Die Toechter Egalias
Rennen bleiben wollten. Sie sorgten deshalb dafür, daß auf den Listen nicht ausschließlich Frauennamen standen, obwohl es sich einige Male nicht vermeiden ließ. „Egalsund wurde nicht an einem Tage erbaut“, sagten sie, „und so ist es auch mit der Männerbefreiung.“ Auch griffen die Parteien begierig all die seltsamen Meinungen auf, die von verschiedenen Mitgliedern der Männerbewegung geäußert wurden, und prüften eifrig, ob sie nicht irgendwie in ihr Parteiprogramm paßten. Es kam auch vor, daß sie einiges von dem, was die Männerrechtler über die Diskussion in den Parteien gesagt hatten, übernahmen. Vor allem hörten die Parteien auf den Egalistischen Männerbund, der sich über Generationen hinweg für die Rechte der Männer eingesetzt hatte. So war er zum Beispiel über fünfzig Jahre lang unbeirrt dafür eingetreten, Männer die gleichen Berufe ergreifen zu lassen wie Frauen. „Alle Achtung“, sagten die Parteivorsitzenden („Zum Glück hat es nicht das geringste genützt“, meinte Ba). Außerdem wirkte der Egalistische Männerbund nicht so extrem wie die neugegründete Männerliga.
Auf dem Stimmzettel für die Volksabstimmung, den tausend Egalitaner am Tage der Abstimmung vorgelegt bekamen, waren sämtliche Namen der Parteien und der Kandidaten zur Volksburg aufgeführt. Außerdem hatte jede Partei einige Fragen zur künftigen Politik erarbeitet, die es zu beantworten galt. Zum Beispiel: „Soll der Staat mehr Geld bewilligen für: a) Gebärpaläste, b) Sportpaläste, c) Menstruationsspiele? Bitte kreuzen Sie Ihre Meinung an.“ Oder: „Gibt der Staat zuviel Geld aus für a) das Büro für Vaterschaftsangelegenheiten, b) Sozialunterstützung für unpatronierte Väter, c) die Renovierung von Wohnungen? Bitte kreuzen Sie Ihre Meinung an.“ Oder: „Was soll gegen den Bevölkerungsrückgang unternommen werden: a) Erhöhung der Gehälter während der Schwangerschaftsperiode, b) Bewilligung eines längeren Urlaubs, c) Erhöhung des Kindergeldes beim ersten Kind? Bitte kreuzen Sie Ihre Meinung an.“ Auf diese Weise konnte die Bevölkerung ihre Meinung zu allen aktuellen Fragen ausdrücken. Jede Partei sammelte die Antworten auf die von ihr gestellten Fragen ein. Und so konnten, wenn die Partei in einer späteren Volksburgdebatte beispielsweise höhere Ausgaben für Gebärpaläste befürwortete, die Rednerinnen hinzufügen, daß in der Umfrage „zweiundsiebzig Prozent unserer Parteifreunde“ sich dafür ausgesprochen hätten. Das verlieh ihren Worten ein größeres Gewicht. Gleichzeitig bot es die Gewähr, daß der Volksmeinung stets Geltung verschafft wurde.
Die Männerliga stellte sich nicht als eigene Partei auf. Sie versuchte, ihre Ansichten in sämtlichen Parteien durchzusetzen. Darüber entstanden zahlreiche Diskussionen, weil viele Mitglieder der Männerbewegung ihre politische Basis in der Aktionspartei Kurzer Prozeß hatten und prinzipiell der Meinung waren, daß die Gesellschaft von Grund auf geändert werden müsse und sie nicht auf eine Befreiung der Männer hoffen könnten, ehe die Unterschicht befreit sei. Darauf antworteten jene, die ihre ideologische Heimat nicht im Kurzen Prozeß hatten, mit einer Flut von Fragen: Wer mache denn eigentlich die Unterschicht aus? Seien das nicht auch meistens Männer? Wer schufte denn in Fallüstrien und verrichte die schwersten Arbeiten in den Arbeitstrupps? Bei einer genaueren Analyse hätten sie herausgefunden, daß Männer tatsächlich dreimal schwerer arbeiteten als Frauen und auf allen Stufen der Hierarchie viel weniger verdienten. Sie sollten sich doch nichts vormachen lassen, nur weil einige wenige Männer in Spitzenpositionen säßen. Und was passiere mit den Männern, die im Arbeitsprozeß stünden? Mußten sie vielleicht nicht aufhören, wenn ihre Frauen geboren hätten? Ob sie wohl schon von Männern gehört hätten, die mit der Stillzeit und zugleich mit der Erwerbstätigkeit fertig geworden seien?
Einige Männer von der Aktionspartei Kurzer Prozeß hatten während einer Diskussion innerhalb der Männergruppe eingeräumt, daß sie dort in der Tat die unangenehmen Arbeiten verrichten müßten. Dabei kam so vieles zur Sprache, was in den öffentlichen Debatten nicht stichhaltig war. So mußten sie zum Beispiel den Boden wischen. Aufwischen sei eine der schwersten Arbeiten, hatten die Parteigrößen gesagt. Deshalb sei es nur natürlich, daß sie von Männern verrichtet werde. Je mehr die Männer den Boden wischten, desto weniger
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