand schrill auf.
    »Kermon! Hierher!«
    Die leichte Dünung bewegte sämtliche Schiffe und ließ die Guinhan schwanken und sich knarrend wiegen.
    Auf dem riesigen dunklen Wrack und hinter dem Achtersteven des eigenen Schiffes hatten sich inzwischen rund dreißig Männer versammelt. Sie gehörten alle zu den Stürmern, die offensichtlich wach wurden, wenn die wahnsinnserzeugenden Laute erklangen. Ihre Opfer oder Gefangenen hatten sie alle weggeschafft; dieser Teil des Hafens war leer. Necron sah viele verdächtige Bewegungen.
    »Odam!« brüllte Necron und winkte seinem Freund.
    Odam mit seinen Schattenkriegern kam sofort näher. Sie hielten bereits die Waffen in den Händen. Necron wechselte den Kristall von der rechten in die linke Hand und brüllte durch das Heulen und Jaulen der Felsenstimme:
    »Keine Waffen. Sie werden das Schiff stürmen wollen…«
    Er wurde unterbrochen. Ein Mann mit einer schrecklichen Stimme schrie vom Kai aus zum Schiff hinauf:
    »Ich bin Kermon, der Stürmer. Im Namen Skalefs! Gebt die Waffen heraus. Oder ich versenke euer Schiff mit Mann und Maus.«
    »Die Mäuse kannst du haben, Kermon!« schrie Necron zurück. »Komm und hole dir die Waffen.«
    Eine weitere Seltsamkeit: Während die Lauscher und alle anderen Bewohner der Stadt vom Wahnsinn gepackt wurden und wie Wahnsinnige handelten, waren die Bewegungen und die Stimmen der Stürmer überraschend normal.
    Necron dirigierte seine Leute, die trotz ihrer Taubheit begriffen hatten, mit weit ausholenden Bewegungen. Sie warfen Äxte und Schwerter auf einen Haufen rund um den Mastfuß und suchten ihre Schilde zusammen, holten Knüppel und abgebrochene Riemenschäfte aus dem Unterschiff. Einige drehten kurze Wurfspeere um und stellten sich entlang der Reling auf. Exyll riß seine langen Faustkeile aus dem Gürtel, die Felssplitter, die von Exinn und Skyll stammten, wie er unwidersprochen behauptete.
    Auch Odams Krieger handelten nicht anders. Sie blieben auf dem Heckteil der Guinhan stehen und warteten scheinbar ruhig.
    Necron schnallte die beiden Brustgurte mit den geschliffenen Wurfmessern ab und hängte sie vorsichtig über einen Klampen.
    Dumpf kam die Stimme Odams unter dem Schlackenhelm hervor.
    »Sie versuchen es mit Gewalt, nicht wahr?«
    »Ohne Zweifel. Gebt acht. Wir werfen sie ins Wasser. Das wird ihren Mut abkühlen!« sagte der Kommandant.
    »Einverstanden. Es macht keinen Spaß, gegen Wahnsinnige zu kämpfen.«
    »Sie sind dennoch gefährlich.«
    Einige Stürmer, die aus dem Gebiet der Stadt kamen, stießen zu den anderen und verstärkten deren Kampfkraft. Vom Kai aus wurden breite Bretter auf das Schiff zugeschoben. Die Stürmer, denen es gelungen war, das Deck des namenlosen Schiffes neben der Guinhan zu entern, schlugen mit ihren Peitschen nach den Seeleuten entlang der Reling. Die langen, starken Schnüre wickelten sich um jeden Gegenstand, den sie trafen – um Tauwerk, um die Schäfte der Waffen, um Relingstützen oder die eisernen Halterungen der Fackeln. Immer wieder sprangen zwei Seeleute hinzu, packten die Peitschenschnur und rissen mit aller Kraft daran. Meist hielten sie das Gerät in den Händen, aber zweimal gelang es ihnen, den Männern dort drüben die Planken unter den Füßen wegzuziehen und sie kopfüber ins Wasser stürzen zu lassen.
    Dann erschien Kermon wieder zwischen den Pollern am Kai. Er rollte eine Wurfschlinge in der linken Hand zusammen und hob dann den Arm.
    »Auf mein Zeichen«, schrie er gellend. »Wir stürmen das Schiff. Alle zugleich.«
    »Kommt nur«, sagte Necron, hob einen ledernen Helm auf und setzte ihn auf. Den DRAGOMAE-Bruchstein steckte er über dem Ohr ins Haar und vergewisserte sich, daß er nicht hinausfallen konnte. Er hob einen Schild hoch und den abgebrochenen Stiel eines Zweihandbeils, mit dem man einen Kiel

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