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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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MG, und zwar in einer, in der es wesentlich langsamer voranging. Sie befürchtete schon, Dempsey werde bereits außer Sichtweite sein, wenn sie selbst auf die Brücke fuhr. Aber diese hielt sich offensichtlich an die Geschwindigkeitsbegrenzung, woraus Siobhan schloss, dass sie entweder kürzlich geblitzt worden war oder schon so viele Punkte angesammelt hatte, dass sie bei einem weiteren Vergehen ihren Führerschein los wäre. Siobhan fuhr auf der Überholspur und ignorierte die Schilder, die sie daran erinnerten, dass auf der Brücke ein Tempolimit von achtzig Stundenkilometer galt. Rechts neben ihr ratterte ein Zug über die Eisenbahnbrücke. Die CD war zu Ende, und sie suchte nach der »Repeat«-Taste. In letzter Minute bemerkte sie, dass Dempsey blinkte, um die erste Ausfahrt nach der Brücke zu nehmen. Die linke Spur war so dicht befahren, dass Siobhan keine Lücke entdecken konnte. Sie blinkte und näherte sich der gestrichelten Linie. Der Fahrer hinter ihr drückte auf die Lichthupe, bremste aber und ließ sie hinein, nicht ohne noch einmal zu hupen und erneut auf die Lichthupe zu drücken.
    »Ja, ja, ich hab’s kapiert«, knurrte Siobhan. Zwischen ihr und Dempsey befanden sich drei Autos, und eines davon nahm ebenfalls die Abzweigung. Sie fuhren in Richtung North Queensferry, einem malerischen Ort am Ufer des Forth, über dem die Eisenbahnbrücke aufragte. Dempsey blinkte und schwenkte in eine schmale Straße ein, die einen steilen Hügel hinaufführte. Siobhan fuhr weiter und hielt dann am Straßenrand. Als die Autos, die nach ihr kamen, sie überholt hatten, setzte sie bis zur Straßenecke zurück. Dempsey verschwand gerade hinter der Spitze des Hügels. Siobhan folgte ihr und beobachtete, wie sie nach hundert
Metern in eine Einfahrt bog. Siobhan wartete einen Moment, dann fuhr sie daran vorbei. Sie konnte nur wenig erkennen, weil das Grundstück von einer hohen Hecke begrenzt war. Aber dadurch war auch sie für Dempsey unsichtbar. Der Bungalow befand sich am östlichen Ortsrand, weit oberhalb der Hauptstraße. Siobhan vermutete, dass man aufgrund der Hanglage vom Garten aus einen herrlichen Blick hatte.
    Das Haus lag etwas abgeschieden, und North Queensferry war angenehm unspektakulär. Wieder überquerte ein Zug die Brücke. Da Siobhan ein Fenster geöffnet hatte, konnte sie ihn gut hören. Er fuhr wahrscheinlich durch Fife bis Dundee und noch weiter. Der Bezirk Fife lag zwischen Dundee und Edinburgh. Siobhan überlegte, ob Dempsey sich deshalb für diesen Ort entschieden hatte, weil er weder die eine noch die andere Stadt war, aber beide in erreichbarer Nähe lagen. Es erschien ihr stimmig: Dempsey war hier nicht zu Besuch, sondern zu Hause.
    Außerdem glaubte sie, dass Dempsey allein lebte. Vor dem Bungalow stand kein weiteres Auto, und es gab keine Garage. Hatte Dempsey nicht erzählt, dass sie noch zwei MGs besaß, die in ihrer Garage stünden? Also, hier befand sich diese Garage jedenfalls nicht. Womöglich gab es die Autos gar nicht. Aber warum sollte sie gelogen haben? Um ihre Besucherin zu beeindrucken, um deutlich zu machen, dass ihre Begeisterung für diese Automarke der Grund für den Namen ihrer Firma war - es könnte viele Erklärungen geben. Als Polizist wurde man ständig angelogen.
    Von Leuten, die etwas zu verheimlichen hatten, die ohne Punkt und Komma redeten, damit man keine Gelegenheit hatte, ihnen unangenehme Fragen zu stellen. Dempsey hatte selbstbewusst gewirkt, ruhig und gelassen, aber vielleicht war das bloße Fassade.
    Was könnte sie zu verheimlichen haben, diese Frau, die sich vor anderen zu verstecken schien? Sie fuhr einen auffälligen
Wagen - einen Wagen, der mit seinem glänzenden Äußeren, seinem sportlichen Flair nach Bewunderung verlangte. Doch dessen Besitzerin hatte auch eine andere Seite: Sie war eine Frau, die sich tadellos kleidete, dann aber den ganzen Tag allein in ihrem Büro saß und direkten Kontakt mit der Außenwelt weitgehend vermied. Ihre Angestellten nannten sie »Mrs«. Sie hielt sie auf Distanz, wollte nicht, dass sie glaubten, sie sei allein stehend, sei zu haben. Und als Zuhause hatte sie diesen friedlichen Ort gewählt, geschützt von Mauern und einer Hecke.
    Ellen Dempsey ließ einen Teil ihres Lebens absichtlich im Dunkeln. Siobhan fragte sich, wie dieser Teil aussah.War die Antwort in Dundee zu finden? Dempsey hatte »Freunde«, vor denen sich sogar Cafferty in Acht nahm. Spielte sie den Strohmann für irgendwelche Gangster aus Dundee? Woher

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