Die Tore Der Finsternis
Unterarmen prangten etliche Tätowierungen: verblasste tintenblaue Linien und auch professionelle Abbildungen von Adlern und Disteln. Sein fettiges schwarzes Haar kräuselte sich über den Ohren und hing über seinen Nacken. Er war breitschultrig und hatte Narben im Gesicht und auf den Handrücken.
»Wie lange ist es her, dass Sie gesessen haben, Mr Wallace?«, fragte Hynds.
Wallace stand ruckartig auf. »Verdammte Scheiße! Das lass ich mir nicht gefallen. Ihr wollt mir die Sache doch bloß
anhängen, weil ihr’s nicht schafft, den Typen zu finden, der’s wirklich war.«
»Klare Worte«, stellte Siobhan ruhig fest. »Würden Sie sich bitte wieder hinsetzen, Mr Wallace.«
Wallace tat wie ihm geheißen, allerdings mit deutlichem Widerwillen. Siobhan überflog flüchtig seine Akte.
»Wie lange arbeiten Sie schon bei MG Cabs?«
»Seit drei Jahren.«
»Sie haben den Job also kurz nach Ihrer Entlassung bekommen?«
»’ne Stelle als Gehirnchirurg war in der Zeit gerade keine frei.«
Siobhan rang sich ein dünnes Lächeln ab. »Mr Cafferty ist in solchen Dingen eine große Hilfe, stimmt’s? Greift gerne Exknackis unter die Arme.«
»Wer?«
»Da er ja selbst im Gefängnis war, ist es nur logisch, dass er...« Siobhan brach ab, so als hätte sie Wallace’ Frage erst jetzt gehört. »Ihr Arbeitgeber«, sagte sie. »Mr Cafferty. Durch ihn haben Sie doch den Job bekommen?«
Wallace ließ seinen Blick zwischen Siobhan und Hynds hin und her wandern. »Ich kenne keinen Cafferty.«
»Morris Gerald Cafferty«, sagte Hynds. »Dieselben Anfangsbuchstaben wie bei MG Cabs.«
»Ich hab dieselben Anfangsbuchstaben wie Stevie Wonder, trotzdem bin ich kein blinder Klavierspieler.«
Siobhan lächelte erneut, diesmal sogar noch weniger amüsiert als zuvor. »Sie haben, mit Verlaub, einen dummen Fehler gemacht, Mr Wallace. Jemand, der gesessen hat, kann unmöglich noch nie etwas von Big Ger Cafferty gehört haben. So zu tun, als würden Sie seinen Namen nicht kennen, war nicht besonders schlau.«
»Big Ger? Von Big Ger hab ich natürlich schon gehört... aber nicht von irgendeinem ›Morris‹. Und ich hab auch nie gewusst, wie er mit Nachnamen heißt.«
»Kommt er denn nie ins Büro der Firma?«
»Hören Sie, soweit ich weiß, ist Ellen Dempsey die Chefin von MG. Von ihr kriege ich meine Touren.«
»Sie haben eine Chefin?«, wunderte sich Hynds. Wallace sah ihn an, und Hynds räusperte sich, so als gestehe er ein, wie blöd die Frage gewesen war.
Siobhan hatte ihr Handy gezückt. »Wie lautet die Nummer?«
»Wessen Nummer?«, fragte Wallace.
»Die von MG.« Wallace nannte sie, und Siobhan drückte auf die Tasten. Am anderen Ende wurde sofort abgenommen.
»MG Cabs, schönen guten Tag.«
»Spreche ich mit Ms Dempsey?«, fragte Siobhan.
Kurze Pause, anschließend klang die Stimme deutlich weniger liebenswürdig. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Detective Sergeant Clarke vom St. Leonard’s CID, Ms Dempsey. Ich befrage gerade Ihren Fahrer Samuel Wallace.«
»O Gott, nicht schon wieder! Wie oft soll er Ihnen die Geschichte denn noch erzählen?«
»Bis wir sicher sind, dass wir alle nötigen Informationen erhalten haben.«
»Und was kann ich dazu beitragen?«
»Sie können mir verraten, wie MG Cabs zu seinem Namen gekommen ist.«
»Was?«
»Die Buchstaben MG: Wofür stehen sie?«
»Die MG-Sportwagen.«
»Gab es irgendeinen speziellen Grund dafür?«
»Ich bin ein MG-Fan. Die Leute sollen wissen, dass sie bei mir schnell ein Taxi kriegen.«
»Und das ist alles?«
»Ich verstehe nicht, was das -«
»Kennen Sie einen gewissen Morris Gerald Cafferty - alias Big Ger?«
»Er hat ein Taxiunternehmen im West End. Exclusive Cars. Die machen viel VIP-Service.«
»VIP-Service?«
»Holen wichtige Leute mit einem Mercedes vom Flughafen ab und so.«
Siobhan schaute Sammy Wallace an. Sie versuchte, ihn sich mit Chauffeursmütze und weißen Handschuhen vorzustellen...«
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Ich verstehe immer noch nicht, was -.«
»Wissen Sie, wer bei MG Cabs angerufen hat?«
»Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
»Wer den Wagen für Mr Marber bestellt hat.«
»Wahrscheinlich er selbst.«
»Sieht nicht so aus. Wir haben mithilfe der Telefongesellschaft seine Anrufe überprüft.«
»Und was geht mich das an?«
»Ein Mann wurde ermordet, Ms Dempsey.«
»Es gibt genug andere Kunden in dieser Stadt, DS Clarke.«
»Noch mal vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte Siobhan kühl. »Auf Wiederhören.« Sie
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