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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Nieminen, guten Tag. Sie wollen mich sprechen?»
    Kauko Nieminen stand auf und gab mir die Hand. Sein schwarzer Anzug sah nagelneu aus, als hätte er ihn eigens für Nooras Beerdigung in einem Geschäft für Übergrößen gekauft, die Schnurrbartenden hingen ihm über die runden Backen wie zwei mickrige Fichtenzweige, seine kleinen Augen hatten einen wässrigen Blick. Ulrika Weissenberg sah elegant aus wie immer. Als einzigen Schmuck am schwarzen Samtkostüm trug sie ein weißes Seidentuch, dazu dezente Perlenstecker an den Ohren.
    «Wir wollten eigentlich mit Kriminalrat Taskinen sprechen, aber man hat uns gesagt, er sei nicht da. Sicher haben Sie einen Augenblick Zeit für uns, Hauptmeisterin Kallio?», fragte Ulrika Weissenberg.
    Ich bat die beiden in mein Büro. Nieminen nahm geistesabwesend auf dem Sofa Platz, während Ulrika Weissenberg einen viel sagenden Blick auf meine Männercollage und auf den geöffneten Ordner warf, der bei dem plötzlichen Aufbruch am Freitag auf dem Schreibtisch liegen geblieben war, bevor sie sich endlich zu ihrem Schützling setzte.
    «Wir haben Hanna gerade in der Klinik besucht.»
    «Wie geht es ihr?»
    «Nicht sehr gut, wie Sie sich denken können. Sie ist immer noch völlig außer sich und wird übermorgen nicht an Nooras Beerdigung teilnehmen können. Dennoch haben Kauko und ich beschlossen, die Trauerfeier nicht zu verschieben, denn die Einladungen sind bereits verschickt, die Todesanzeige ist aufgegeben, und die Eiskunstläufer haben ihr Programm einstudiert. Haben Sie das schon gesehen?»
    Sie warf mir die beiden Boulevardzeitungen hin. MUTTER
    DER ERMORDETEN EISKUNSTLÄUFERIN ERSCHOSS
    DEN MÖRDER, schrie die Schlagzeile der einen. Die andere machte es noch dramatischer: DIE RACHE EINER MUTTER: FRAU TÖTET DEN MUTMASSLICHEN MÖRDER IHRER
    TOCHTER. Beide Blätter hatten dem Ereignis eine Doppel-seite gewidmet, das eine zitierte Taskinen, der in seiner Stel-lungnahme betonte, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, doch zurzeit könne man davon ausgehen, dass Teräsvuori nicht Noora Nieminens Mörder sei.
    Es war zweifellos eine saftige Story, die noch eine ganze Weile ausgeschlachtet werden würde. Aber Ulrika Weissenberg war sicher nicht auf dem Präsidium erschienen, um ihre Entrüstung über die Presseberichte zum Ausdruck zu bringen.
    «Wir fordern Sie mit allem Nachdruck auf, die Ermittlungen intensiver voranzutreiben. Wenn die Polizei zügiger nach dem Mörder gefahndet hätte, wäre uns diese zweite Tragödie erspart geblieben.»
    Damit hatte sie natürlich Recht. Andererseits zählte ich sie weiterhin zu den Verdächtigen, während ich Kauko Nieminen endgültig von der Liste gestrichen hatte. Mir war einfach kein plausibles Motiv für ihn eingefallen, nachdem ich meine wilden Inzesttheorien verworfen hatte.
    «Wir haben von Anfang an mit vollem Einsatz ermittelt», erwiderte ich resigniert.
    «Wollen Sie Ihre absurden Verhaftungen als effektive Ermittlungen bezeichnen? Ist Janne Kivi, den Sie bereits zweimal hergeschleift haben, etwa Ihr Hauptverdächtiger?
    Liegen die Untersuchungsergebnisse zu seinem Pkw endlich vor? Dann ist seine Unschuld wohl bewiesen!»
    «Bei der zweiten Festnahme ging es um überhöhte Geschwindigkeit. Es war eine gerechtfertigte Maßnahme, denn Jannes Tempo lag weit über dem Limit. Was die Laborergebnisse betrifft …» Ich schluckte. Beinahe hätte ich die Wahrheit gesagt: Die kriminaltechnischen Untersuchungen waren praktisch wertlos, denn wir hatten kein Vergleichsmaterial für die fremden Fasern an Nooras Kleidern und in ihrer Tasche.
    Das belastendste Indiz war immer noch Ulrika Weissenbergs Fingernagel.
    «Bei Kapitalverbrechen haben wir in Finnland eine sehr hohe Aufklärungsrate», fügte ich hinzu.
    «Und was ist mit den berühmten ungelösten Fällen? Die Leichen am BodomSee, Kyllikki Saari …»
    «Ich bin gewillt, eine Belohnung auszusetzen für Hinweise, die zur Aufklärung des Mordes führen», unterbrach uns Kauko Nieminen plötzlich. «Meinen Sie, einhunderttausend Finnmark wären genug? In welchen Zeitungen sollte ich das Inserat schalten? Das Fernsehen könnte ich ebenfalls kon-taktieren, die ‹Fahndungszeichen›Redaktion meine ich.
    Und wenn Sie einen Privatdetektiv für hilfreich halten, zahle ich gern auch dafür.»
    Sein Angebot war ernst gemeint. Offenbar glaubte er, mit Geld ließe sich jedes Problem lösen.
    «Vielen Dank, Herr Nieminen. An Ihrer Stelle würde ich mit der Belohnung noch warten. Sie kann

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