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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Geld herkommen, wenn die Frage erlaubt sei? Und außerdem bekämen Männer doch eine Entlohnung. Aßen sie vielleicht nicht? Konnten sie sich ausruhen? Schliefen sie in einem weichen Bett? Oder etwa nicht? Und außerdem würden sie ja in doppelter Hinsicht entlohnt, nämlich in Form von Sicherheit, Liebe und Wärme. Und außerdem sei es völlig absurd und phantastisch, daß gerade er, der doch die Befreiung der Hausmänner anstrebe, für eine Entlohnung der Männer eintrete. Die würden ja einfach an ihren heimischen Herden weiterkleben, von denen er sie unter allen Umständen weghaben wolle. Entlohnung für Männer? Nein, wirklich, nun begann ihr Sohn ganz den Verstand zu verlieren. Petronius sah ein, daß er gerade im Begriff war, den Verstand zu verlieren. Er war ja auf diesen Gedanken — eigentlich mehr eine Schnapsidee — nur verfallen, um den Redefluß seiner Mutter zu bremsen. Er zögerte leicht. „Ja, aber... was ist mit den Arbeitstrupps?“ sagte er, glücklich, daß die ihm noch rechtzeitig eingefallen waren. Sie redete ja so, als bestehe die ganze Gesellschaft nur aus Angehörigen der Oberschicht. Die Männer in den Elendsvierteln gingen doch jeden Tag zur Arbeit und versorgten außerdem die Kinder, wenn sie abends nach Hause kamen. Wie verhalte es sich mit denen? Das sei doch die große Mehrheit. Was würde passieren, wenn die alle aus dem, was sie gesagt habe, die Konsequenz zögen und eines schönen Tages ihre Arbeit niederlegten etwa nach dem Motto: ,Nee, ich geh’ nicht mehr arbeiten, denn es ist viel wertvoller und grundlegender, zu Hause zu sein und die Kinder zu versorgen'? So würden sie freilich kein Geld zum Leben bekommen. Und warum nicht? Vor allem, fuhr Petronius mit nicht zu überhörender Ironie fort, weil es tausendfache Gegenargumente dafür gebe, daß sie keins in die Finger bekommen sollten. Sie würden eben sterben, natürlich, weil sie nichts zu essen kriegten. Aber was würde das schon ausmachen? Hauptsache, sie taten etwas, was grundlegend und wertvoll war.
    Bram überhörte den spitzen Unterton. Selbstverständlich sei es bedauerlich, sehr bedauerlich sogar, daß die Unterschicht so hart arbeiten müsse. Darin seien sie sich doch völlig einig. Das sollte er doch wissen. „Und wer kommandiert sie herum?“ trumpfte Petronius auf. „Wer sind denn bei den Reinigungs- und Renovierungskolonnen die Chefs, die Aufseher, Inspekteure, Kontrolleure und...?“
    „Ja, ja, ja und nochmals ja!“ rief Rut Bram erregt. Als ob sie nicht wisse, daß die Führung ausschließlich aus Frauen bestehe. Er brauche sie nicht zu belehren. Doch solange seine Männerbewegung den grundlegenden Unterschied zwischen dem Wesen des Mannes und dem der Frau nicht aufgezeigt habe, könne sie nicht darauf hoffen, eine sozial gerechte Arbeitsverteilung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. „Aber wer hat denn gesagt, daß eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung notwendig ist?“ Petronius, ließ nicht locker. Hier wurde Rut fast spöttisch und erklärte geduldig, dies werde doch durch die Geschichte zur Genüge bewiesen, so daß dam es doch nicht sonderlich bezweifeln könne... So wünschenswert das auch sei, fügte sie hinzu. Und als Petronius ihr nicht antwortete, faßte sie es als ein Zeichen auf, daß er vor ihren Argumenten endlich kapituliert hatte.
    Sie wurde ein wenig milder gestimmt. Eigentlich war er ja süß. In seinem Innersten wußte er doch, daß sie recht hatte. Denn dumm war er ja nicht, ihr Sohn. Und eigentlich war es auch nicht weiter verwunderlich, daß er ein bißchen Aufstand machte. Mit irgend etwas mußte er sich ja beschäftigen. Sie ging zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Ich muß schon sagen, es imponiert mir, Petronius“, meinte sie anerkennend und sah ihm zärtlich und aufrichtig in die Augen. „Es imponiert mir wirklich, daß du dir so viele Gedanken machst und dir eine eigene Meinung über die Dinge gebildet hast...“

Volksabstimmung in Egalia und der freche Männercoup

    Das politische Leben in Egalia war in diesem Frühjahr besonders hektisch. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt machte es erforderlich, daß die Chefdirektorin eine neue große Volksabstimmung ankündigte. Nicht weniger als acht Parteien waren diesmal auf der Liste, und jede stand in heftiger Opposition zu den restlichen sieben. Von den alten Parteien kandidierten die Demokratischen Egalisten, die Völkische Gleichheitspartei, die Egalitäre Volkspartei, die Egalitär-Demokratische

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