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Die Tore Der Finsternis

Titel: Die Tore Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Er wies mit einer Kopfbewegung auf den Flachbau. Siobhan sah sich den Mann genauer an. Er war mager, blass, hatte schütteres Haar, das bis über die Ohren reichte. Unter dem Öl und der Schmiere auf beiden Handrücken waren alte, dilettantische Tätowierungen zu erkennen. Exknacki, dachte sie. Sie erinnerte sich, dass der Fahrer, der Marber nach Hause gebracht hatte, vorbestraft war.
    »Danke«, sagte sie zu dem Mechaniker. »Wer hat heute Abend Telefondienst?«
    Er sah sie an und begriff, wer sie war. »Mrs Dempsey«, erwiderte er schroff. Dann fuhr er den Astra rückwärts aus der Werkstatt. Die Fahrertür ließ er offen stehen, sodass Siobhan einen Schritt nach hinten machen musste, um nicht gestreift zu werden. Er warf ihr durch die Windschutzscheibe einen finsteren Blick zu.

    Zwei Stufen führten zum Büro hinauf. Sie klopfte an die Glastür. Hinter einem Schreibtisch saß eine Frau. Sie schaute hoch, nahm ihre Brille ab und winkte Siobhan herein.
    »Mrs Dempsey? Entschuldigen Sie die Störung -« Sie griff in ihre Tasche, um ihren Dienstausweis herauszuholen.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte Ellen Dempsey und lehnte sich zurück. »Ich sehe Ihnen an, dass Sie Polizistin sind.«
    »Detective Sergeant Clarke«, stellte sich Siobhan vor. »Wir haben miteinander telefoniert.«
    »Ja, ich erinnere mich, DS Clarke. Was kann ich für Sie tun?« Dempsey deutete auf den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch. Siobhan setzte sich. Ellen Dempsey war Mitte vierzig. Füllig, aber immer noch gut aussehend. Die Falten an ihrem Hals verrieten mehr über ihr Alter als ihr sorgfältig geschminktes Gesicht. Das dunkelbraune Haar sah gefärbt aus, aber sicher war sich Siobhan nicht. Kein Nagellack, keine Ringe, nur eine massive Damen-Rolex am linken Handgelenk.
    »Ich wollte Ihnen bloß mitteilen, dass Sammy Wallace nicht mehr unter Verdacht steht«, erklärte Siobhan.
    Dempsey tat so, als müsse sie Papiere sortieren. Aber der Schreibtisch war wunderbar aufgeräumt, und auf die in vier saubere Häufchen aufgeteilten Akten warteten vier beschriftete Hefter.
    »Wieso stand er denn überhaupt unter Verdacht?«, erkundigte sich Dempsey.
    »Er hat Mr Marber als Letzter lebend gesehen.«
    »Nein, das war der Mörder«, stellte Dempsey richtig. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen. Ihre Brille hing an einem Kettchen um den Hals. »Wenn Sie ihn je ernsthaft verdächtigt haben, dann nur wegen seiner Vorstrafen, und das zeugt für mich von purer Bequemlichkeit.«
    »Ich behaupte ja nicht, dass wir wirklich der Ansicht waren...«<

    »Welchen anderen Grund hätte es denn geben können?«
    Siobhan schwieg, denn ihr fiel keine überzeugende Antwort ein. Ja, sie hatten Sammy Wallace nur deshalb genauer unter die Lupe genommen, weil er vorbestraft war. Es war das nahe liegende Vorgehen gewesen.
    »Übrigens«, sagte Dempsey und fischte die aktuelle Ausgabe der Evening News aus dem Papierkorb, »stand das Neueste schon auf der Titelseite der Zeitung - dass man diesen Maler verhaftet hat. Das da sind doch Sie, oder?« Dempsey hielt ihr die Zeitung hin. Die Schlagzeile lautete: GALERIS-TENMORD AUFGEKLÄRT? Darunter war ein großes Farbfoto von der Einsatzgruppe, die sich gerade anschickte, das Haus in Inveresk zu durchsuchen. Anscheinend war die Story zu früh in Druck gegangen, als dass sie ein Foto hätten verwenden können, das die Polizisten zeigte, wie sie die beschrifteten Mülltüten abtransportierten, darunter eine, in der sich das Gemälde befand.
    Dempsey deutete auf eine der Personen auf dem Bild. Ja, es war Siobhan, die Anweisungen gab und auf das Haus zeigte. Doch am Rand des Fotos sah man eine weitere Person. Unscharf, aber für jene, die ihn kannten, zweifelsohne als Detective Inspector John Rebus zu erkennen. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass Gill Templer die Zeitung nicht in die Hand bekam? Verschwindend gering. Einen Moment war Siobhan fassungslos vor Schreck.
    »Mrs Dempsey«, sagte sie dann, »sind alle Ihre Angestellten ehemalige Gefängnisinsassen?«
    »Nicht alle.« Dempsey faltete die Zeitung zusammen und steckte sie wieder in den Papierkorb.
    »Ist das eine Art Firmenpolitik?«
    »Ja, allerdings.« Dempsey klang so, als lege sie es erneut auf eine Auseinandersetzung an.
    »Verurteilte Gewaltverbrecher, die als Taxifahrer auf Edinburghs Straßen unterwegs sind.«
    »Diese Männer haben ihre Strafe verbüßt. Ihre Straftaten
liegen lange zurück. Meine Menschenkenntnis verrät mir, wem von ihnen ich vertrauen

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