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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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zufällig vorbeigekommen sei und ebenfalls zufällig etwas zu nah am Strand. Petronius schlich in Richtung Wald. Er war nur auf dem Weg nach Hause, erst auf dem Weg nach draußen und jetzt eben auf dem Nachhauseweg. Er war eigentlich gar nicht mehr da und hatte sich bereits davongemacht. Im Grunde genommen hatte sie ihn überhaupt nicht gesehen, ihn lediglich zu sehen geglaubt. Sie sollte aber nicht irgend etwas glauben! Adieu! Petronius hatte sich bereits umgedreht und war einige Schritte in den Wald hineingegangen.
    „Petronius Bram!“ hallte es aus der Dunkelheit. Er wandte sich um, machte ein paar Schritte, blieb unschlüssig stehen und ging dann schließlich direkt auf sie zu. Petronius sah Gro ins Gesicht.
    „Hast du Angst?“
    „Nein.“
    „Aber warum fürchtest du dich, wenn du keine Angst hast?“
    „Ich fürchte mich vor der Dunkelheit.“
    „Aber im Dunkeln kann dich doch niemand sehen. Davor braucht dam keine Angst zu haben.“
    Sie nahm in an der Hand und führte ihn in die Hütte. So also wohnte Gro Maitochter. Die Einrichtung war schlicht und einfach: eine schmale Bank, ein Tisch, eine Petroleumlampe, ein Stuhl, ein Sessel, einige Bücherregale und ein Kamin, vor dem die schwarze Katze lag. An der Wand hing ein großes Foto einer vom Wetter gezeichneten Frau in Seefrauenkluft, ferner ein grünes Riesenposter mit den Konturen von Matraxias Gesicht. Petronius erschrak ein wenig, als er es entdeckte. Wenn es irgend etwas auf der Welt gab, was Rut Bram verachtete, so waren es Matraxias Gedanken. Immer wenn ihr im Fernsehen oder im Klub etwas nicht paßte, zischte sie geringschätzig: „Matraxiatisch inspiriertes Gewäsch!“ Petronius hatte dies von klein auf gehört, ehe er überhaupt wußte, wer Matraxia war. Auch jetzt konnte er nicht ganz genau sagen, wofür Matraxia eigentlich stand.
    Gro Maitochter schien plötzlich etwas verlegen.
    „Hier sieht es ja vielleicht noch nicht so prächtig aus“, sagte sie. „Es ist noch nicht alles fertig. Aber warm ist es jedenfalls. Setz dich in den Sessel, er ist das brauchbarste Stück.“
    Petronius setzte sich. Er verstand nicht, warum ihm das nicht früher eingefallen war. Maibucht. Maitochter. Na klar! Sie will sich selbständig machen, hatte Ödeschär gesagt. Die Leute von der Maibucht waren entweder ausgestorben oder weggezogen. Gro Maitochter war zurückgekommen.
    „Ich habe übrigens etwas für dich.“ Gro stand auf und ging in den Nebenraum. Sie kam zurück, hielt etwas hinter dem Rücken und stellte sich mit einem kleinen Lächeln vor Petronius hin. Dann legte sie es vor seine Füße: ein Paar grüne Kanuschuhe.
    „Warum hast du die denn weggenommen?“
    „Weil du so überrascht sein solltest, wie du es jetzt bist.“ Sie lachte, setzte sich vor ihn hin, lehnte sich vornüber und schaute ihn an. „Ich wußte, daß du kommen würdest. Irgendwann. Deshalb habe ich sie solange als Souvenir behalten. Ich bin eine kleine Fetischistin.“
    „Was heißt denn das?“
    „Daß vip bei Sachen, die anderen gehören, einen besonderen erotischen Genuß erlebt. Bei Sachen, nicht Wibschen.“
    Petronius zuckte leicht zusammen, als Gro „vip“ sagte und nicht „dam“. Das war vulgär, wie seine Mutter immer betonte. Kristoffer hatte den Ausdruck im Barackenviertel gelernt; Bram hatte ihn ihm aber schnell wieder abgewöhnt.
    „Personen, die anderen gehören...?“ fragte er verwirrt.
    „Das habe ich nicht gesagt. Sachen.“
    „Keine Person gehört einer anderen, nur Sachen.“
    „Du weißt doch selbst, daß das nicht stimmt. Du zum Beispiel gehörst mir.“ Petronius schwieg. „Zuerst hatte ich deine Schuhe — monatelang. Und jetzt habe ich dich.“
    „Ja, aber willst du sie denn nicht behalten, wenn ich gehe?“
    „Du gehst doch gar nicht. Das weißt du selber. Du gehst nicht, du bleibst hier.“
    „Aber ich muß nach Hause...“
    „Ja, ja, ja. Du mußt nach Hause, zu deinem Vater und zu deiner bedeutenden Mutter; nach Hause zu deiner Schwester; nach Hause, um morgen in die Schule zu gehen; du mußt nach Hause, um deine Aufgaben zu machen, dein Protokoll zu schreiben; du mußt nach Hause aus x Gründen.“
    „Was weißt du von meinem Protokoll?“
    „Hast du nicht eine Vertraute hier? Eine, der du alles anvertrauen kannst? Sie ist zwar leblos, doch immer da.“
    „Die... die Steinstatue?“
    „Ja. Die Steinstatue auf der Südseite.“
    „Ha... habe ich der von dir erzählt?“
    „Ja. Du liebst mich.“
    „Ich kenne dich doch gar

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