Die Tore Der Finsternis
- einen großen Whisky -, in seinem Sessel sitzen und sich eine Platte anhören. Er hatte sich bereits für ›Physical Graffiti‹ von Led Zeppelin entschieden. Ihm stand der Sinn nach etwas, das seinen Kopf durchpustete. Vielleicht würde er sogar im Sessel einschlafen, aber das wäre nicht so schlimm.
Mit Jean war wieder alles im Lot, das hoffte er zumindest. Er würde sie gleich am nächsten Morgen anrufen und vielleicht noch einmal nach Feierabend.
Er kam auf seiner Etage an, starrte auf seine Tür.
»Verdammt.«
Die Tür stand sperrangelweit offen, der Flur lag im Dunkeln. Jemand hatte mit Gewalt das Schloss aufgebrochen. Auf dem Boden lagen frische Holzsplitter. Er spähte in den Flur. Nichts zu sehen, auch nichts zu hören. Er wollte jedoch kein Risiko eingehen. Die Erinnerung an Diamonds Revolver war noch zu lebendig. Womöglich hatte Diamond die Munition irgendwo versteckt gehabt, vielleicht sogar in seinem Wagen. Rebus forderte per Handy Verstärkung an. Dann stand er wartend im Flur. Noch immer kein Anzeichen dafür, dass jemand in der Wohnung war. Er betätigte den Lichtschalter direkt hinter der Tür. Nichts passierte.
Nach fünf Minuten ging die Haustür auf und wieder zu. Kurz zuvor hatte draußen ein Wagen quietschend gebremst. Er stellte sich an die Treppe und sah Siobhan Clarke die Stufen heraufkommen.
»Sind Sie die Verstärkung?«, fragte er.
»Ich war noch auf der Wache.«
»So spät?«
Sie blieb vier Stufen unter ihm stehen. »Ich kann auch gern nach Hause fahren.« Sie drehte sich halb um, so als wolle sie kehrtmachen.
»Jetzt, wo Sie schon mal hier sind«, sagte er, »können Sie auch bleiben. Sie haben nicht zufällig eine Taschenlampe dabei?«
Sie öffnete ihre Tasche, zog eine große schwarze Taschenlampe heraus und schaltete sie ein.
»Der Sicherungskasten ist da drüben«, erklärte er und deutete in den Flur. Jemand hatte den Strom abgestellt. Rebus betätigte den Hauptschalter, und das Licht flammte auf. Gemeinsam gingen sie durch die gesamte Wohnung, obwohl ihnen schnell klar wurde, dass sich niemand dort versteckt hielt.
»Sieht wie ein stinknormaler Einbruch aus«, stellte Siobhan fest. Er antwortete nicht. »Meinen Sie nicht?«
»Ich könnte mich dieser Einschätzung eher anschließen, wenn etwas fehlen würde.«
Aber es fehlte nichts, zumindest nicht auf den ersten Blick. Die Stereoanlage, die Schallplatten und CDs, die Whiskyflasche, die Bücher - alles an Ort und Stelle.
»Also, ich bezweifle, dass ich hier so viel finden würde, was sich zu klauen lohnt«, sagte Siobhan und nahm die Hülle einer Nazareth-LP in die Hand. »Wollen Sie es als Wohnungseinbruch melden?«
Rebus wusste, was das bedeutete: überall in der Wohnung der Fingerabdruckspuder der Leute von der Spurensicherung, jede Menge Fragen eines gelangweilten Polizisten - und jeder auf der Wache würde erfahren, dass er ungebetenen Besuch gehabt hatte. Er schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sich sicher?«
»Ja, bin ich.«
Ihr schien erst jetzt aufzufallen, dass er einen besseren Anzug als üblich trug. »Wie war das Essen?«
Er schaute an sich hinunter und nahm die Krawatte ab. »Gut.« Er öffnete den obersten Kragenknopf und spürte, wie ein Teil der Anspannung von ihm abfiel. »Noch mal vielen Dank, dass Sie bei Jean angerufen haben.«
»Man tut, was man kann.« Sie betrachtete erneut das Wohnzimmer. »Sind Sie sich ganz sicher, dass nichts fehlt?«
»Ziemlich.«
»Warum hat dann jemand bei Ihnen eingebrochen?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Irgendeine Vermutung?«
»Nein.« Dickie Diamond... Gray... das Wiesel ... alle drei wussten, wo er wohnte. Aber wonach hätte einer von ihnen gesucht haben können? Vielleicht waren es auch bloß die Studenten von nebenan gewesen, weil sie zur Abwechslung mal anständige Musik hören wollten.
Siobhan seufzte und drückte mit zwei Fingern gegen ihren Nasenrücken. »Wieso weiß ich, wenn ich Sie ›nein‹ sagen höre, ganz genau, dass Ihnen bereits ein paar Namen im Kopf herumgehen?«
»Weibliche Intuition?«
»Nicht etwa mein hoch entwickelter detektivischer Scharfsinn?«
»Der natürlich auch.«
»Haben Sie die Nummer von einem Tischler?« Sie dachte an die Tür, die schleunigst repariert werden musste.
»Ich warte bis morgen früh. Das kostet mich sonst ein Vermögen.«
»Und was, wenn heute Nacht jemand reingeschlichen kommt?«
»Dann verstecke ich mich unterm Bett, bis er wieder weg ist.«
Sie stellte sich direkt vor ihn und hob eine
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