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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Glitzern der Wellen blendete derart, dass Christoforo den Blick abwenden musste. Über seinem Kopf umkreiste ein jagender Bussard das kleine Wäldchen zu seiner Rechten, während er sich mit seltsam warnenden Schreien mit einem Gefährten verständigte. Respektlose Schwalben tobten in wildem Fangspiel um die majestätischen Vögel herum. Dort! War dort nicht Metall aufgeblitzt? Neugierig näherte er sich der Stelle, an der sein Auge Bewegung wahrgenommen hatte, bis er das westliche Ende des Landtores erreicht hatte. Nichts.
     
    Dann plötzlich, gänzlich unerwartet, zerriss die Stille um ihn herum in einer Reihe von Explosionen, als gleichzeitig eine Mine unter dem Ravelin ein riesiges Loch in die Mauer zu seiner Linken riss, und der eben erst reparierte Turm der Arsenal Bastion von schwerer Artillerie bombardiert wurde. Schneller als die Venezianer reagieren konnten, stürmten die Osmanen unter Lala Mustafa Paschas persönlicher Führung den Ravelin und brandeten auf das schwer bewachte Landtor zu, wo zahllose Angreifer von den Musketieren auf den Zinnen niedergemäht wurden. Pfeile pfiffen Christoforo um die Ohren und richteten verheerenden Schaden an. Doch bald schon bedeckte der Pulverdampf sowohl Angreifer als auch Verteidiger mit einer Rauchwand, die so dicht war, dass es beinahe unmöglich war, die Umrisse der Kämpfer auszumachen.
     
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Zypern, vor den Toren von Famagusta 29. Juni 1571
     
    Entgegen allen Erwartungen war Francesco immer noch am Leben und in der Lage zu gehen. Einer seiner Männer hatte den osmanischen Aga davon abgehalten, ihm der Reihe nach Nase, Ohren und Zunge abzuschneiden, indem er gebrüllt hatte: „Er ist der Schwager des Generals.“ Mustafa Pascha hatte einen nervenaufreibenden Moment lang gezögert, bevor er den Dolch zurückgezogen hatte und ihn in die prachtvolle Scheide hatte gleiten lassen. „Das ändert die Sachlage allerdings dramatisch“, verkündete er und wies zwei seiner Wachen an, Francesco auf die Beine zu helfen. Seit diesem Augenblick hatte er seine Kameraden aus den Augen verloren, da er königlich in einem der geräumigen Zelte im innersten Ring des türkischen Lagers untergebracht war.
     
    Er war eine Geisel – das war ihm in dem Moment klar geworden, als der Aga ihm einen Kelch süßen Rotweines angeboten und ihn eingeladen hatte, eine Partie Schach gegen ihn zu spielen. Allerdings hatte er die teuflische Genialität des Planes, der hinter dieser täuschenden Gastfreundschaft steckte, erst später durchschaut. Nämlich als er im Morgengrauen des heutigen Tages mit den anderen Gefangenen zusammengebunden worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Natur um sie herum noch im tiefen Schlaf befunden, und außer dem Zirpen der Grillen war kein Laut zu hören.
     
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    Und nun hustete Francesco Schmutz und Staub. Er war zusammen mit den anderen Gefangenen grob zur Seite gestoßen worden, nachdem sie ihren Zweck erfüllt und die Verteidiger der Arsenal Bastion davon abgehalten hatten, das Feuer auf die vorrückenden Angreifer zu eröffnen. Er hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen, als er die Männer auf den von Kanonenkugeln zerfressenen Mauern auf sie hatte anlegen sehen. Doch dann hatte einer der Venezianer einen Befehl gebrüllt, und die Schützen hatten die bereits glimmenden Musketen wieder gesenkt.
     
    Um ihn herum vermischten sich die Laute grunzender, gurgelnder und schreiender Soldaten mit einer Kakophonie aus donnernden Waffen und klirrendem Eisen. Wenn er doch nur seinen Kameraden beistehen könnte! Ihnen waren die Hände auf den Rücken gebunden worden, und die Beine waren aneinandergefesselt, damit sie nicht fliehen konnten. Er war auf dem Gesicht gelandet, als einer der türkischen Soldaten ihn rücksichtslos den Hang des Verteidigungsgrabens hinabgestoßen hatte. Aber glücklicherweise war es ihm gelungen, sich aus dem Gefahrenbereich der zu Boden donnernden Steinbrocken der zerschossenen Mauer zu rollen. Einigen der anderen venezianischen Gefangenen war das Schicksal allerdings weniger gnädig gewogen. Mehrere Männer bluteten aus tiefen Wunden und Raffaele, einer der Fußsoldaten aus Francescos Regiment, hatte das linke Bein verloren, als ein riesiger, rasiermesserscharfer Gesteinsbrocken wie die Klinge eines Beils auf ihn niedergesaust war und seinen Oberschenkel vom Rumpf getrennt hatte. Er stand unter Schock, die überwältigend blauen Augen so weit aufgerissen, dass sie lidlos wirkten. Sein Körper zitterte

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