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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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einen Haufen zusammengerollter Taue fallen. Obgleich ihr eigentlich die Kraft dazu fehlte, lächelte Elissa ihn müde an und beschloss, die gute Tat eines Tages zu vergelten.
     
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Venedig, Signor Brabantios Casa, Dezember 1570
     
    Jede Faser in Desdemonas Körper vibrierte vor Aufregung. Seit dem schicksalhaften Abend, an dem sie von der oh so verbotenen Frucht der schrankenlosen Liebe gekostet hatte, waren erst ein paar Tage vergangen. Doch Desdemona erschienen sie wie eine qualvolle Ewigkeit. Sehnsüchtig dachte sie an den kurzen Moment des Glücks zurück, als Christoforo sie in die Arme geschlossen hatte. Als die Schritte eines Dieners näher gekommen waren, hatte sie sich aus Christoforos Umarmung lösen müssen, aber sie waren übereingekommen, sich heute nach der Messe zu treffen. Angelina hatte ihr versprochen, ihre Eltern abzulenken, um ihr ein wenig Zeit allein mit ihrem Geliebten zu verschaffen, und jetzt brannte Desdemona darauf, das Haus zu verlassen.
     
    „Bist du sicher, dass du weißt, was du tust?“ Angelina warf sich einen dunkelbraunen Mantel über und zurrte ihn am Hals zusammen. Sie hatte sich erstaunlich schnell von der unangenehmen Überraschung erholt, die Cesare ihr bereitet hatte, und manchmal schien es, als habe die Enttäuschung ihren Dickkopf noch verstärkt. Energisch hatte sie verkündet, dass sie nicht bereit war, sich von ihm ihre gute Laune verderben zu lassen, und dass sie vorhatte, ihn so schnell wie möglich zu vergessen. Desdemona hatte sie zwar forschend angesehen, aber bald erkannt, dass es ihrer Schwester ernst zu sein schien, auch wenn Angelina schon immer recht wankelmütig und leichtsinnig mit ihrer Zuneigung umgegangen war. „Ja“, erwiderte Desdemona ernst. „Ich liebe diesen Mann mehr als mein eigenes Leben.“ Ihre Kornblumenaugen füllten sich mit Tränen. Die Gefühle, die sie für Christoforo empfand, waren zu übermächtig, um sie zu verstehen. „Ich würde meine Stellung in der Gesellschaft für diese Liebe opfern.“ Sie schluckte trocken. Angelina sah sie schockiert an. Hatte ihre Schwester den Verstand verloren? Alles aufzugeben für einen Mann von mehr als zweifelhafter Herkunft! Sie raffte die Röcke und trat zu Desdemona, die vor dem verzierten Spiegel saß und ihre Haare flocht. Sanft drehte sie die Schwester zu sich herum und blickte ihr tief in die Augen, die von der Macht ihrer Gefühle getrübt waren. Während sie neben ihr in die Hocke ging, ergriff sie ihre Hand und fuhr sanft mit dem Daumen darüber. Desdemonas Lippen zitterten, und Angelina sah, wie sich ihre Brust unter dem dunklen Kleid, das sie trug, hob und senkte. „Wenn du ihn wirklich so sehr liebst, werde ich dir helfen.“ Sie konnte kaum glauben, was sie da sagte. Doch ein Blick in die Augen ihrer Schwester genügte, um die Tiefe ihrer Empfindungen zu verstehen. „Wirklich?“, fragte Desdemona kleinlaut – ihr Gesicht von aufkeimender Hoffnung erhellt. „Ja.“ Angelina drückte ihr bekräftigend die Hand und zog sie auf die Beine. „Und jetzt lass uns gehen. Vater und Mutter warten sicher schon auf uns.“
     
    Nachdem sich auch Desdemona einen Mantel übergeworfen hatte, verließen sie die Kammer und gingen den langen Korridor entlang, der von einer Balustrade aus geschnitztem Ebenholz eingerahmt wurde. Von unten aus der Halle drangen laute Stimmen zu ihnen herauf, und Angelina warf Desdemona mit hochgezogenen Brauen einen fragenden Blick zu. Ohne auch nur ein einziges Wort zu wechseln, kamen die Schwestern überein, sich nicht sehen zu lassen und zu belauschen, was dort unten vor sich ging. Sie konnten den ärgerlichen Bass ihres Vaters vernehmen und die bittende Stimme eines anderen, jüngeren Mannes. „Aber ich bete sie an, Signore “, flehte der Jüngere. Das versprach, interessant zu werden. „Ich werde alles tun, was Ihr verlangt!“ Desdemona versuchte, durch die Balustrade einen Blick auf den Besucher zu erhaschen, ohne selbst von unten gesehen zu werden. Was sie erblickte, ließ ihr Herz jedoch einige Schläge aussetzen. Der widerliche Rodrigo! Während des Balles war er den ganzen Abend über an ihre Fersen geheftet gewesen, und sie hatte ihn bei anderen jungen Edelleuten über sein immenses Vermögen aufschneiden hören. Sicherlich würde ihr Vater nicht …! „Nein, Signore , Euer Ruf eilt Euch voraus“, rief ihr Vater allerdings empört aus. „Ich werde meine Tochter ganz gewiss keinem Trunkenbold und Spieler zur Frau geben!“ Sie

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