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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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zu schweigen von der Fußbodenheizung, den Wollteppichen in den Schlafzimmern und dem Herd mit sechs Kochstellen, damit du uns auch vernünftig ernähren kannst.«
    »Du hast wirklich keinerlei poetische Ader.«
    »Nicht, wenn ich Hunger habe.« Er war zum Herd gegangen, hatte die Deckel von den Töpfen gehoben und an der dampfend köchelnden Suppe gerochen, dann die Ofentür geöffnet, um nach den Bratäpfeln zu sehen, auf denen Johannisbeeren und Zuckersirup schäumten. »Die zehn Jahre auf dem Le Cordon Bleu College haben sich wirklich ausgezahlt, nicht wahr?«
    »Ich habe jeden Moment genossen«, hatte sie ganz in Gedanken gesagt. Dabei hatte sie sich das Kochen selbst beigebracht, ebenso wie ihre Rolle als Geschäftsfrau, Ehefrau, Schwester, Tochter …
    »Dafür kannst du Gott dem Herrn danken«, hatte Leo erwidert.
    Sie dankte Gott aber nicht. Gott hatte damit nichts zu tun. Höchstens der Kollege, der Leo vor so vielen Jahren die Stelle am anderen Ende der Welt angeboten hatte. War das der Moment gewesen, in dem ihr Schicksal, das der ganzen Familie besiegelt worden war? Wenn sie nicht nach Tasmanien gegangen wären, wäre ihre Mutter dann trotzdem in so jungen Jahren gestorben? Wenn sie sich nicht entschieden hätten, in Tasmanien zu bleiben, hätte Juliet dann so gut kochen gelernt und die Stelle in dem Café bekommen, wo sie Myles kennengelernt hatte, mit dem sie heute ein Unternehmen führte und für mehr als vierzig Cafés in Australien und Großbritannien verantwortlich war? Hätte Leo mit seinen Erfindungen weitergemacht und unzählige nutzlose Geräte produziert, bis er eines Tages mit seinem Benzinfilter den Durchbruch erzielt und nun mehr Geld hatte, als er ausgeben konnte?
    Das Leben war kein Zufall. Es war wie eine Folge stürzender Dominosteine, jedes Ereignis verursachte ein weiteres, was wieder ein weiteres und noch ein weiteres anstieß. Das galt auch für dieses Haus. Es hätte sich doch niemand vorstellen können, dass sie einmal ihre Familientreffen in Donegal abhalten würden, im wilden Nordwesten Irlands.
    Leo war sechs Jahre zuvor bei Juliet und Myles in Manchester gewesen. Er hatte den Fernseher angemacht, wahllos zu einem Sender geschaltet, der Ton war leise gestellt. Sie wussten bis zu diesem Tag nicht, wovon die Sendung eigentlich gehandelt hatte, aber die Bilder einer Landschaft hatten sie gefesselt: wilde karge Berge, grüne Felder, die sich bis zur See erstreckten, lange, leere Strände. Das sieht wie Tasmanien aus, hatte Juliet gesagt. Dem Abspann hatten sie entnommen, dass die Aufnahmen in Donegal entstanden waren.
    Erst später hatte sie erfahren, dass Leo gleich von Manchester aus Richtung Donegal geflogen war und in der Stadt mehrere Maklerbüros aufgesucht hatte. Mit dem cleversten Makler war er am Tag darauf durch die Grafschaft gefahren. Nach nur zwei Gesprächen mit Alteingesessenen wussten sie, welches Haus früher Tessas Familie gehört hatte. Unglücklicherweise war Leo zu spät gekommen. Es war nur noch eine Ruine. Nicht jedoch das Haus, das zwei Grundstücke weiter zum Verkauf angeboten wurde – und den gleichen Ausblick hatte.
    Leo hatte die Neuigkeit verkündet, als Miranda auch gerade einen ihrer kurzen Zwischenstopps bei Juliet einlegte.
    »Ich habe eine Überraschung«, hatte Leo nach dem Essen gesagt und eine Broschüre auf den Tisch gelegt. »Ich war der Meinung, wir sollten uns ein Ferienhaus gönnen. Für unsere Weihnachtsfeste. Und zwar an einem ganz besonderen Ort. Jetzt ratet mal, wo.«
    Miranda und Juliet hatten auf das Exposé geblickt. Ein großes Haus, umgeben von grünen Feldern, in der Ferne sah man das Meer.
    »Byron Bay?«, hatte Miranda gefragt. Die Landschaft hatte sie an den Ostzipfel Australiens erinnert.
    »Irgendwo in Victoria?«, hatte Juliet vorgeschlagen. »Nahe der Great Ocean Road?«
    »Ihr seid im falschen Land«, hatte Leo gesagt, und ein breites Grinsen war auf seinem Gesicht erschienen. »Ich werde euch erlösen. Es ist Donegal.«
    »Donegal, du meinst Donegal, Irland ?«
    »Donegal, du meinst das Donegal von Mums Großmutter?«
    Leos Strahlen hatte da bereits hundert Watt. »Ganz genau.«
    »Na, das ist praktisch«, hatte Miranda gesagt. »Da können wir ja mal ganz spontan ein Wochenende wegfahren, es kostet dann bloß Tausende Dollar und dauert auch bloß zwei Tage, um dahin zu kommen.«
    Er hatte ihre Bemerkung überhört. »Eure Mutter ist nur einen Steinwurf von diesem Haus entfernt aufgewachsen. Erinnert ihr euch noch an

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