Die Toechter Egalias
beschäftigte, las Referate, kommentierte Beschlüsse, fragte, was diese oder jene Anmerkungen zu bedeuten hätten und was sie in konkreten Fällen zu unternehmen gedenke. Außerdem sah er gut aus. Sie war nicht die einzige, die ihm das Vaterschaftspatronat angeboten hatte. Und wenn sie mit ihm ausging, stand er bei gesellschaftlichen Anlässen oft im Mittelpunkt des Interesses. Trotzdem hielt er ihr die Treue. Jedenfalls soweit sie wußte. Ja, er war ihr treu. Etwas anderes konnte sie sich nicht vorstellen.
An diesem Abend wimmelte es im Klub von Frauen. Sonntags frauschte immer ein großes Gedränge, denn nach einem mit der Familie verbrachten Wochenende hatten viele das Bedürfnis, ein wenig unter ihresgleichen zu sein. An diesem Abend aber war es geradezu beängstigend voll. Der Grund: die große Volksburgdebatte.
Die Arbeitsmarktlage war prekär. Die Bevölkerungsziffer sank ständig. Das bedeutete einen ständigen Mangel an Arbeitskräften. Außerdem hatten die jüngeren Jahrgänge höhere Anfangsgehälter gefordert, höhere Ausbildungsbeihilfen und die Herabsetzung der Altersrenten, was sie auch ungeniert verlangen konnten, denn es bestand ja Arbeitskräftemangel. Aber damit nicht genug, die junge Generation forderte zudem eine Erhöhung des Schwangerschaftsausgleichs.
Die Volksburg stand unter dem Druck, diese Fragen unverzüglich zu behandeln. Es war eine lange Grundsatzdebatte, in deren Verlauf die Probleme in kurz- und langfristige Ziele aufgeteilt wurden. Für Berufsanfänger hatte dam eine kleine Gehaltsaufbesserung durchgesetzt, doch war dam sich darin einig, daß diese die Situation prinzipiell nicht ändern würde. In der Sitzung wurden Maßnahmen erörtert, die auf längere Sicht den steten Geburtenrückgang eindämmen sollten. Das System der progressiven Prämiierung von Geburten funktionierte nicht zufriedenstellend. Einige Rednerinnen, die eine höhere Bezahlung für Schwangere befürworteten, ergriffen das Wort. Bisher habe dam nur bezahlten Urlaub bekommen, wenn dam schwanger war, dazu eine Schwangerschaftszulage von zehn Prozent und Kindergeld, dessen Höhe von der Zahl der Kinder abhing. Außerdem bekomme dam Diätzulage während der Stillzeit. Die Stillzeit dauere immer fünf Monate. Das schlimmste aber sei, daß während der Schwangerschaft die Gehaltssteigerung so gering ausfalle. Sie sei geradezu lächerlich niedrig. Einige machten geltend, die Volksburg müsse endlich einsehen, daß die Leute keine Lust hätten, neun Monate schwanger zu sein, wenn dies nicht höher eingeschätzt werde. Das sei vor allem für die Arbeiterklasse ein Problem. Eine Schwangerschaft sei nun einmal eine starke Beanspruchung des Wibschenkörpers. Und wenn man sich vorstelle, daß dieser Körper nach einer Schwangerschaft harte Arbeit leisten solle, so sei es nicht erstaunlich, daß viele aus den unteren Schichten sich weigerten, Kinder zu kriegen.
Insbesondere der Egalitäre Flügel hatte auf dieses Problem der niederen Schichten hingewiesen und einen Vorschlag unterbreitet, der eine 25prozentige Lohnsteigerung in der Schwangerschaftsperiode, eine Verlängerung des Urlaubs um drei Wochen, eine Erhöhung des Kindergeldes beim ersten Kind sowie eine zehnprozentige Steigerung des Diätgeldes während der Stillzeit vorsah.
Mehrere glänzende Rednerinnen unterstützten dies, wobei sie hervorhoben, daß das erste Kind gleichsam der springende Punkt sei. Die Statistiken würden nämlich beweisen, daß es schwieriger sei, die Leute zum ersten Kind zu bewegen als zum zweiten. Deshalb sei es ein großer Fehler der Volksburg gewesen, daß dam den Betrag für das erste Kind so niedrig angesetzt habe. Das sei ganz einfach ein schlechter Gedanke gewesen, meinten die Radikalen.
Die Begeisterung über diesen Vorschlag schlug während der Debatte hohe Wellen. Tatsächlich handelte es sich um eine der allgemein-wibschlichen Fragen, über die die Parteien längst Einigkeit erzielt hatten, lange bevor die hitzige Debatte entbrannt war.
Das meiste Aufsehen erregte ein männlicher Vertreter, als er ans Podium trat und vorschlug, dam solle eine staatlich gelenkte Abtreibung einführen. Er war relativ neu in der Burg und in der Politik als Kunst des Möglichen nicht sonderlich bewandert. Sichtlich nervös war er zur letzten Umfrage gekommen, ein kleiner, molliger, hübscher Kerl mit Spitzbart. Doch hatte er nicht vielleicht einen zu großen Penis? Die Volksvertreterinnen konnten es sich nicht verkneifen, auf die bewußte Stelle
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