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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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Erst als sie Niclas’ Hände, die sie heftig schüttelten, auf ihren Schultern spürte, begriff sie, daß sie ihre eigene Stimme hörte. Eine Sekunde lang verspürte sie Erleichterung. All das Schlimme war nur ein Traum. Sara war wohlbehalten und lebendig, und die Alpträume hatten ihr nur einen bösen Streich gespielt. Aber dann blickte sie Niclas direkt ins Gesicht, und die Einsicht, die darauf folgte, ließ einen neuen Schrei in ihrer Brust entstehen. Niclas kam ihm zuvor, zog sie an sich, so daß sich der Schrei in tiefe schluchzende Laute verwandelte. Sein Pullover war ganz naß, und sie spürte den unbekannten Geruch seiner Tränen.
    »Sara, Sara«, klagte sie. Obwohl sie jetzt wach war, befand sie sich noch immer im freien Fall durch den Raum, und nur Niclas’ Arme um ihren Körper hielten sie zurück.
    »Ich weiß, ich weiß.« Er wiegte sie hin und her, und seine Stimme klang belegt.
    »Wo bist du gewesen?« fragte sie leise schluchzend, aber er wiegte sie nur immer weiter und strich ihr mit zitternder Hand übers Haar.
    »Schhhh, ich bin ja jetzt hier. Schlaf noch ein bißchen.«
    »Ich kann nicht …«
    »Doch, du kannst. Schhhh …« Und er wiegte sie rhythmisch, bis die Dunkelheit und die Träume erneut über sie hereinbrachen.
     
    Die Neuigkeit hatte sich in ihrer Abwesenheit auf dem Polizeirevier verbreitet. Um tote Kinder ging es hier selten, nur mal ein Autounfall im Abstand von vielen Jahren, und nichts konnte das Haus in eine solche Trauerstimmung versetzen.
    Annika warf Patrik einen fragenden Blick zu, als er mit Martin an der Rezeption vorbeikam, aber er war nicht fähig, mit jemandem zu sprechen, wollte nur in sein Zimmer und die Tür hinter sich schließen. Sie begegneten Ernst Lundgren auf dem Flur, aber nicht einmal der sagte etwas, und Patrik schlüpfte rasch in die Stille seines eigenen kleinen Kabuffs, und Martin tat es ihm gleich. Nichts in ihrer Berufsausbildung hatte sie auf eine solche Situation vorbereitet. Eine Todesnachricht zu übermitteln gehörte zu den absolut beschissensten Aufgaben des Polizeiberufs, und den Eltern eines verunglückten Kindes die Todesnachricht zu überbringen war das schlimmste. Es widersprach einfach jeder Vernunft. Kein Mensch sollte gezwungen sein, derartige Nachrichten zu überbringen.
    Patrik setzte sich an den Schreibtisch, stützte den Kopf in die Hände und Schloß die Augen. Dann öffnete er sie rasch wieder, weil er in der Dunkelheit hinter den Lidern nur Saras bläulichweiße Haut vor sich sah und ihre Augen, die blicklos in den Himmel starrten. Statt dessen griff er nach dem vor ihm stehenden Bilderrahmen und führte ihn so dicht wie möglich ans Gesicht. Das erste Bild von Maja in der Klinik. Müde und zermürbt ruhte sie in Ericas Armen. Häßlich und dennoch schön, auf diese einmalige Weise, das konnte nur jemand verstehen, der sein Kind selbst zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Und Erica, matt und erschöpft lächelnd, aber auf neue Weise aufrecht und mit dem Stolz, etwas geschafft zu haben, das man nicht anders als ein Wunder bezeichnen konnte.
    Patrik wußte, daß er sentimental und pathetisch war. Aber erst am heutigen Vormittag hatte er das Ausmaß der Verantwortung begriffen, die ihm mit der Geburt der Tochter auferlegt worden war, und auch das Ausmaß der Liebe und der Angst, die es mit sich brachte. Als er das ertrunkene Mädchen wie eine reglose Statue auf dem Bretterboden liegen sah, wünschte er einen Augenblick lang, daß Maja nie geboren wäre. Denn wie sollte er mit dem Risiko leben, sie verlieren zu können?
    Vorsichtig stellte er das Foto zurück an seinen Platz und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen auf dem Stuhl zurück. Sich weiter an die Aufgaben zu machen, mit denen er vor dem Anruf aus Fjällbacka beschäftigt gewesen war, kam ihm plötzlich total sinnlos vor. Am liebsten wäre er heimgefahren, um sich für den Rest des Tages ins Bett zu legen und die Decke über den Kopf zu ziehen. Ein Klopfen unterbrach ihn in seinen düsteren Gedanken. Er rief: »Herein!«, und Annika schob behutsam die Tür auf.
    »Hallo, Patrik, entschuldige die Störung. Ich wollte nur sagen, daß man von der Gerichtsmedizin angerufen und mitgeteilt hat, daß sie die Leiche erhalten haben und wir den Obduktionsbericht übermorgen bekommen.«
    Patrik nickte müde. »Danke, Annika.«
    Sie zögerte. »Habt ihr sie gekannt?«
    »Ja, ich habe das Mädchen, also Sara, und ihre Mutter in letzter Zeit ziemlich häufig gesehen. Charlotte

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