Die Toechter der Familie Faraday
ihnen für all ihre Hilfe nicht noch etwas zahlte. Selbst ohne den Beitrag zum Haushalt fand Miranda es schon schwierig genug, sich auf dem Niveau zu halten, das sie so dringend anstrebte.
Der Barmann brachte die Drinks und kassierte. »Alles in Ordnung, Miranda?«, fragte er, als er ihr das Wechselgeld zurückgab.
»Bestens, danke.«
Das stimmte und auch wieder nicht. Tom hatte sie zuvor angerufen. Ihr eine Lügengeschichte erzählt. Es würde ihm das Herz brechen, aber er würde in eine andere Region versetzt. Künftig wäre er für Victoria und Südaustralien zuständig.
»Das hat deine Frau von dir verlangt, oder?«
Er hatte geschwiegen.
Miranda hatte gelacht. »Es ist in Ordnung, Tom.« Sie meinte es so. Er war für sie sowieso zu alt. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, ihm das zu sagen, sich dann aber entschieden, es sich für eine spätere Gelegenheit aufzusparen. Außerdem war er ein wenig zu besitzergreifend geworden. Er hatte sie in letzter Zeit fast jeden Tag in der Drogerie angerufen, gelegentlich sogar zu Hause. Toms Frau hatte offenkundig die Telefonrechnung geprüft. Miranda hatte eigentlich geglaubt, sie wäre in Tom verliebt, musste aber feststellen, dass dem nicht so war. Vermissen würde sie ihn schon, aber nicht allzu sehr. Und schließlich gab es jede Menge Vertreter, die man sich angeln …
»Miranda, ich möchte dir Kevin vorstellen, aus Sydney. Er ist beruflich hier und möchte uns gerne einen Drink spendieren.« Liz. Endlich.
Miranda wirbelte auf ihrem Barhocker herum, streckte die Hand aus und schenkte ihm ein breites, einladendes Lächeln. »Kevin, wie schön, Sie kennenzulernen. Willkommen in Hobart.«
Clementine war in Nöten. Sie hatte geglaubt, auf alles vorbereitet zu sein. Von dem Moment an, als sie von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte, hatte sie sich entschieden, damit organisiert umzugehen. Sie hatte sämtliche Bücher zum Thema gelesen. Sie hatte in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft mit der Hebamme gesprochen. Sie war zu allen Vorsorgeuntersuchungen gegangen, mit langen Listen voller säuberlich notierter Fragen. Sie hatte eine Idee ihrer Mutter übernommen und ein Sammelbuch angelegt, mit praktischen Tipps für die Pflege eines Neugeborenen, für den Umgang mit einem drei Monate alten Säugling, für alles, was im Alter von neun Monaten zu erwarten war. Sie kannte die Symptome von mehr als einem Dutzend seltener Kinderkrankheiten.
Sie war mit dem Klatsch in der Schule zurechtgekommen und dem Tratsch der Nachbarn. Sie hatte sich im Laufe der Schwangerschaft an ihren veränderten Körper gewöhnt, daran, dass sie nun rund war, wo sie vorher schlank war, schwer und nicht mehr leicht war. Ihre Schwestern hatten ihre dicke Kugel gestreichelt, als wäre sie eine Katze, die auf ihrem Schoß saß. Sie hatte sie schon bitten wollen, damit aufzuhören, bis sie feststellte, dass es ihr gefiel. Bei ihren Schwestern. Was ihr dagegen gar nicht behagte, war, wenn Fremde sie anfassten. In der Schule war sie die Attraktion gewesen. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, ihren Klassenkameraden für jedes Mal Anfassen fünf Cent abzunehmen.
In der Woche vor ihrer Abschlussprüfung war sie siebzehn Jahre geworden. Sie hatte ihre Prüfungen an einem Tisch geschrieben, der für sie ins Klassenzimmer gebracht wurde, weil sie an den normalen Pulten nicht mehr sitzen konnte.
Die Geburt war schmerzhaft gewesen, aber es war, wie die Bücher vorausgesagt hatten. Als es vorbei war, waren die Schmerzen schon wieder vergessen. Die Hebamme hatte ihr gesagt, es wäre gut, in so jungen Jahren ein Baby zu bekommen. Dann wäre der Körper noch am anpassungsfähigsten. Er würde gleich wieder in seine alte Form zurückflutschen, sie würde schon sehen.
Er war nicht »geflutscht«, aber es war sehr viel schneller gegangen, als sie es sich vorgestellt hatte. Auch hatte sie, wie empfohlen, gestillt. Alles in allem entsprach das meiste ihren Erwartungen.
Mit einer großen Ausnahme.
Maggie.
Clementine mochte zwar alle Bücher gelesen haben, ihre sieben Monate alte Tochter dagegen eindeutig nicht. Maggie machte, was sie wollte. Sie schrie ohne Grund. In der einen Nacht schlief sie, in der folgenden gar nicht. Den einen Tag ließ sie sich klaglos füttern, am nächsten hatte sie keinen Appetit und schaute nur mit ihren dunklen, glänzenden Augen in die Welt. Sie brüllte, wenn man sie allein ließ. Sie brüllte, wenn sie zum Schlafen in ihr Zimmer gebracht wurde. Manchmal brüllte sie auch ohne
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