Die Toechter der Kaelte
auf und warf es an das Fenster. Jetzt sah sie, daß sich drinnen im Dunkeln etwas bewegte, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Das Jagdfieber packte ihren Körper, und Agnes spürte, wie ihre Wangen glühten. Als er fragend das Fenster öffnete, schlich sie hinter den Fliederbusch, der das Fenster zum Teil bedeckte, und holte tief Luft. Die Jagd konnte beginnen.
Mit einem Gefühl der Schwere in Herz und Schritten verließ er Meilbergs Zimmer. Verdammter Scheißkerl! war der klar artikulierte Gedanke in seinem Gehirn. Er begriff sehr wohl, daß der Kommissar ihm Ernst nur aus Bosheit aufgezwungen hatte. Wäre die Sache nicht so verdammt tragisch, könnte man sie fast komisch nennen, so dumm war das Ganze.
Patrik ging zu Martin ins Zimmer und signalisierte mit seiner ganzen Haltung, daß die Dinge nicht wie gewünscht verlaufen waren.
»Was hat er gesagt?« fragte Martin, Schlimmes ahnend.
»Leider kann er dich nicht entbehren. Du sollst mit irgendeiner Autogeschichte weitermachen. Hingegen konnte er auf Ernst offenbar problemlos verzichten.«
»Du scherzt«, sagte Martin mit leiser Stimme, da Patrik die Tür nicht hinter sich geschlossen hatte. »Sollst du mit Lundgren zusammenarbeiten?«
Patrik nickte düster. »Sieht so aus. Wüßten wir, wer der Mörder ist, könnten wir ihm ein Telegramm schicken und gratulieren. Diese Ermittlung dürfte hoffnungslos verzögert werden, falls es mir nicht gelingt, ihn so weit wie möglich davon fernzuhalten.«
»Scheiße auch!« sagte Martin, und Patrik konnte ihm nur zustimmen. Nach minutenlangem Schweigen erhob er sich, die Hände auf die Schenkel gestützt, und versuchte ein bißchen Enthusiasmus zu zeigen.
»Also, da muß man wohl einfach loslegen.«
»Womit gedachtest du anzufangen?«
»Ja, zunächst heißt es wohl, die Eltern des Mädchens von der neuen Entwicklung zu informieren und ein paar vorsichtige Fragen zu stellen.«
»Nimmst du da Ernst mit?« fragte Martin skeptisch.
»Tja, ich werde wohl versuchen, hier allein wegzukommen. Hoffentlich kann ich ihn von seinem Partnerwechsel erst später informieren.«
Aber als er auf den Flur hinaustrat, begriff er, daß Mellberg seine Pläne durchkreuzt hatte.
»Hedström!« Ernst Stimme, laut und nörglig, ertönte.
Einen Augenblick überlegte Patrik, sich zurück in Martins Zimmer zu flüchten und sich zu verstecken, doch widerstand er diesem kindischen Impuls. Zumindest einer in diesem neu zusammengestellten Team mußte sich schließlich wie ein Erwachsener benehmen.
»Hier bin ich!« Er winkte leicht in Lundgrens Richtung, der sofort angedampft kam. Groß und hager, mit ständig unzufriedenem Gesichtsausdruck, war er kein schöner Anblick. Was er am besten beherrschte, war, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten, zu richtiger Polizeiarbeit hatte er weder die Fähigkeit noch den Willen. Nach dem Zwischenfall im letzten Sommer fand Patrik obendrein, daß seine Dummdreistigkeit und sein ständiger Wunsch zu brillieren geradezu gefährlich bei der Zusammenarbeit waren. Und jetzt war er selbst gezwungen, sich mit Lundgren herumzuärgern. Tief seufzend ging er ihm entgegen.
»Ich habe gerade mit Mellberg gesprochen. Er sagte, dieses Mädel ist ermordet worden, und wir sollen die Ermittlung zusammen leiten.«
Patrik sah nervös aus. Er hoffte wirklich, daß Mellberg ihn nicht hintergangen hatte.
»Ich glaube eher, daß Mellberg gesagt hat, ich soll die Ermittlung leiten und du sollst mit mir zusammenarbeiten. War es nicht so?« fragte Patrik mit samtweicher Stimme.
Lundgren senkte den Blick, doch nicht schnell genug, um Patrik das Aufblitzen von Abscheu in seinen Augen zu verbergen. Ernst hatte nur auf den Busch geklopft. »Doch, so war es vielleicht«, sagte er wütend. »Nun, wo wollen wir dann anfangen - Chef …?« Ernst äußerte das letzte Wort mit tiefer Verachtung, und Patrik ballte vor Frustration die Hände. Schon jetzt würde er den Kerl am liebsten erwürgen.
»Komm, wir gehen in mein Zimmer.« Er trat ein und setzte sich hinter den Schreibtisch. Ernst nahm ihm gegenüber Platz und drapierte die langen Beine vor sich.
Kurze Zeit später hatte Ernst alle Informationen erhalten, und sie nahmen ihre Jacken, um sich zu Saras Eltern aufzumachen.
Die Fahrt nach Fjällbacka verbrachten sie in totalem Schweigen. Keiner von beiden hatte dem anderen etwas zu sagen. Als sie die Steigung nahmen und in die Auffahrt der Familie Florin einbogen, erkannte er den Kinderwagen sofort wieder. Sein erster
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